Viel lukrativer sind im Vergleich dazu die Geschäftskunden, deren Bedarf für Glasfaseranschlüsse rasant wächst und die für den schnellsten Datentransport auch einen Aufpreis zahlen. Mit solch einem Angebot will Dommermuth nun vor allem Mittelständler vom Exmonopolisten weglocken.
„Der Ausbau leistungsfähiger Glasfasernetze und der direkte Anschluss von Büros und Produktionsstätten ist unverzichtbar auf dem Weg in die Gigabit-Zeit“, wirbt Dommermuth für seinen Plan. Bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kam der Vorstoß so gut an, dass Dommermuth die Werbebroschüre des Ministeriums für die „Digitale Strategie 2025“ ziert und nicht Telekom-Chef Timotheus Höttges.
Der vertraut bisher darauf, dass 95 Prozent aller Unternehmen auch im Jahr 2025 ein vergleichsweise behäbiger Internetanschluss auf Kupferkabelbasis reicht. Deshalb hat er den Ausbau von Glasfaserleitungen bis in die Gebäude vertagt. United-Internet-Manager halten das für rückständig: „Mit Rücksicht auf die Telekom kleben wir viel zu lange am alten Kupferkabel fest, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass das nur eine Übergangslösung ist“, sagt der für das Geschäft mit Internetanschlüssen verantwortliche Vorstand Martin Witt.
Dommermuth hat in der Vergangenheit immer wieder davon profitiert, dass er Markttrends schnell erkannt und daraus massentaugliche Produkte entwickelt hat. Das klappte auch deshalb so gut, weil er sein Unternehmen immer noch wie einen Familienbetrieb führt. Durch zahlreiche Übernahmen sind die Strukturen über die Jahre allerdings so wild gewachsen, dass sie außer dem Chef kaum noch jemand wirklich durchdringt. In seinem Reich soll nur einer entscheiden: Dommermuth selbst.
Nur ein Tochterunternehmen hat einen Betriebsrat
Schließlich gehören ihm immer noch 40 Prozent der Aktien an dem Konzern, den die Börse aktuell mit knapp acht Milliarden Euro bewertet. Persönlich tritt der Unternehmer kaum in Erscheinung, nach außen wirkt er vor allem über Stiftungen wie die Plattform „Wir zusammen“, die die Integration von Flüchtlingen fördern soll und die Internet Economy Foundation, mit der er für „Europas digitale Zukunft“ kämpft.
Den Wunsch mancher Mitarbeiter nach mehr Mitbestimmung etwa hat er im Keim erstickt. So findet sich im dreiköpfigen Aufsichtsrat der United Internet AG bis heute kein Vertreter der Mitarbeiter, obwohl das für Unternehmen ab 2000 Mitarbeitern gesetzlich vorgeschrieben ist. Und als die Angestellten eines Callcenters im rheinland-pfälzischen Zweibrücken die Arbeitsbelastung nach massiven Überstunden und kurzfristig angeordneter Wochenendarbeit als „moderne Sklaverei“ anprangerten und einen Arbeitnehmervertreter wählen wollten, drohte er damit, den Standort zu schließen. Ein Betriebsrat würde die „Reaktionszeiten verlängern und sich negativ auf unser Tagesgeschäft auswirken“, teilte der Standortleiter mit. Als auch noch den Initiatoren gekündigt wurde, ließen die Angestellten das Projekt fallen.
Als einziges Tochterunternehmen hat der Glasfaserbetreiber 1&1 Versatel einen Betriebsrat. Das Tochterunternehmen wirkt nicht nur deshalb wie ein Fremdkörper im Dommermuth-Reich. Versatel kann seine Wurzeln als Ansammlung von Kommunalbetrieben aus mehreren Bundesländern bis heute nicht verleugnen. Hier geht alles gemächlicher und mitunter auch bürokratischer zu als in den anderen von Start-up-Kultur geprägten Tochterunternehmen.
Ausgerechnet Versatel ist nun das Herzstück von Dommermuths Wachstumsstrategie. In diesem und im nächsten Jahr sollen die Geschäfte langsam und mit minimalen Umsatzsteigerungen anlaufen. Doch ab 2018 soll der Umsatz von Versatel um bis zu 19 Prozent steigen – und damit weit mehr als in den anderen Geschäftsbereichen rund um E-Mails, Internetapplikationen und Mobilfunkverträge. So steht es in der Mittelfristplanung von United Internet.