Unitymedia-Chef Schüler „Wir surfen die Geschwindigkeitswelle gut ab“

Der Kabelanbieter Unitymedia ist 2016 stark gewachsen. Firmenchef Lutz Schüler profitiert davon, dass die Kunden superschnelles Internet haben wollen - ob sie es brauchen oder nicht.

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„Der Trend, dass die Kunden mehr Geschwindigkeit haben wollen, hält an.“ Quelle: picture alliance / Jan Haas

Düsseldorf Der passionierte Athlet Lutz Schüler nutzt selbstverständlich eine Sport-Metapher: „Wir surfen die Geschwindigkeitswelle gut ab.“ Was der Chef des Kabelanbieters Unitymedia meint: Sein Unternehmen hat den Umsatz im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf 2,3 Milliarden Euro gesteigert. 320.000 Neukunden habe Unitymedia im vergangenen Jahr netto gewonnen, sagt er dem Handelsblatt. Umsatztreiber dabei: Das Breitbandgeschäft. 220.000 Internetverträge haben die Kölner in dem Jahr abgeschlossen, damit kommen sie in dem Segment nun auf 3,3 Millionen.

Rund 90 Prozent der Neukunden hätten sich für eine Bandbreite von 120 Megabit die Sekunde (Mbit/s) entschlossen, sagt Schüler. „Der Trend, dass die Kunden mehr Geschwindigkeit haben wollen, hält an.“ Deswegen hat Unitymedia nun auch den Preis für das Paket mit 400 Mbit/s auf 40 Euro reduziert und das mit 200 Mbit/s offenbar aus dem Portfolio genommen. Schüler ist es dennoch wichtig zu betonen, dass er Kunden nicht nur über den Preis locken will: „Wir gehen nicht auf den Preiskampf von Wettbewerber ein. Unsere Strategie ist nicht, der billige Jakob zu sein.“ Telekom und Vodafone bieten derzeit ihre Festnetzpakete für rund 20 Euro im ersten Jahr an.

Dabei surfen die Unitymedia-Kunden laut eigener Aussage im Durchschnitt nur mit durchschnittlich 78 Mbit/s und nutzen dabei 87 Gigabit (GB) im Monat. Das ist immer noch deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt, der in einer Studie des Fraunhofer-Instituts auf 19 GB im Jahr 2015 geschätzt wird. Allerdings steigt die Nutzung der Untersuchung zufolge bis 2025 auf 99 GB im Monat im Durchschnitt und auf 340 GB in Spitzenzeiten.

Grund dafür ist unter anderem die zunehmende Vernetzung von Alltagsgegenständen mit dem Internet und höher auflösende Fernsehbilder. Das ist eine Bestätigung für Unitymedia-Chef Schüler: „Selbst wenn die Kunden diese hohen Bandbreiten noch nicht nutzen, sie sind gewappnet für neue Entwicklungen.“

Doch in Wirklichkeit steckt noch etwas anderes als der tatsächliche Nutzen hinter dem Wunsch nach super schnellem Internet: das Haben-Wollen-Prinzip. „Die Differenzierung über Geschwindigkeit ist nicht nur rational“, meint Lutz Schüler, „aber das ist beim Autokauf ähnlich.“


Mutterkonzern sieht weiter gute Wachstumschancen

Bisher ist Unitymedia nur in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen aktiv. Nach dem Verkauf des Kabelnetzes der Telekom an private Investoren entschieden sich die Regulatoren für diese regionale Aufteilung. Allerdings wird immer wieder spekuliert, dass Unitymedia andere Unternehmen zukaufen könnte.

Der Mutterkonzern Liberty Global sieht zumindest weiterhin gute Wachstumschancen. Laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärte CEO Mike Fries im Januar beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, dem Konzern stünden jedes Jahr rund zwei Milliarden Dollar an Cashflow zur Verfügung. Liquidität sei noch nie ein Problem gewesen. Dazu kommen zwei Milliarden aus Fremdkapital. Rund ein Viertel davon solle in den Neubau von Netzen fließen.

Laut eigener Aussage erreicht Unitymedia im Verbreitungsgebiet knapp 80 Prozent der Haushalte, das sind 12,9 Millionen. Das bedeutet allerdings nicht, dass auch so viele Haushalte wirklich Kunden sind, sondern nur, dass sie es rein theoretisch sein können. Die Branche nennt das „Homes passed“, auch die Wettbewerber nutzen diesen Ausdruck. Tatsächlich kam das Unternehmen im vergangenen Jahr auf 7,2 Millionen Kunden. Die meisten davon, 6,4 Millionen, sind klassische Kabelfernsehkunden. 3,3 Millionen haben einen Internet- und 3,1 Millionen einen Telefonvertrag mit Unitymedia. Das lässt also noch Spielraum nach oben.

Vergangenes Jahr haben die Kabler begonnen, ihr Angebotsportfolio um einen Faktor zu erweitern: WLAN. Damit wollten die Kölner einen Nachteil in Teilen wettmachen, den sie zu anderen Telekommunikationsanbietern wie der Telekom oder Vodafone haben. Unitymedia hat kein Mobilfunknetz. Eine Millionen WLAN-Spots wollte das Unternehmen bis Jahresende aufbauen. Ganz geschafft haben sie diese Zielmarke nicht, räumt Schüler ein. Aber bis zum 1. April sollten es 1,2 Millionen werden.

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