WirtschaftsWoche: Herr Courtois, Steve Ballmer war gerade frisch Microsoft-Chef, da erzählte er, seine wichtigste Aufgabe sei, das Image vom bösen Monopolisten loszuwerden. Heute ist Ballmer Geschichte. Ist der Ruf saniert?
Courtois: Tatsächlich hat sich das Bild von Microsoft in der Öffentlichkeit verändert. Heute haben die Menschen überwiegend einen sehr positiven Eindruck von uns. Die Rückmeldung bekommen wir von Kunden, Partnern und der Politik. Wir gelten als glaubwürdig, verlässlich und innovativ. Und wir halten uns strikt an nationale und regionale Vorgaben.
Man könnte auch sagen, die EU-Wettbewerbshüter haben dem Wandel mit Millionenstrafen etwas nachgeholfen.
Wir haben einen Lernprozess vollzogen.
Heute stehen andere Techkonzerne aus den USA im Fokus der EU. Haben Sie einen Rat?
Manche haben noch nicht verstanden, wie wichtig regionale rechtliche und politische Vorgaben sind. Der eine oder andere jüngere Konkurrent erfährt das gerade.
Zur Person
Jean-Philippe Courtois, 56, hat fast jede Wende bei Microsoft miterlebt, seit er 1984 - als Verkäufer für MS-DOS - zum damals erst neun Jahre alten Unternehmen stieß. Seitz Juli 2016 gehört er als weltweiter Vertriebschef zum obersten Führungszirkel.
Wie würden Sie den internen Lernprozess bei Microsoft beschreiben?
Wir waren, wie viele amerikanische Unternehmen, lange US-fokussiert. Heute sind wir global aufgestellt, haben Rechenzentren in 40 Ländern weltweit. Und wir haben gelernt, uns lokalen Gegebenheiten anzupassen. In Deutschland etwa wollen laut Umfragen 76 Prozent der Unternehmen zwar Cloud-Dienste nutzen, Anwendungen und Daten aber im deutschen Rechtsraum halten. Deshalb sind wir eine bislang einzigartige Kooperation eingegangen. Dabei betreibt die Deutsche Telekom unsere Technik und fungiert als Datentreuhänder. Früher hätten wir all das alleine durchziehen wollen. Und wären vermutlich gescheitert.
Sie sind seit 1984 bei Microsoft und erleben mit Satja Nadella den dritten CEO. Wie haben sich Kultur und Führungsstil verändert?
Als ich anfing, waren wir 500 bis 600 Leute weltweit. Dann wuchs das Unternehmen zu einem globalen Konzern heran, mit langen Produktionszyklen und zähen Strukturen. Was mich am meisten beeindruckt, ist, dass wir es geschafft haben, heute wieder sehr schnell und kreativ zu arbeiten – obwohl wir rund 100.000 Menschen sind.