Vectoring-Entscheid der EU Telekom-Konkurrenten kündigen Klagen an

Die Deutsche Telekom darf die umstrittene Vectoring-Technologie in einigen Gegenden Deutschlands wohl exklusiv anbieten. Wettbewerber kündigen jetzt schon Klagen dagegen an. Und es droht weiterer Streit.

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Der Streit um den Ausbau mit der Technologie ist noch nicht ausgestanden. Quelle: dpa

Düsseldorf Lange war um die Entscheidung gerungen worden. Doch nun steht fest, dass die Deutsche Telekom aller Wahrscheinlichkeit nach in diversen Gebieten Deutschlands eine umstrittene Technologie einsetzen darf – und das ganz alleine. Die Bundesnetzagentur hat einen entsprechendem Antrag der Bonner mit einigen Änderungen genehmigt und zur Abstimmung nach Brüssel geschickt. Nach einigem Zögern hat nun auch die EU-Kommission den Antrag abgenickt, wenn auch begleitet mit der Forderung, einzelne Punkte genauer zu spezifizieren.

Für Patrick Helmes, Leiter der Kommunikation beim Telekomanbieter Net Cologne, ist der nächste Schritt nun klar: „Brüssel war sehr bemüht, den Rest klären jetzt die Gerichte“, sagt er dem Handelsblatt. Sollte die Telekom, so wie es jetzt aussieht, ihren Willen bekommen, wird das Unternehmen gegen die Entscheidung der Behörde klagen.

Für ihn ist es unverständlich, warum diverse Argumente nicht mit in die Diskussion über den Antrag eingeflossen sind. Auch der Chef des norddeutschen Anbieters EWE, Matthias Brückmann, erklärte: „Das ist ein schwarzer Tag für den Breitbandausbau. Sollte es bei den nur geringfügigen Veränderungen bleiben, werden wir alle Rechtsmittel ausschöpfen.“

Die Telekom hatte vor eineinhalb Jahren bei der Bundesnetzagentur beantragt, im Bereich um Hauptverteiler exklusiv die Vectoring-Technologie einsetzen zu dürfen. Damit können Kunden schnelleres Internet über alte Kupferkabel nutzen. Aus physikalischen Gründen kann dies aber immer nur ein Unternehmen pro Verteiler sein – und das wollte die Telekom sein.

EWE hatte jedoch im Rahmen der Diskussion um den Antrag argumentiert, man habe angeboten, mehr als 90 Prozent aller Haushalte in den sogenannten Nahbereichen um die Hauptverteiler in ihrem Einsatzgebiet mit schnellerem Internet zu versorgen. Damit sei das EWE-Angebot um über 15 Prozent höher als das Angebot der Telekom, so das Unternehmen, wovon 150.000 Menschen profitiert hätten. Ähnlich hatten auch Wettbewerber in anderen Regionen Deutschlands erklärt, sie würden die Bereiche ebenfalls ausbauen.

Fraglich ist jedoch, welche Wirkung eine Klage der Wettbewerber hat. „Es ist selbstverständlich möglich, gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur zu klagen“, sagt ein Behördensprecher. Aber: „Klagen gegen Regulierungsverfügungen haben keine aufschiebende Wirkung.‎“ Die Bundesnetzagentur begrüßt die Stellungnahme der Kommission: „Damit ist ein wesentlicher Schritt für den Einsatz von Vectoring auch im Nahbereich getan, um den Breitbandausbau in Deutschland weiter voranzutreiben. Wir werden uns mit den Anmerkungen der Kommission in der endgültigen Entscheidung auseinandersetzen.“


Weitere Fragen bleiben offen

Doch gerade letzteres könnte noch viel mehr Ärger mit sich bringen, als sich das manch einer in der Behörde wünscht. Die EU-Kommission hatte in ihrer Stellungnahme vom Dienstag klargemacht, dass der Antrag der Telekom nur dann genehmigt werden sollte, wenn sie Wettbewerber, die durch das Verfahren nicht mehr selber auf die Leitungen zugreifen können, eine virtuelle Alternative dazu stellt. Sie sollen also einen Zugang zum Netz erhalten, der in weiten Teilen ihnen die gleichen Freiräume einräumt, wie ein physikalischer.

Nur: Dieses Produkt gibt es noch nicht. Und es steht auch nicht fest, wie dieses aussehen soll. Geht es nach dem Willen der Wettbewerber, bekommen sie viel Gestaltungsspielraum und zahlen für die Nutzung möglichst wenig.

Die Telekom hat andere Interessen. Schließlich muss sich der Breitbandausbau für sie wirtschaftlich lohnen. Sie hat versprochen, alle Hauptverteiler in Deutschland mit Vectoring zu erschließen und so dem Ziel der Bundesregierung – flächendeckend schnelles Internet bis 2018 – gewaltig auf die Sprünge zu helfen. Allerdings müsse sie dafür den Ausbau in wirtschaftlich unattraktiveren Regionen mit dem in Ballungszentren quersubventionieren, so das Argument. Zudem sollte natürlich auch der Preis stimmen, den die Wettbewerber auf ihren Leitungen zahlen soll.

Also setzt der Konzern auf ein Produkt, das es bereits gibt, und von der Bundesnetzagentur auch schon abgenommen wurde: das sogenannte Layer2 Bitstrom. Dafür ist auch noch kein Preis festgelegt worden, aber technisch ist klar, wie es funktioniert. Zwar begrüßt die Telekom die Entscheidung der EU-Kommission, „ohne Details zu kennen müssen wir allerdings prüfen, welche Auswirkungen die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachte Verknüpfung von Nahbereich-Vectoring mit einem bestimmten Vorleistungsprodukt hat“, sagte ein Konzernsprecher. „Im Regulierungsentwurf der Bundesnetzagentur war dies nicht vorgesehen. Wir gehen davon aus, dass sich die Anmerkungen der Kommission zum Layer 2 Produkt im Rahmen der dazu laufenden nationalen Konsultation erledigen werden.“

Doch da werden die Wettbewerber versuchen, der Telekom einen Strich durch die Rechnung zu machen. Konkurrent Vodafone erklärte: „Die Kommission besteht darauf, dass die Bundesnetzagentur vor Einführung von Vectoring weitere erhebliche Verbesserungen beim Ersatzprodukt vornimmt und der Kommission zur Prüfung vorlegt. Wir erwarten daher, dass die Bundesnetzagentur die Auflagen der Kommission in den laufenden Regulierungsverfahren umsetzt.“

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