Die Verschlüsselung beim populären Kurzmitteilungsdienst WhatsApp ist laut einem Zeitungsbericht ins Blickfeld der US-Regierung geraten. In einem Ermittlungsfall seien von einem Richter angeordnete Überwachungsmaßnahmen an der WhatsApp-Verschlüsselung gescheitert, berichtete die „New York Times“ am Wochenende. Im amerikanischen Justizministerium werde nun über das weitere Vorgehen beraten, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Die US-Regierung steckt bereits in einem Gerichtsstreit mit Apple über das Entsperren von iPhones, der für Schlagzeilen sorgt.
Die Zeitung konnte keine näheren Details zu dem Ermittlungsfall in Erfahrung bringen. Es hieß nur, es sei keine Terrorismus-Ermittlung und es sei unklar, ob die Regierung sich auf einen Streit mit WhatsApp vor Gericht einlassen werde.
Der von Facebook übernommene Messaging-Dienst WhatsApp hat eine Milliarde Nutzer weltweit. Der Service greift seit 2014 zur sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, bei der nur Absender und Empfänger die Nachrichten lesen können. Damit kann WhatsApp den Behörden ähnlich wie Apple sagen, man könne keine Daten herausrücken, auf die man keinen Zugriff habe.
Was an Whatsapp Kopfschmerzen bereitet
Whatsapp überträgt die Kontakte im Adressbuch auf seine Server in den USA – in Zeiten mächtiger Geheimdienste kein angenehmer Gedanke. Hinzu kommt: Durch die Offenlegung der Handynummern erfahren andere Leute, dass man die App nutzt – zumindest, wenn sie diese auch installiert haben und im Adressbuch stehen.
Lange wurden die Whatsapp-Nachrichten unverschlüsselt übertragen. Auch der inzwischen eingesetzten Verschlüsselungstechnologie hegen Experten Zweifel.
Schon mehrfach stand Whatsapp wegen des laxen Umgangs mit Sicherheitsfragen in der Kritik – das betrifft nicht nur die Verschlüsselung. So konnten eine Zeit lang Whatsapp-Nutzerkonten relativ leicht gekapert werden. Nach Einschätzung einer Sicherheitsfirma kann auch der Bezahlprozess ausspioniert werden.
In der Standardeinstellung der App ist für jeden Nutzer ist einsehbar, wann die Kontakte das letzte Mal den Dienst genutzt haben. Es kommt vor, dass darüber Mütter kontrollieren, ob ihre Babysitter zu Hause noch wach sind – denn die verdaddeln die Zeit oft genug mit Whatsapp. Die App ermöglicht also eine gewisse soziale Kontrolle.
Über die Firma Whatsapp ist wenig bekannt, die Macher meiden die Öffentlichkeit weitgehend. Das stärkt nicht gerade das Vertrauen.
In Brasilien war WhatsApp im Dezember für 14 Stunden landesweit blockiert worden, weil der Dienst in einem Kriminalfall keine Daten herausgab. Dann ersetzte ein Berufungsgericht die Sperrung durch eine Geldstrafe. Anfang März wurde aber deswegen auch ein Facebook-Manager für kurze Zeit festgenommen. Die Justiz will einen Gesprächsverlauf zwischen mutmaßlichen Drogenhändlern einsehen.
Bei klassischer Telekom-Infrastruktur zum Beispiel für Telefon-Anrufe ist für Behörden gesetzlich ein Arsenal von Abhörmaßnahmen vorgesehen, in den USA sind Online-Dienste wie WhatsApp sind davon bisher ausgenommen. Im US-Senat wird aber über ein neues Gesetz dazu nachgedacht.
Apple wurde von einer Richterin angeordnet, dem FBI beim Entsperren eines iPhones zu helfen. Der Konzern kontert, die Verschlüsselung einmal auszuhebeln, würde weniger Sicherheit für alle bedeuten. Apple-Chef Tim Cook will den Streit notfalls bis zum Obersten Gerichtshof der USA durchfechten. Der Streit verstärkte die Spannungen zwischen dem Silicon Valley und der US-Regierung. Tech-Schwergewichte wie Google, Facebook oder Microsoft stellten sich auf die Seite von Apple.
Zugleich gibt es in der Industrie auch erhebliche Sorgen, der öffentlich ausgetragene Streit könne am Ende zu Gesetzen mit harten Auflagen für alle Internet-Unternehmen führen, sagte ein ranghoher Branchen-Insider der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Technologie-Messe CeBIT in Hannover.
Auch US-Präsident Barack Obama warnte die Unternehmen, dass ein kompromissloser Kurs am Ende das Gegenteil bewirken könne. „Wenn etwas wirklich schlimmes geschieht, dreht sich die politische Situation, Dinge passieren überstürzt und Sachen gehen durch den Kongress in gefährlicher und undurchdachter Form“, sagte er am Freitag bei einem Auftritt auf der Digital-Konferenz South by Southwest in Texas. „Die Lösung ist wohl eine so stark wie mögliche Verschlüsselung mit einer maximal sicheren Entschlüsselung, auf die eine kleinstmögliche Zahl von Menschen bei wenigen, wichtigen Anlässen Zugriff hat.“