Verspätet sich das neue iPhone? Wie „herausfordernd“ wird das Coronavirus noch für Apple?

Apple: Coronavirus lähmt die Geschäfte und bremst die Produktion Quelle: AP

Geschlossene Apple-Stores, gestoppte Produktion, gesenkte Umsatzziele – auch der iPhone-Konzern bleibt nicht von der Corona-Krise unberührt. Und weitere Verzögerungen bei Zulieferer Foxconn lassen Beobachter aufhorchen.

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Es ist erst wenige Wochen her, dass Apple die Börsen mit einem pessimistischen Ausblick geschockt hat. Wegen der Coronavirus-Epidemie in China kündigte der iPhone-Hersteller an, dass er nicht mehr damit rechne, seine Umsatzziele für das laufende Quartal erreichen zu können, unter Berufung auf Lieferbeschränkungen für das iPhone und verlorene Einzelhandelsumsätze in China. Apple-Beobachter sind also ohnehin alarmiert.

Zwar versuchte Apple-Chef Tim Cook beim Apple-Aktionärstreffen am Mittwoch ein unaufgeregtes Bild zu vermitteln, indem er lediglich von einer „herausfordernden“ und „dynamischen“ Situation sprach. Aber vielen dürfte dies weniger als Beruhigung gelten, denn als Aussagen mit Allgemeinplätzen – um bloß nichts Konkretes sagen zu müssen.

Klar ist: Die Ausbreitung des Virus, die in ganz China die Schließung von Fabriken und Geschäfte zur Folge hatte, stellen den Technologieriesen vor erhebliche Probleme. Apple produziert jährlich Hunderte Millionen Geräte in China, macht ein ordentlichen Teil seines Geschäfts in der Volksrepublik. Geschlossene Produktionsstätten und geschlossene Apple-Stores können nicht gut sein für die Umsätze. Ohne Frage.

Mittlerweile hat Apple rund 30 seiner 42 Geschäfte in China wiedereröffnet. Zulieferer und Massenmontagepartner kommen ebenfalls langsam wieder auf Touren, aber einige Analysten erklärten gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, dass die Auswirkungen auf das im Juni endende Quartal übergreifen könnten.

Darauf deuten auch Berichte der Nachrichtenagentur Reuters hin. Demnach berichteten ehemalige Mitarbeiter und Supply-Chain-Experten, dass wegen der Reisebeschränkungen nach China Apple-Experten derzeit nicht an der neuen iPhone-Generation arbeiten könnten. In den ersten Monaten des Jahres vor dem großen Produktionsstart im Sommer würden in China bei Zulieferern wie Foxconn die Montageprozesse für die neuen Modelle festgelegt und letzte Fehler ausgebügelt, so zwei ehemalige Apple-Mitarbeiter. Obwohl Apple zwar auch mit anderen Herstellern wie Wistron zusammenarbeitet, würde die Einführung neuer Geräte generell bei Foxconn gehandhabt, weil das Unternehmen am fortschrittlichsten sei, sagten Supply-Chain-Experten.

Foxconn, der weltgrößte Hersteller von Auftragselektronik, musste die Wiedereröffnung wichtiger iPhone-Fabriken in Shenzhen und Zhengzhou nach dem Mondneujahrsfest infolge des Coronavirus verzögern. Das Unternehmen gehe davon aus, bis Ende Februar erst die Hälfte seiner chinesischen Produktion wieder aufnehmen zu können. Foxconn gab in einer E-Mail bekannt, dass das Unternehmen alle gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheits- und Sicherheitspraktiken in seinen Fabriken befolge, um das Wohlergehen der Mitarbeiter zu schützen. „In Übereinstimmung damit verfolgen wir einen vorsichtigen Ansatz bei der Umsetzung unserer Produktionspläne nach dem Urlaub in jedem unserer Standorte in China“, so der Apple-Zulieferer.

Das Coronavirus sorgt für Produktionsausfälle und bringt Lieferketten durcheinander: In China fahren kaum Lkw, Schiffe bleiben leer, Luftfracht wird teuer. Unternehmen müssen deshalb mit hohen Transportkosten rechnen.
von Jacqueline Goebel

Wie stark die Belastungen für Unternehmen, die in China agieren, tatsächlich derzeit ist, zeigten am Donnerstag die Ergebnisse von Umfragen sowohl der europäischen Handelskammer, als auch der Vertretung von US-Firmen in China, AmCham. Unter den Europäern rechnen fast 90 Prozent der befragten Firmen mit „mittleren bis hohen Auswirkungen“ durch Pekings Regierungsmaßnahmen. Jedes zweite Unternehmen erwägt, seine Geschäftsziele für 2020 zu senken. Bei den Amerikanern vermeldet bereits jedes zehnte befragte Unternehmen einen Verlust von etwa eine halbe Million Yuan (etwa 65.000 Euro) pro Tag. Beinahe jede zweite US-Firme rechnet damit, dass ihre Einnahmen in China 2020 sinken werden, wenn das Geschäft nicht vor dem 30. April wieder normalisiert werden kann. Und dafür sind die Aussichten schlecht: Der Chef der Expertenkommission der chinesischen Regierung, Zhong Nanshan, rechnet damit, dass die Epidemie erst „Ende April im Wesentlichen unter Kontrolle sein wird“.

Das dürfte die Folgen auch für Apple entsprechend schwerwiegend machen. Apple lehnte zunächst einen Kommentar zu den Reuters-Berichten ab. Allerdings hatten die Kalifornier bereits vergangene Woche angekündigt, dass sie davon ausgehen, dass die weltweiten iPhone-Lieferungen begrenzt werden müssten, da die Standorte in China die Produktion nicht wie erwartet schnell wieder hochfahren.

Eine Verzögerung ausgerechnet beim neuen Flaggschiff-Modell könnte zumindest empfindlich am Markenimage und damit auch Selbstbewusstsein des iPhone-Konzerns kratzen.

Mit Material von dpa, Reuters und Bloomberg

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