Waipu.tv Freenet greift Kabelanbieter beim Fernsehen an

Besser und billiger als die Konkurrenz von Telekom und Kabelanbietern soll es sein: Freenet startet ein eigenes TV-Angebot mit mehr als 50 Kanälen. Der größte Wettbewerbsvorteil des Konzerns liegt dabei unter der Erde.

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Das Fernsehangebot von Freenet soll bis zum Jahresende auf mehr als 100 Sender wachsen. Quelle: picture-alliance/ dpa

München Es sind 12.000 Kilometer Glasfaser in ganz Deutschland, die Christoph Vilanek zuversichtlich stimmen. Auf dieses umfangreiche Netz hat der Freenet-Chef Zugriff, wenn er von diesem Freitag an mehr als 50 TV-Sender in die Haushalte hierzulande überträgt. Schalten die Leute abends den Fernseher ein und schauen das Programm übers Internet, dann ruckelt es nicht selten auf dem Bildschirm: Die Internet-Knoten sind überlastet. Durch die eigenen Leitungen verspricht Vilanek seinen Kunden hingegen ungestörten TV-Genuss.

Besser und billiger als die Konkurrenz von Telekom und Kabelkonzernen soll das neue Fernsehangebot sein, das Freenet an diesem Freitag startete. Ob „Waipu.tv“, so nennt sich das Vorhaben, wirklich eine höhere Qualität liefert, wird die Praxis zeigen. Preislich allerdings ist Freenet mit einem Einstiegstarif von fünf Euro im Monat auf jeden Fall aggressiv unterwegs.

Bei Vodafone, Deutscher Telekom oder Unitymedia müssen die Kunden zum Teil wesentlich mehr hinlegen. Gleichzeitig fordert die Konkurrenz meist Zweijahres-Verträge, „Waipu.tv“ ist hingegen monatlich kündbar. Ähnlich flexibel sind lediglich zwei andere, junge Angreifer: Zattoo oder Magine.

Mit „Waipu.tv“ will Freenet ein ganz neues Geschäftsfeld erobern, das Internet-TV. „Mittel- und langfristig wollen wir da so groß werden wie die Telekom“, sagte Vilanek dem Handelsblatt. Die Bonner zählen gut zweieinhalb Millionen Kunden bei Entertain, ihrem Online-Fernsehen.

Freenet ist mit dem Vertrieb von Mobilfunkverträgen groß geworden. Inzwischen gehört auch die Elektronik-Kette Gravis dazu. Im ersten Halbjahr erzielte die börsennotierte Firma einen Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Euro, knapp vier Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn fiel um neun Prozent auf 101 Millionen Euro.


Mit einem Wisch vom Handy auf den Fernseher wechseln

Im Frühjahr hat Freenet für 295 Millionen Euro die Media Broadcast Gruppe gekauft. Das Unternehmen überträgt terrestrisch Radio- und Fernsehprogramme wie das landesweit verfügbare TV-Angebot DVB-T. Darüber hinaus beteiligte sich Freenet mehrheitlich an Exaring. Die junge Münchener Firma hat sich aufs Fernsehen übers Internet spezialisiert und „Waipu.tv“ entwickelt.

Exaring-Chef Christoph Bellmer sieht „Waipu.tv“ technisch weit vor der Konkurrenz. So kommt das Angebot ohne die sonst üblichen sogenannten Set-Top-Boxen aus. Auch die Fernsteuerung des Fernsehers wird überflüssig. Die Konsumenten nutzen stattdessen ihr Smartphone; hier können sie die Sendungen schauen und auch umschalten.

Mit einem Wisch übers Display wechseln die Kunden im Handumdrehen vom Handy auf den Fernseher. Wer will, kann zwei Sendungen parallel auf unterschiedlichen Geräten in verschiedenen Räumen verfolgen. Vom Smartphone aus lassen sich auch bequem und von jedem Ort aus Filme und Serien aufzeichnen. Die Inhalte werden dann auf Rechnern von Exaring gespeichert und lassen sich jederzeit abrufen.

Bis Jahresende soll das TV-Paket von Freenet auf 100 Sender wachsen. Künftig könnten auch Online-Spiele und Virtual-Reality-Anwendungen dazu kommen, erläuterte Bellmer im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Wie viele Abonnenten Freenet dieses Jahr noch gewinnen möchte, ließ Vorstandschef Vilanek allerdings offen. Die Verträge würden in mehreren Hundert eigenen Läden sowie im Internet vertrieben. Groß werben will er freilich erst einmal nicht, sollte es am Anfang technische Probleme geben: „Wir müssen erst noch ein bisschen üben.“

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