Walt Disney Bob Iger geht auf Konfrontationskurs

Walt Disney hat im zurückliegenden Quartal mehr verdient mehr als erwartet. Die Aktie fällt dennoch. Der Medienkonzern hat ein ernsthaftes Problem – doch Chef Bob Iger hat bereits angefangen, zu handeln.

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Der Disney-Chef scheute bislang die Konfrontation mit den mächtigen Kabelanbietern. Quelle: Reuters

San Francisco Es war für den Medienkonzern Walt Disney ein Quartal mit Höhen und Tiefen. Und leider sind es für die Wall Street mehr Tiefen als Höhen. Zwischen April und Juni legte Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um neun Prozent auf 14,2 Milliarden Dollar zu. Der Nettogewinn kletterte um fünf Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar. Antreiber waren erfolgreiche Hollywood-Filme wie „Captain America 3: Civil War“, „Dschungelbuch“ oder „Finding Dory“. Zudem wurde in China der erste Disney-Vergnügungspark eröffnet, in den in kürzester Zeit über eine Million Besucher strömten.

Doch all das konnte die Anleger nicht zufriedenstellen. Die Aktie verlor nachbörslich rund 1,8 Prozent. Denn es sind die „falschen“ Gewinne, die steigen. Hollywood und Vergnügungsparks sind zwar gute Geschäfte, sie sind aber saisonal stark schwankend und mit heftigen Unwägbarkeiten behaftet.

Schon das nächste Quartal könnte zum Desaster werden, sollten neue Produktionen unerwartet floppen oder die Besucher den Parks den Rücken kehren. Erst vor wenigen Wochen tötete ein Alligator in Disneyland in Florida ein Kleinkind und belastete damit das Geschäft. Disneys Europa-Tochter meldet Probleme mit dem Park in Paris im Nachgang der Terroranschläge. Nach den Attentaten in Frankreich meiden immer mehr Menschen große Menschenansammlungen und reisen weniger.

Der ruhende Pol im Disney-Konzern sind die stabilen Einnahmen mit den Kabel-TV-Abonnenten der Marken ABC, der Kinderkanäle und der Sportsender ESPN. Der überwiegend männliche amerikanische Sportfan gibt alles für seine Lieblingsteams. Jedenfalls war das mal so: Das Problem sind die sogenannten „Cord cutter“, die „Kabel-Durchschneider“. So werden in den US die TV-Kunden genannt, die Teile ihres Kabel-TV-Abonnements oder gleich den gesamten Vertrag mit Anbietern wie Comcast oder Time Warner Cable kündigen.

Immer mehr Menschen in den USA realisieren, dass sie ein unglaubliches Geld für Kabel-TV-Kanäle bezahlen, die sie eigentlich gar nicht wollen. Das liegt an den Kabelfirmen. Sie schnüren Pakete mit jeweils wenigen hochattraktiven Programmen, die zusammen mit einer Menge anderer, eher unwichtiger Sender gebündelt sind. Kunden, die eben diese wenigen attraktiven Programme wie HBO oder eben den Disney-Sportkanal ESPN haben wollen, müssen mehrere Pakete abonnieren, was ihre monatlichen TV-Kosten schnell über 100 Dollar und bis auf rund 200 Dollar treibt.


Disney-Chef Iger will gegensteuern

ESPN ist dabei das größte Sorgenkind. Der Sportkanal ist mit sechs Dollar pro Monat das teuerste einzelne Kabel-Angebot in den USA und hat eine extrem hohe Kostenbasis. Nur alleine für die Montagsspiele der Football-Liga NFL werden pro Jahr 1,9 Milliarden Dollar an Übertragungsgebühren gezahlt, die dann Abo-Gebühren und Werbung wieder einspielen müssen.

Disney-Chef Bob Iger will jetzt gegensteuern. Bislang hat er, so wie andere Medienkonzerne, die direkte Konfrontation mit den mächtigen Kabelanbietern gescheut. Sie sind schlicht die größten Kunden. Schon vergangenes Jahr im August hatte er von Problemen mit ESPN-Abonnenten gesprochen. Aber erst jetzt ist er entschlossen, in die Internetwelt vorzustoßen, weil die Kundenverluste nicht aufhören.

Für eine Milliarde Dollar kauft Iger 33 Prozent an der Internet-Streamingfirma Bamtech, eine Techfirma und Ausgründung aus dem Verband „Major League Baseball“, mit der Option, später die Mehrheit zu erwerben. Bamtech braucht keinen TV-Kabelvertrag, um einen Dienst für ein Abo anzubieten. Diese Technik nutzt auch der Pay-TV-Sender HBO für sein Mobilangebot HBO Now. „Der Deal erlaubt uns mit einem großen Aufschlag direkt in das Endgeschäft mit den Konsumenten einzutreten“, so Iger gegenüber Analysten.

Ein Zukunftsthema ist E-Sports

Der Umsatz der Sparte Kabel-TV stieg vor allem dank Preiserhöhungen marginal um gut ein Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar, verglichen zum Vorjahr. Disney selbst spricht in seiner offiziellen Mitteilung zum Quartal nur von einem „Rückgang der Abonnenten bei ESPN“. Aber laut dem Mediadienstleister Nielsen sind der Sportikone ESPN seit 2011 insgesamt rund elf Millionen Abonnenten abhandengekommen.

Damit dürfte der Umsatz der Sparte im laufenden Jahr rechnerisch fast eine Milliarde Dollar niedriger liegen. Die permanent steigenden Forderungen der Sport-Ligen wie NFL oder NHL werden damit immer schwerer finanzierbar.

Also muss der Sender seinen Kunden bieten, was immer diese sehen wollen: Der Kanal ESPN2 hat im Juni zum ersten Mal die Madden NFL 2016 Championship live aus Los Angeles übertragen. Das ist nichts anderes als das Endspiel eines extrem beliebten Online-Football-Spiels, bei dem um 50.000 Dollar gekämpft wird.

E-Sports ist ein weiteres Zukunftsthema. Millionen von Zuschauern verfolgen heute Spiele wie „Call of Duty“ von Activision live oder „League of Legends“, bei dem das Weltmeisterteam eine Millionen Dollar mitnimmt. Die Zuschauer? Zu 85 Prozent männlich und zur Hälfte zwischen 18 und 25 Jahren. Das ist eine Zielgruppe, die die Werber suchen. Und ESPN auch.

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