Wearables von Garmin Der neue Liebling der Sporthändler

Immer mehr Läufer tragen Sportuhren und Fitnessarmbänder. Aus dem Nischengeschäft ist inzwischen ein Milliardenmarkt geworden. Quelle: dpa

Mit Navigationsgeräten wurde Garmin bekannt. Doch inzwischen lebt die amerikanische Marke vor allem von Sportuhren. Und damit verzeichnet Garmin ein spektakuläres Plus bei den deutschen Sporthändlern und Juwelieren.

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München Turnschuhe, Badehosen, Skier und Fußbälle: Jahrzehntelang hat sich das Angebot in den deutschen Sportgeschäften kaum verändert. Bis vergangenes Jahr. „Viele unserer Händler bauen sich inzwischen ein Standbein bei den Wearables auf“, sagt Jochen Schnell, Vorstand der Fachhandelskette Intersport.

Der Boom der elektronischen Fitnessgeräte beschert dem US-Konzern Garmin in Deutschland glänzende Umsätze. „Die Nachfrage ist stark gewachsen, viele Sporthändler haben die Chance ergriffen“, bilanziert Kai Tutschke. Der Manager führt das Geschäft von Garmin im deutschsprachigen Raum und konnte für das vergangene Jahr ein Umsatzplus von fast einem Fünftel in die Konzernzentrale nach Kansas melden.

Bei Intersport, der mit Abstand führenden Sportkette Deutschlands, schoss Garmin in der Liste der wichtigsten Lieferanten um 15 Plätze auf Rang 28 nach oben. Nur die angesagte US-Sportbekleidungsmarke Under Armour konnte ein noch stärkeres Plus verbuchen. Zum Vergleich: Der finnische Wettbewerber Polar hat sich 2016 um fünf Plätze auf Rang 42 verbessert, Konkurrent Tomtom ist in den Top-60-Marken von Intersport überhaupt nicht vertreten.

„Wearables sind heute ein wesentlicher Treiber für den Sportfachhandel“, meint Intersport-Vorstand Schnell. Davon profitiert insbesondere Garmin. Für das Unternehmen ist der Trend ein Segen. Denn das angestammte Kerngeschäft mit tragbaren Navigationsgeräten schrumpft brutal. Einerseits werden die fest in die Fahrzeuge eingebauten Navis billiger. Andererseits verlassen sich viele Autofahrer inzwischen einfach auf den Routenplaner in ihrem Smartphone. In Europa gingen vergangenes Jahr fast ein Fünftel weniger Geräte über die Ladentheken als noch 2015.

Die Folge: Der Navi-Umsatz von Garmin brach vergangenes Jahr um 17 Prozent auf 883 Millionen Dollar ein. Dagegen ist das Sportgeschäft kräftig gewachsen. Fitness-Armbänder, Sportuhren für Jogger, Triathleten und Golfspieler, auch Action-Cams hat Garmin ins Sortiment genommen. Stetig erweitert die börsennotierte Firma das Angebot. Vergangenes Jahr brachte Tutschke hierzulande sogar noble Sportuhren für 1000 Euro und mehr zum ersten Mal in die Auslagen der Juweliere. 160 Uhrenhändler führen inzwischen Garmin.

Das schlägt sich in den weltweiten Zahlen nieder: Die Outdoor-Sparte ist vergangenes Jahr um ein Drittel auf 546 Millionen Dollar Umsatz gewachsen. Zu dem Bereich zählen vor allem Multifunktions-Sportuhren und mobile Routenplaner fürs Wanderer und Radler. Der Fitness-Bereich mit Sportarmbändern und Laufuhren legte um ein Viertel auf 818 Millionen Dollar zu.
Garmin konzentriert sich voll auf Sportler

Im Gegensatz zu großen Wettbewerbern wie Samsung oder Apple hat sich Garmin von Anfang an auf ein kleines, aber aussichtsreiches Segment konzentriert: die Sportler. Regen, Kälte oder gleißende Sonne machen den Garmin-Geräten nichts aus, und die allermeisten der Fitnessarmbänder und Sportuhren des Konzerns müssen auch nicht alle paar Stunden an die Steckdose, so wie etwa die Apple Watch. Inzwischen enthalten die Uhren sogar Karten. So hat Garmin die Navis vom Armaturenbrett der Autos ans Handgelenk gebracht.

Dass sich Garmin so gut entwickelt in Deutschland, liegt auch am erhöhten Marketingbudget. Der Konzern habe seine Ausgaben ganz erheblich gesteigert, beteuert Tutschke, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Von TV-Spots über Plakate bis hin zu einem eigenen Online-Magazin bespielen die Amerikaner die ganze Palette der Werbemittel. „Unsere Zeit ist gekommen, eine große Marke zu werden“, unterstreicht Daniel Stadtmann. Der Manager leitet das Marketing im deutschsprachigen Raum.

Weltweit haben Athleten vergangenes Jahr rund 4,2 Milliarden Dollar für Sportuhren ausgegeben, rund 100 Millionen mehr als 2015. Die Umsätze mit Fitness-Armbändern lagen den Marktforschern von Gartner zufolge bei gut 3,1 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Computeruhren wie die Apple Watch spülten knapp zehn Milliarden Dollar in die Kassen der Händler.

Insgesamt ist der Umsatz von Garmin vergangenes Jahr um sieben Prozent auf gut drei Milliarden Dollar gestiegen. Fürs laufende Jahr rechnet Vorstandschef Cliff Pemble mit stagnierenden Erlösen, vor allem wegen des nach wie vor schrumpfenden Geschäfts mit Navis. Das will der Konzern aber trotzdem nicht aufgeben.

Deutschland-Chef Tutschke peilt derweil ein weiteres Plus an. Ihm hilft jetzt, dass Garmin bei Navis in Deutschland nie so stark war wie in den USA. Hierzulande bestimmt Tomtom das Geschäft mit den tragbaren Routenplanern. Ob es für Garmin wieder knapp ein Fünftel nach oben geht? „Beat yesterday“ lautet die neue Markenbotschaft, sinngemäß heißt das im Deutschen: „Sei besser als gestern“. Daran müssen sich auch die Vertriebsmannschaften von Garmin orientieren.

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