Weg von den Waffenbrüdern Warum das Silicon Valley auf Abstand zum Militär geht

Aufträge des US-Verteidigungsministeriums haben die IT-Branche groß gemacht. Doch jetzt wenden sich Google & Co. ab. Bei zu viel Nähe zu Pentagon und Geheimdienst fürchten sie um ihren Ruf und ihr Zivilgeschäft. Das freut die deutsche Rüstungsbranche.

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Quelle: Getty Images, dpa, Montage

Wenn US-Verteidigungsminister Ashton Carter ein Hightech-Unternehmen besuchte, war jahrelang die Freude groß. Schließlich ist der Doktor der theoretischen Physik und ehemalige MIT-Professor nicht nur ein hoch gebildeter und fachkundiger Gesprächspartner für die Techniker. Der 62-Jährige verwaltet in seinem Haus den jährlich 72 Milliarden Dollar großen Forschungsetat des US-Militärs. „Das ist mehr als Apple, Intel oder Google zusammen ausgeben“, so Carter.

Zumindest bei einer Art von Unternehmen, ziehen Carters Forschungsmilliarden inzwischen nicht mehr so recht: den IT-Riesen des Silicon Valley. Zwar hat Carter die Hightech-Region im Norden Kaliforniens im vergangenen Jahr öfter besucht als seine Truppen in den Krisenregionen im Mittleren Osten. Es waren Besuche, bei denen er nicht an warmen Worten für Gründer und Erfinder sparte. „Ich will neue Brücken errichten zwischen unserer Arbeit im Pentagon an der nationalen Sicherheit und den Innovatoren besonders hier aus dem Silicon Valley“, erklärte der Minister gleich auf mehreren Veranstaltungen.

von Rüdiger Kiani-Kreß, Florian Willershausen

Doch der Empfang war kühl. „Fast alle Hightech-Unternehmen scheuen inzwischen Regierungsaufträge“, so die Erfahrung von Steve Blank, Unternehmer und Professor der Universität in Stanford, mitten im „Valley“.

Anzeichen dafür gibt es viele.  Nachdem Google die Roboter-Start-ups Schaft und Boston Dynamics übernommen hatte, kappte der Konzern nach Informationen der britischen Financial Times alle Kontakte zum Pentagon. „Google will nicht, dass die sich mit uns abgeben“, schimpfte Adam Jay Harrison, Chef des National Security Technology Accelerator (NTSA) genannten Gründerförderers, den die US-Armee Mitte Oktober offiziell gestartet hat. Der für seinen intelligenten Staubsauger Roomba bekannte Hersteller iRobot verkaufte sogar sein komplettes Militärgeschäft – trotz lukrativer Armee-Aufträge zum Bau von Maschinen zur Entschärfung von Sprengfallen.

Deutsche Rüstungsriesen

Das war noch vor vier Jahren undenkbar. Bis dahin waren die Beziehungen zwischen IT-Industrie und Pentagon Jahrzehnte lang eng und profitabel. Das US-Verteidigungsministerium hatte bereits in den fünfziger Jahren die Bedeutung elektronischer Datenverarbeitung für die Kriegsführung erkannt. Darum hatte es nicht nur zur weltweiten Datenübermittlung das Internet ins Leben gerufen – sondern auch die passende Industrie gefördert.

Einige Topmanager hatten hohe Posten im Verteidigungsapparat. Dave Packard, Mitbegründer des Druckerpioniers HP, war zwischenzeitlich sogar Rüstungs-Staatssekretär. Zudem half das US-Militär bei Produkten wie GPS-Navigation, Bilderkennungsprogrammen und immer stärkeren Rechnern. Selbst Apples Spracherkennungsassistent Siri entstand im Stanford Forschungsinstitut auch dank Pentagon-Geldern.

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