Werbung mit Onlinevideos Unternehmen haben von Youtube keine Ahnung

Youtube wird zehn Jahre alt. Die Videoplattform hat sich zur weltweit zweitgrößten Suchmaschine entwickelt – doch viele Unternehmer wissen offenbar immer noch nicht, wie Werbung dort funktioniert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die lukrativsten Youtube-Kanäle der Welt
Platz 10: WWEWer auf halbnackte Männer steht, die einander durch den Ring schleudern, ist mit seiner Vorliebe nicht alleine. Der offizielle Youtube-Kanal des Wrestlingveranstalters WWE hat fast 4,8 Millionen Abonnenten. Die Videos wurden insgesamt 2,4 Milliarden Mal angesehen. Durch die Pre-Roll-Ads wurden, so schätzt OpenSlate, alleine 2014 2,4 Millionen US-Dollar damit erwirtschaftet.Quelle: OpenSlate
Platz 9: stampylongheadEine eigene 3D-Welt aus Lego-ähnlichen Kästchen am Computer bauen, ist dank Minecraft für Millionen Menschen weltweit ein beliebtes Freizeitvergnügen geworden. Eine nicht zu verachtende Zahl von Youtube-Nutzern hat zudem Freude daran, anderen beim Minecraft-Spielen zuzusehen. Der Youtube-Kanal stampylonghead, auf dem jeden Tag neue Minecraft-Videos hochgeladen werden, hat 4,7 Millionen Abonnenten. Insgesamt wurden die Videos 2,5 Milliarden Mal angesehen. OpenSlate schätzt, dass damit 2,4 Millionen US-Dollar umgesetzt wurden.
Platz 8: SpinninRecElektronische Tanzmusik ist nicht nur etwas für eine Club-Nacht. Der „Dance Music Channel“ SpinninRec beweist mit seinen gut acht Millionen Abonnenten und vier Milliarden Views, dass elektronische Tanzmusik auch etwas für den einsamen Abend vor dem Rechner ist. Während Raver daheim den Club-Sound zelebrieren, beschert der Kanal Youtube und seinen Betreibern insgesamt rund 2,5 Millionen US-Dollar.
Platz 7: Get MoviesSeit 2006 hat Get Movies mit seinem Youtube-Kanal 2,6 Millionen Abonnenten gesammelt - mit russischen Kinderserien in der Originalfassung. Angesehen wurden Serien wie „Mascha und der Bär“ 3,24 Milliarden Mal. Laut OpenSlate haben die Betreiber des Kanals allein im vergangenen Jahr dank der Werbung 2,7 Millionen US-Dollar verdient.
Platz 6: MOVIECLIPS TrailersJeder Mensch liebt Kino-Trailer – und damit macht MOVIECLIPS Trailers richtig Kasse. Der Aufwand für die Betreiber ist minimal, produziert werden die Trailer von den Filmstudios. Alleine der Trailer zum Ende des Jahres erscheinenden Star-Wars-Film wurde bis dato 53 Millionen Mal angesehen. Insgesamt bringt es der Kanal auf sechs Millionen Abonnenten, die drei Milliarden Views generieren. OpenSlate schätzt, dass die Betreiber daran drei Millionen US-Dollar verdienen.
Platz 5: emimusicGenauso wie sich mit toten Künstlern noch eine Menge Geld machen lässt, bringt auch ein totes Label noch viel Geld – zumindest dessen Youtube-Kanal. 2011 wurde die Major-Label-Landschaft um ein Mitglied ärmer – EMI wurde zerschlagen. Damit herrschte auch auf dem zu dem Label gehörenden Youtube-Kanal Totenstille. Neue Videos wurden kaum noch hochgeladen. Aber die rund 6000 Videos – darunter Sinéad O’Conners – Nothing Comars 2U, MC Hammers – U Can’t Touch This und Clint Eastwood von den Gorillaz haben jeweils über 120 Millionen Klicks gebracht. Drei Millionen Abonnenten hat der Kanal immer noch, die für 7,3 Milliarden Aufrufe verantwortlich sind. Mit Werbeanzeigen spielte der Kanal im vergangenen Jahr drei Millionen US-Dollar ein.
Platz 4: LittleBabyBumIm Vergleich zu den anderen bisher gezeigten Youtube-Kanälen sehen die 1,5 Millionen Abonnenten von LittlyBabyBum recht mickrig aus. Allerdings richtet sich der Kamal auch an mickrige Menschen – zumindest gemessen an der Körpergröße: Kinder. Mit farbenfrohen 3D-Animationen und allerlei Kinderliedern kommt der Kanal auf ebenfalls vergleichsweise geringe 1,2 Milliarden Views. Verdienen lässt sich aufgrund der attraktiven Zielgruppe trotzdem gut: OpenSlate schätzt die Einnahmen des vergangenen Jahres auf 3,5 Millionen US-Dollar.

Baby Brown Eye ist zwar noch ein kleines Baby, aber schon der heimliche Boss der Familie. Wenn Mama, Papa oder der große Bruder ein Problem haben, kann Baby Brown Eye es lösen - mithilfe von „Verstärkung“.

Dann klingelt es, vor der Tür steht ein blauer Karton des Konsumgüter-Konzerns Procter & Gamble (P&G). Je nach Episode ist er gefüllt mit einem Rasierer von Gillette, einer Oral-B-Zahnbürste oder Spülmittel von Ariel. Das Baby mit der deutschen Stimme von Bruce Willis ist glücklich.

Auf dem Youtube-Kanal von Procter & Gamble Deutschland finden sich sechs solcher Episoden. Wie P&G werben mehr und mehr Unternehmen bei Youtube mit ihren eigenen Kanälen. Doch wie sie das richtig angehen, wissen offenbar die wenigsten.

„Das lineare TV wird nicht mehr zulegen“

Die Etats für Werbung mit Onlinevideos sind vergleichsweise klein. Die Aufwendungen für Werbung insgesamt betrugen im vergangenen Jahr in Deutschland rund 28 Milliarden Euro. Davon wurden nur zehn Prozent in Online-Werbung investiert – wozu auch gewöhnliche Werbebanner zählen. Die Hälfte ihres Budgets steckten die Werbetreibenden in TV-Werbung.

Dabei dürfte dem Bewegtbild im Internet die Zukunft gehören. „Das lineare TV wird nicht mehr zulegen“, sagt Holger Geißler, der Vorstand des Marktforschungsinstituts YouGov. „Vor allem wenn man Leute unter 30 erreichen will, führt derzeit kein Weg an Youtube vorbei.“

Die Währungen auf Youtube

Selbst bei den älteren Zielgruppen wird Youtube immer beliebter, weiß Stefanie Paluch, Professorin für Dienstleistungs- und Technologiemarketing an der RWTH Aachen. „Mittlerweile nutzen viele Menschen Youtube, um sich über Produkte zu informieren. Das wird sich stärker in Richtung der Älteren verschieben.“

Bis 2017 sollen Videos für 69 Prozent des gesamten Internet-Traffics verantwortlich sein, heißt es in einer Studie von Cisco. Mit Wachstumsraten von 13,2 Prozent im Jahr sind Online-Videos der am schnellsten wachsende Bereich im Internet.

Von dieser Entwicklung profitiert Youtube. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Videoplattform zur drittbeliebtesten Website der Welt auf - und zur zweitbeliebtesten Suchmaschine nach Google. Eine Milliarde Menschen besuchen die Plattform monatlich und laden über 300 Stunden Videomaterial pro Minute hoch.

Der unangefochtene Marktführer im Video-Bereich bietet somit große Möglichkeiten als Werbeplattform für Unternehmen. Aber viele Firmen tun sich damit noch immer schwer.

Supergeile Unternehmenswerbung

Wie man diese Möglichkeiten nutzt, zeigte im vergangenen Jahr auch der Supermarkt Edeka. Der „Supergeil“-Clip mit Friedrich Liechtenstein wurde zum viralen Hit und tausendfach über Facebook und Twitter geteilt; er lief sogar im Fernsehen – nicht als Werbung, sondern als Phänomen, das von verschiedenen TV-Magazinen aufgegriffen wurde. Mittlerweile hat der Clip 13 Millionen Abrufe gesammelt.

Für Edeka hat sich das Werbevideo gelohnt. „Die Marke hatte ein etwas angestaubtes Image“, sagt Professorin Paluch. „Durch die humorvolle Darstellung erreicht Edeka vermehrt jüngere Zielgruppen.“ Das zeige sich an den Kommentaren.

11.000 von ihnen befinden sich unter dem Video. „Die Nutzer beschäftigen sich freiwillig in ihrer Freizeit mit dem Video“, sagt Paluch. Auch aus den Facebook-Timelines war das Video wochenlang nicht wegzudenken.

Der Zuschauer übernimmt die Verbreitung

"Earned Media" nennen Werber den Effekt: Die Nutzer teilen die Werbung freiwillig – für den Werbetreibenden entsteht kein Aufwand. „Edeka hatte die Produktionskosten – die Verbreitung des Clips gab es quasi umsonst“, sagt Markenexperte Geißler. Eine solche Reichweite wäre im klassischen TV mit einer Clip-Länge von über drei Minuten unbezahlbar.

Zehn Jahre Youtube - Die wichtigsten Fakten

Was Edeka erkannt hat: Youtube bietet neue Erzählmöglichkeiten. „Daher spielt Youtube eine wichtige Rolle in unserem Kommunikationsmix“, sagt Rolf Lange, Leiter der Unternehmenskommunikation von Edeka.

Mit dieser Einsicht gehört die Supermarktkette in Deutschland allerdings noch immer zu einer Minderheit. Nicht einmal vier von zehn Unternehmen in Deutschland haben einen eigenen Youtube-Kanal. Zum Vergleich: Eine eigene Facebook-Seite haben 99 Prozent der deutschen Unternehmen.

Und denjenigen, die Youtube-Kanäle betreiben, fehlt es offenbar an grundlegendem Wissen über die Videoplattform und ihre Möglichkeiten.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%