Werner knallhart

Apple-Service: Sind Deutsche Kunden zweiter Klasse?

Der Service im Berliner Apple Store lässt Amerikaner verzweifeln, an der Hotline macht einen die Computerstimme psychisch fertig und bei der Apple Care Versicherung kennen sie sich mit iPads nicht aus. Was ist daran Premium?

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Apple-Angestellte in Berlins Apple Store am Kurfürstendamm Quelle: dpa

Irgendwie habe ich kein Glück mit Apple. Mein MacBook Pro war schon nach drei Jahren so lahm wie ein C64, bei meinem iPhone 4S war das WLAN-Modul zweimal kaputt, bei meinem iPhone 5S sprang die Akkuanzeige von 25 Prozent über 7 Prozent auf 4 Prozent und dann ging gar nichts mehr. Zwei Stecker meiner Ladegräte wurden wegen Brandgefahr zurückgerufen. Und seit Mitte vergangener Woche ist mein anderthalb Jahre altes iPad Air tot. Ohne Vorwarnung ging es aus. Seitdem hat es sich nie wieder gerührt.

Weil ich aber zu dumm und zu faul bin für Android-Handys und mein letzter Samsung-Rechner mit Festplatten-Totalschaden verreckt ist und dabei alle Daten mit in den Tod gerissen hat, bleibe ich Apple treu. So, wie man am Hauptbahnhof halt bei Subway ein Sandwich kauft, weil der Laden immer noch besser ist als McDonald´s nebenan.

Was mich aber mehr wurmt als die ständig defekten schweineteuren Premiumprodukte, ist die abgebrühte Art, wie die Firma in Deutschland mit Reklamationen umgeht. Sowas könnten sich Saturn oder der Mediamarkt niemals erlauben. Ich würde es bezeichnen als:

aufgesetzt freundlich, arrogant und in der Sache unterdurchschnittlich.

Ein paar Beispiele:

Ein Kollege aus L.A., der mittlerweile in Berlin lebt, musste feststellen, dass das Touchpad an seinem MacBook Air ständig ausfiel. Er schleppte das Gerät in den Apple Store auf dem Kurfürstendamm. Dort stand ein niedliches Mädchen mit Headset am Eingang, durfte ihm aber nicht helfen. Sie war nur zum Hallo-Sagen und Herumzeigen mit dem Finger auf die zuständigen Mitarbeiter im Store zuständig.

Einer der zuständigen Mitarbeiter sagte ihm dann nach einiger Wartezeit freundlich, dass man für das Beratungsgespräch im Store vorab einen Termin im Internet vereinbaren musste.

„Aber da werden seit Tagen keine freien Termine angezeigt“, mein Kollege war ganz erschüttert. „In Los Angeles würden die sich niemals wagen, einen Kunden mit einem defekten Gerät wieder nach Hause zu schicken.“

Nach einigem Hin und Her wurde sein Computer eine Tage später schließlich angenommen. Nun hat mein Kollege ihn wieder zurück. Kaputt. Der Hinweis von Apple: Das Touchpad war gar nicht defekt. Die Wahrheit ist: doch!

Welchen Marken die Deutschen vertrauen

Aber der Apple Store Berlin übertrifft sich sogar selbst: Vor einiger Zeit rief Apple weltweit Netzstecker von Ladegeräten zurück. Stecker einer bestimmten Charge konnten zu heiß werden und im schlimmsten Fall ein Feuer auslösen. Also taperte ich mit zwei dieser Premium-Schrott-Stecker an einem Samstagnachmittag in den Store - statt schön mit Freunden Kaffee trinken zu gehen, was ich samstags lieber tue. Aber so ein Samstag ist auch für die Boys und Girls im Store nicht der Lieblingstag. Als ich einem der Strahlemänner die Stecker zum Austausch überreichen wollte, antwortete der: „Oh, samstags haben wir für solche Umtausche gar keine Zeit. Hier ist heute zu viel Andrang dafür.“

Mir war natürlich klar: Es gab Wichtigeres, als Lebensgefahr von Kunden abzuwenden. Dennoch fragte ich: „Wollen Sie damit sagen, ich solle mich auf Sie persönlich berufen, wenn Sie mich jetzt unverrichteter Dinge wieder abziehen lassen und dann geht mein Büro in Flammen auf?“

Du bist Kunde - aber König sind wir!

Nur widerwillig unterstützte der kleine Racker dann doch den Milliardenkonzern bei seiner Rückrufaktion und besorgte die sicheren Stecker. Das dauerte rund zwei Minuten. Aber freundlich gelächelt hat er die ganze Zeit.

Nun ist also mein iPad kaputt. Weil ich weiß, dass man jederzeit damit rechnen muss, dass einem sein Apple-Gerät in den Händen verendet, schließe ich seit einiger Zeit stets sicherheitshalber eine Zusatzversicherung ab und erkaufe mir damit für rund 100 Euro das gute Gefühl, im Krisenfall maximalen Apple-Service zu erhalten. Wohl gemerkt: Der Service ist nicht typisch Apple. Er ist zusätzlich bezahlte Dienstleistung. Sie nennen es Apple Care +. Auf den Punkt gebracht, bedeutet Apple Care +: Wenn was kaputt geht, wird nicht lange gefackelt und Zeit mit Reparaturen vergeudet. Man bekommt in aller Regel ein neues Gerät im Tausch gegen das defekte und kann schnell wieder weiterarbeiten.

Aber damit man sich trotz Apple Care + nicht allzu sicher fühlt, gibt es die Apple Care Hotline. Da wird man am Telefon wieder daran erinnert: Du bist Kunde, aber König sind wir.

Erst fing alles so herrlich einfach an. Der erste Anruf lief so:

„Mein iPad ist kaputt.“

„Oh, das darf nicht sein. Wir schicken Ihnen ein Austauschgerät und Sie senden uns Ihr defektes zurück.“

„Haben Sie denn dann eigentlich Zugriff auf meine Dateien auf dem kaputten Ding?“

„Nein, das wird ja alles über die Cloud gelöscht.“

„Wie denn das? Das Gerät ist offline und abgeschaltet.“

„Ja, so genau kenne ich mich da technisch auch nicht aus.“

„Aha.“

„Bitte versuchen Sie ein Letztes und drücken Sie am defekten Gerät die Home-Taste, bevor Sie es am MacBook anschließen. Das wäre die letzte Chance für eine Rettung des iPads von zuhause aus.“

Ich versprach, das zu testen und dann wieder anzurufen. Ich testete, es klappte nicht, ich rief wieder an. Ein Telefon-Computer brüllte mich mit weiblicher Stimme an: „HALLO MARCUS!“ Sie hatte mich an meiner Telefonnummer erkannt und ich schien ihr deshalb vertraut genug für den Vornamen. Ich fühlte mich jung, war im Überschwang und beging prompt einen großen Fehler: Ich gab dem Computer gegenüber zu, in dieser Angelegenheit schon einmal angerufen zu haben. Jetzt ging es los. Hier das Gedächtnisprotokoll (meine Kollegin ist Zeugin):

„Bitte nennen Sie mir die Fall-Nummer.“

Fall-Nummer. Fall-Nummer. Womöglich stand die in der E-Mail, die ich kurz nach dem ersten Anruf von Apple erhalten hatte. Ich fummelte eilig den Text in meinem iPhone hervor  und atmete ein, um die Nummer vorzulesen, da dröhnte die Roboterin: „Versuchen wir etwas anderes: Nenne mir die Seriennummer des betroffenen Produktes.“

Gefangen in der Hotline-Hölle

Ah, die hatte ich parat. Ich las sie vor. Irgendwas Ähnliches zu „DS34GBS34SLMXTY3“

Die Roboterin sagte: „Die Seriennummer lautet also: DS34WBS… Ich bin mir nicht sicher, ob ich den zweiten Teil richtig verstanden habe.

Verdammt, da war schon ein Fehler im ERSTEN Teil. W statt G. Ich maulte „NEIN!“

„Welches Zeichen war falsch? Drücken Sie 1 für D, drücken Sie 2 für S, drücken Sie-“

Ich sah keine Chance, ihr das Kuddelmuddel zu vermitteln und legte auf. Dann rief ich erneut an. Die Computerstimme klang wieder freudig erregt. Ich hielt die Fallnummer bereit. Doch dieses Mal fragte sie als erstes: „Um welches Produkt handelt es sich?“

Ich sagte: „iPad.“

Sie fragte: „Sagten Sie iMac?“

„NEIN!“

„Wir wollen etwas anderes versuchen.“

Danach hatte ich einen Blackout. Ich erinnere mich dann wieder daran, wie ein Service-Mitarbeiter mich nach der Versandadresse fragte: „Zuerst die Postleitzahl.“

So, als interessierte man sich bei einem Kuchenrezept am meisten dafür, ob zum Schluss noch eine Prise Salz in den Teig kommt.

Ich sagte: „Die Adresse ist in Ihrem System hinterlegt. Das habe ich eben noch online gesehen.“
„Die gilt aber nur für iTunes.“

Aber wozu braucht iTunes eine Versandadresse? Was wird denn da per Post versendet? Nach der Postleitzahl fragte er, wie denn der Unfall abgelaufen sei, bei dem das iPad zerstört wurde.

„Es war kein Unfall.“
„Irgendwelche Flüssigkeiten, die in das Gerät eingedrungen sind?“
„Es war kein Unfall.“
„Dann jetzt bitte die Straße.“

Mittlerweile kam die Bestätigung per Mail vom 18. Mai:

„Das Ersatzprodukt ist unterwegs… Sie sollten es in etwa zwei Werktagen erhalten… Versanddatum 01.06.2015“

Hä? Bei Saturn oder Karstadt oder Otto oder Zalando hätte ich jetzt angerufen und gefragt, was der Quatsch bedeuten soll. Bei Apple traue ich mich das nicht.

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