Yahoo-Chefin Marissa Mayer Totengräberin eines Internet-Pioniers

Inmitten des Bieterstreits um den Konzern hat Yahoo seine Quartalszahlen vorgelegt. Sie unterstreichen, wie schlecht es um den einstigen Internet-Pionier bestellt ist. Chefin Marissa Mayer gibt sich jedoch stoisch.

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„Ich glaube an Yahoo und bin jeden Tag inspiriert.” Quelle: AP

San Francisco Eigentlich müssten die Analysten Marissa Mayer inzwischen Haltungsnoten verleihen, sitzt doch bei dieser Diskussion die ganze Tech-Welt vor dem Bildschirm und wartet darauf, dass etwas zerbricht in ihrem Gesicht. Aber nein, die Yahoo-Chefin verzieht keine Miene, nur ein wenig rau klingt die Stimme, als sie am Dienstagabend die Quartalsergebnisse herunterrattert. Nur einmal hustet sie, das war’s.

Stoisch verkündet Mayer, in leuchtend blauer Strickjacke vor firmenfarbenem Hintergrund in Violett, was ohnehin alle schon wissen: Es steht schlecht um ihre Firma, die dereinst das lukrative Geschäft mit den Werbebannern erfand und nun vor der Zerschlagung steht. Mayer wird zur Totengräberin eines Internet-Pioniers.

Die aktuellen Zahlen belegen den Eindruck mehr als deutlich. Nirgendwo verzeichnete Yahoo vergangenes Quartal signifikante Zuwächse, im Gegenteil. Die Umsätze fielen um elf Prozent auf nun 1,09 Milliarden Dollar. Besonders übel sieht es im so wichtigen Kerngeschäft aus. Die Umsätze mit Display-Werbung sanken vergangenes Quartal um 0,8 Prozent auf 463 Millionen Dollar, die der Suchanzeigen gar um 9,3 Prozent.

Dort, wo die Konkurrenz investiert und wächst, zum Beispiel mit Video-Formaten, tritt Yahoo auf der Stelle. Gegenüber Google oder Facebook verliert die Firma weiter an Boden. Laut einer Prognose des US-Instituts E-Marketer sinkt Yahoos Anteil an den Investitionen im weltweiten Geschäft mit Online-Werbung weiter, von 2,4 Prozent vergangenes Jahr auf nun gerade einmal 1,5 Prozent.

Da half es auch nichts, dass Mayer versuchte, den Niedergang schönzureden. Yahoo habe einen „guten Start in das Jahr” gehabt und einen „großartigen Fortschritt” bei der geplanten Umstrukturierung gemacht, erklärte sie. Gemeint waren hier jedoch vor allem Sparmaßnahmen.

Yahoo hatte die Zahl der Belegschaft vergangenes Jahr drastisch reduziert. Die Entlassungen bezeichnete Mayer als „notwendig”, sie sei „stolz” auf das Ergebnis. „Ich glaube an Yahoo und bin jeden Tag inspiriert.” Die Beteuerungen klangen indes wenig glaubhaft, steht Mayer doch kurz vor dem Abgang.

Für das schwächelnde Kerngeschäft des Internet-Pioniers gibt es offenbar mehrere Interessenten. Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, hätten nach Ablauf der Bieterfrist am Montag unter anderem Verizon, das als Favorit gilt, und das britische Verlagshaus der „Daily Mail“ Gebote abgegeben. Auch die Unternehmensgruppe TPG sowie ein Zusammenschluss der Investoren Bain Capital, Vista Equity Partners und dem früheren Yahoo-Chef Ross Levinsohn sei unter den Bietern, hieß es.

Angaben zu den Bietern oder zu einem Zeitplan machte Mayer nicht. Die Yahoo-Chefin sprach nur allgemein davon, dass die Firma einen „substanziellen Fortschritt” auf dem Weg hin zu „potentiellen strategischen Alternativen” mache.

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