Zu Gast an der TU Ex-Google-Chef Schmidt motiviert Münchener Studenten

Bei einem Besuch an der TU München spricht Ex-Google-Chef Eric Schmidt über seine Vergangenheit und Industrie 4.0 – mitsamt einem Appell an den akademischen Nachwuchs

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„Ich habe auch viele, viele Fehler als CEO gemacht.“ Quelle: AP

München Ex-Google-Chef Eric Schmidt hat nach seinem Rückzug als Verwaltungsratsvorsitzender der Google-Holding Alphabet kürzlich angekündigt, sich künftig stärker um Wissenschaft und wohltätige Dinge zu kümmern. Den Anfang machte er in München. Vor 1000 Studenten pries er die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz an – und verkündete noch in offizieller Mission eine neue Partnerschaft des Suchmaschinenkonzerns mit der Technischen Universität München (TU).

Schmidt wurde wie ein echter Star empfangen. Sein Einmarsch durch den Innenhof der TU wurde auf eine Großleinwand in den restlos besetzten Saal übertragen. Der Top-Manager kam wie immer seriös in Anzug und Krawatte – für den Start-up-Look waren bei Google stets die Gründer Sergey Brin und Larry Page zuständig. Zur Eröffnung betonte Schmidt, Sohn eines deutsch-amerikanischen Wirtschaftsprofessors, dass er auch bayerische Gene in sich hat.

Inhaltlich blieb Schmidt bei dem kurzen Besuch eher an der Oberfläche. Die Menschheit stehe am Beginn des „Zeitalters der Intelligenz“. Künstliche Intelligenz biete ganz neue Möglichkeiten, als erstes werde die Gesundheitssparte profitieren. Computer könnten zum Beispiel bei Krebserkrankungen besser diagnostizieren als der beste Facharzt – weil sie mehr Fälle gelernt hätten. Die Maschine müsse dabei den Menschen nicht ersetzen, sondern ergänzen. Die Industrie arbeite an Problemen wie ethischen Fragen.

Die Deutschen ermahnte er, sich intensiv mit Software zu beschäftigen. „Das deutsche Ingenieurswesen war immer das beste der Welt.“ Aber bei der Software-Revolution sei Deutschland teilweise spät dran gewesen. Bei der Industrie 4.0 sei das Land nun vorn mit dabei, müsse aber eine Software-Community mit Themen wie Maschinellem Lernen und Cloud Computing aufbauen.

Der Besuch Schmidts stand unter dem Motto „Isar Valley trifft auf Silicon Valley“. Schließlich ist die TU München eine der drei Exzellenzuniversitäten Deutschlands. Die Hochschule gilt als eine der innovativsten, es gibt zahlreiche enge Kooperationen mit Unternehmen aus der Wirtschaft.

Es gab zwei Anlässe für Schmidts München-Visite: Die Münchener Sicherheitskonferenz und der Abschluss einer Partnerschaft zwischen Google und der TU. Der Suchmaschinenbetreiber ist das erste nicht-europäische Unternehmer, das Exzellenzpartner der Universität wird. Bislang zählen Konzerne wie Siemens, BMW, Nestlé und Clariant zu dem Kreis. Der Rahmenvertrag für gemeinsame Forschungsprojekte hat einen Schwerpunkt im Bereich der künstlichen Intelligenz. „Automation und Robotik sind wesentliche Elemente der vierten industriellen Revolution, die wir gerade durch den Fortschritt der künstlichen Intelligenz erleben“, sagte Schmidt.

Freundliche Worte gab es auch von TU-Präsident Wolfgang Herrmann. Er sei glücklich, „mit einem der innovativsten und visionärsten Unternehmen zusammenzuarbeiten“. Google wird eine Million Euro in die TUM Universitätsstiftung geben, die den akademischen Spitzennachwuchs unterstützt. Bislang haben rund 120 Unternehmen und Privatpersonen zum Kapitalgrundstock von derzeit 42 Millionen Euro beigetragen.

Für Google ist München ein wichtiger Standort. Vor zwei Jahren hat der US-Konzern ein neues Entwicklungszentrum mit heute bereits mehr als 500 Mitarbeitern eröffnet. Mitarbeiter aus aller Welt forschen hier mit Schwerpunkt Datensicherheit und künstlicher Intelligenz. Google lockt sie mit einem Fitness-Studio, Massagesesseln und einer Fahrradwerkstatt – und mit dem Hinweis darauf, dass das Münchener Oktoberfest von dem modernen Bau an der Hackerbrücke zu Fuß zu erreichen ist. Derzeit entwickelt ein Augmented-Reality-Team zum Beispiel eine Methode, um 3D-Scans von Räumen automatisch zu vervollständigen und zu analysieren.

Eric Schmidt war 2001 als erfahrener Manager vom Softwarehersteller Novell zusätzlich zu den Gründern Page und Brin zu Google geholt worden. Als er kam, war Google noch eine kleine Internetfirma, erst Schmidt machte sie als Vorstandschef groß und mächtig. Nach zehn Jahren gab er den Chefposten an Page ab und wurde Vorsitzender des Verwaltungsrats. Ende vergangenen Jahres kündigte er seinen Rückzug von der Verwaltungsratsspitze der Google-Holding Alphabet an. Er blieb als einfaches Mitglied im Board von Alphabet und fungiert als technischer Berater.

Schmidt blickte auf seine Zeit bei Google zurück. „Ich habe auch viele, viele Fehler als CEO gemacht“, sagte er. Als Beispiel nannte er den Onlinedienst Google Wave, der kurz nach seiner Vorstellung wieder kassiert wurde. Es sei immer schwierig, wann man ein neues Angebot wieder einstelle, weil es nicht angenommen werde. Aber Google habe als erstes die Chancen der Internetsuche erkannt und dann den besten Algorithmus entwickelt. „Der Wert der Suche war anfangs unterschätzt worden.“ Angehenden Jungunternehmern, wie sie im Auditorium saßen, empfahl er, die richtige Atmosphäre zu schaffen, in der auch kreative Diven und andere außergewöhnliche Menschen produktiv sind.

Nach nicht einmal einer Stunde beendete Schmidt seinen Besuch. Auch als technischer Berater ist der Terminkalender des Managers voll.

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