Joachim Scholtyseck im Interview "Günther Quandt war ein geschickter Opportunist"

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"Die NS-zeit ist ein wichtiges, zentrales Thema"

Scheuen die Unternehmen heute wieder die Erforschung der NS-Zeit?

Selbst wenn es so wäre, es hilft doch nichts. Nach den Banken und Aktiengesellschaften rücken jetzt die Familienunternehmen in den Fokus des öffentlichen Interesses, die Oetkers, Brenninkmeyers oder Boehringers. Die NS-Zeit wird ein wichtiges, zentrales Thema für das Selbstverständnis der Bundesrepublik bleiben. Und die Unternehmen, auch die mittleren, sind gut beraten, wenn sie sich dieser Vergangenheit stellen, weil die kritische Auseinandersetzung mit der Familienhistorie auf lange Sicht der bessere Weg ist. Es hat keinen Sinn, einen Schlussstrich ziehen zu wollen oder wie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren Jubelschriften zu verfassen. Man muss die eigene Vergangenheit ungeschönt zur Kenntnis nehmen – mit ihren guten und schlechten Seiten. Das kann schmerzhaft sein, wie der Fall Quandt zeigt, aber auch befreiend.

Eignen sich Günther und Herbert Quandt noch als Namensgeber einer Stiftung und eines Journalistenpreises?

Ich halte nichts davon, die Erinnerung an die Vorfahren im Sinne einer Damnatio memoriae zu tilgen. Das 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Extreme, im Guten wie im Schlechten. Genau das zeigt der Aufstieg der Quandts.

War Günther Quandt in irgendeiner Weise vorbildlich?

Nein.

Und Herbert Quandt?

Bis 1954, als er die Führung des Unternehmens übernimmt, sicher auch nicht. Seine Leistung bei der Rettung von BMW steht auf einem anderen Blatt. 

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