Kaffeefilter-Hersteller Melitta: Wie sich ein Unternehmen mit Allerweltsware durch die Krise schlägt

Wie schlägt sich ein Unternehmen mit Alltagsware und homöopathischen Neuerungen durch? Der Kaffeefilter-Erfinder Melitta schafft das schier Unmögliche. Der Erfolg gibt der Strategie des Unternehmens Recht, wie die heute vorgestellten Zahlen belegen.

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Thomas und Stephan Bentz: Wenig Fortune mit neuen Geschäftsmodellen Quelle: Stefan Kröger für WirtschaftsWoche

Wenn die Brüder Bentz am Donnerstag Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr ziehen, dann werden sie wieder von ihren tollen neuen Produkten schwärmen: von den Dampfgarbeuteln für die Mikrowelle und von der Alu-Folie mit den Kraftwaben, von den Deo-Perlen für den Staubsaugerbeutel mit der Duftnote Südsee Magnolie und von den Kaffeepads, die so lustige Namen tragen wie Wachküsser, Schaumschläger oder Milchbubi.

So sind sie halt, die Brüder Bentz, der Thomas und der Stephan, die beiden persönlich haftenden Gesellschafter der Firma Melitta aus Minden in Westfalen. Nur wenigen Unternehmern in Deutschland gelingt es, mit tiefgrauer Alltagsware so lange Zeit zu überdauern, ohne vom Markt gefegt oder von der Konkurrenz gefressen zu werden. Als hätte sich in den rund Hundert Jahren, seit Großmutter Melitta Bentz den Kaffeefilter erfand, nur wenig geändert, setzen die beiden Enkel, so scheint es, auf homöopathischen Fortschritt. Was die Unternehmensgruppe mit gut 3.000 Mitarbeitern verlässt, ist von der Sorte Allerwelt pur: Kaffee und Filtertüten (Melitta), Müll-, Gefrier- und Brotbeutel, Alu- und Frischhaltefolien (Toppits), Reinigungstücher und Staubsaugerbeutel (Swirl) sowie Kaffeemaschinen.

Entsprechend wird auch am Donnerstag wieder alles sein wie beim jährlichen „Dinner for one“ zu Silvester: Melitta wird wieder ein leichtes Umsatzwachstum erzielt haben, ein paar gute Sparten werden die Schwächen der schlechteren ausgeglichen haben, Melitta suche ständig nach neuen Geschäftsfeldern, habe aber noch keine gefunden. Die Ertragsziele indes werden wiederum nicht erreicht worden sein.

Innovatiönchen statt ertragreiche Ideen

Seit rund zwei Jahrzehnten ist das nun schon so in Minden. Die Erlöse dümpeln um die Milliarde Euro, die Rendite vor Steuern liegt deutlich unter der selbst gesteckten Zielvorgabe „fünf Prozent“. Die Belegschaft schrumpft seit Jahren wie Frischhaltefolie in der prallen Sonne – und wie die meisten Märkte, in denen das Unternehmen ruht. Filterkaffee und Kaffeefilter? Kommen zunehmend aus der Mode und werden von Pads und Vollautomaten ersetzt. Staubsaugerbeutel? Immer mehr Dreckschlucker brauchen keinen Staubsack mehr. Alufolie und Brotbeutel? Die Eigenmarken der Handelskonzerne sind viel billiger. Statt bahnbrechender Neuheiten tröpfeln Jahr für Jahr allenfalls Innovatiönchen: Wie wär’s mit einer Prise Duft hier oder etwas mehr Reißfestigkeit dort.

Thomas und Stephan verkörpern wie nur wenige ihrer Zunft unternehmerische Konstanz in reinster Form. Mit Nuancen an Veränderungen der Konkurrenz eine Nasenspitze voraus zu sein, ohne damit das dicke Geld zu verdienen, das macht den beiden so schnell niemand nach. „Unsere Innovationen sind sicher nicht immer weltbewegend. Das liegt schon allein an der Natur unserer Produkte, die nicht ständig technische Quantensprünge zulassen“, sagt der 59-jährige Stephan Bentz. Dennoch würden auch kleinere Verbesserungen in Funktion und Design helfen, die Marken immer wieder von den Wettbewerbsprodukten zu differenzieren. Trotzdem haben Rewe, Edeka, Aldi & Co. mit preiswerten Eigenmarken bei Alufolien, Müllbeuteln und Filtern mit Marktanteilen von 70 Prozent und mehr gegenüber Melitta die Nase vorn

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