Kartellamt und Benzinpreise Lahme Erkenntnis vom Kartellamt

Es ist schon verwunderlich, daß unsere Kartellamt Jahrzehnte lang braucht, um herauszufinden, was jeder Führerscheinneuling weiß: Tankstellenbesitzer richten ihre Preise nach denen des Nachbarn. Ein Gastkommentar von Ferdinand Dudenhöffer.

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Die Preistafel der Tankstelle Quelle: dapd

Ähnlich ist es mit den seltsamen Regeln, daß angeblich zu Ostern oder Weihnachten oder Sonntags beziehungsweise zu Wochenende der Sprit teurer ist. Das ist eher die Geschichte vom Weihnachtsmann oder Osterhasen, die so entstehen, daß man fünf Tage sich was anschaut und dann am sechsten Tag glaubt, man hat die Welt verstanden.

Oligopoltheorie

Die Preisstruktur im Benzin- und Dieselmarkt ist schon was komplexer. Um die zu erklären – und dann auch zu prognostizieren - braucht man ein ökonomische Theorie, genauer gesagt, die Theorie über Oligopole, die das Preisverhalten in Oligopolen erklärt. Oligopole sind fragile Konstrukte und Gleichgewichtssituationen kommen schnell aus dem Lot. Wenn ein Oligopolist den Preis senkt, um seinen Marktanteil zu erhöhen, um den Wettbewerber aus dem Markt zu drängen, reagiert der Wettbewerber in der Regel sofort. Der Erfolg ist damit eher negativ, denn der Oligopolist hat dann dazu beigetragen, daß sein Marktanteil gleich bleibt, aber sein Gewinn sinkt. Also verhält sich der Oligopolist eher vorsichtig und zettelt keinen Preiskrieg an. Bei Preiskriegen verlieren Oligopolisten.

Oligopole lassen sich Zeit mit Preissenkungen

Genau deshalb haben wir ein asymmetrischen  Preisverhalten im Benzin- und Dieselmarkt. Wenn die Kosten sinken, etwa weil der Rohölpreis sinkt, dauert es ein paar Tage länger, bis die Benzinpreise ebenfalls sinken. Man wartet auf den Nachbarn, und wenn der nichts am Preis dreht, bleibt man besser ruhig. Diese zähe Reaktion ist seit langem im Tankstellenmarkt beobachtbar. Das hat nichts mit Freitag, Ostern oder Weihnachten zu tun, sondern mit dem Verhalten von Oligopolisten. Wer nur stur Preise beobachtet, bleibt damit auf dem Holzweg, wie etwa der ADAC, der schon neue ökonomische Gesetze am verkünden ist.

Schiff im Duisburger Hafen: Quelle: dpa/dpaweb

Gehen die Kosten hoch, reagieren die Oligopolisten sehr schnell. Würde er nicht reagieren, würde er ja versuchen Marktanteile zu gewinnen und einen Preiskrieg einleiten, bei dem er auf jeden Fall verliert. Die Kosten müssen dabei nicht unbedingt aufgrund des Anstiegs der Rohölpreises steigen. Ein trockender Sommer mit Flüssen, auf denen Tankschiffe nur halb beladen werden können oder ein kalter Winter mit zugefrorenen Flüssen wirkt wie ein Steigen des Rohölpreises.

Das gleiche gilt für den Euro/Dollarkurs. Öl wird in Dollar fakturiert, also reagiert der Angebotspreis auf den Wechselkurs. Oder die Raffineriekapazität. Fragen die US-Amerikaner etwa mehr Benzin nach, dann schicken unsere Ölkonzerne Benzin nach USA. Da die Raffinierkapazität bei uns beschränkt ist und da nicht mehr produziert werden kann, steigt der Preis an unseren Zapfsäulen. Es gibt also eine ganze Reihe von Gründen, die nichts mit dem Osterhasen oder Weihnachtsmann zu tun. Die Tankstellenpreise mit dem Osterhasen zu verknüpfen ist eher niedlich.

Struktur der Ölkonzerne definiert Preisreaktionen

Alle Mineralölkonzerne unterscheiden in ihrem Geschäfts zwischen Up-Stream und Down-Stream-Aktivitäten. Up-Stream ist die Ölförderung. Sobald der Ölpreis über 40 US-Dollar liegt wird mit dem Up-Stream-Geschäft fest Geld verdient. Up-Stream ist die eigentliche Gelddruckmaschine der Ölkonzerne. Das spannende am Mineralölgeschäft ist also nicht die Tankstelle, sondern die Ölquelle und eventuell die Raffinerie.

Im Downstream-Geschäft, also bei den Tankstellen, wird kaum Geld verdient. „Up-Stream“ verkauft Benzin an Downstream und Downstream sitzt in der Kostenklemme. Deshalb können auch freie Tankstellen kaum das Preisgefüge beeinflussen. Die kaufen an den klassischen Raffinerien – eben vom Up-Stream Arm des Mineralölkonzerns. Die Empfehlung des ADAC, sich auf mehr freie Tankstellen zu konzentrieren, geht also genauso am Markt vorbei wie die Geschichte mit dem Osterhasen und kann relativ wenig bewirken..

Staat verdient am meisten

Im Downstream wird üblicherweise das Geld mit dem Schokoriegel an der Tanke verdient. Tanken haben keine gesetzlichen Ladenöffnungszeiten und daher einen Sonderstatuts beim Shop-Geschäft, dem wahren Gewinnbringer beim Downstream.

Wenn man jetzt wirklich mal schaut, wo das meiste Geld von Liter Benzin hängen bleibt, ist man schnell beim Finanzminister. In Luxemburg verlangt der Finanzminister 0,462 Cent pro Liter Benzin, in Deutschland immerhin 0,655 Cent. Und auf das ganz kommt dann nochmals die Mehrwertsteuer, die in Luxemburg 15% beträgt und bei uns 19%. Bei Beachtung der Mehrwertsteuer kostet damit der Liter Benzin in Luxemburg 25% weniger als in Deutschland. Schade, daß es hierfür kein Kartellamt gibt.

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