"Katastrophe" für Korruptionsabwehr Revisoren schlagen Alarm gegen neues Datenschutzgesetz

Die internen Ermittler der deutschen Unternehmen fürchten eine massive Ausweitung der Korruption, weil ihnen die am 1. September in Kraft tretende Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes wichtige Datenanalyse-Instrumente aus der Hand nimmt.

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Volker Hampel, Mitglied der Geschäftsführung des Deutschen Instituts für Interne Revision (DIIR) in Frankfurt: Für „potenzielle Schmiergeldgeber“ ist die Regelung fantastisch – für alle anderen „eine Katastrophe“. Der neue Paragraf 32 des Bundesdatenschutzgesetzes, so Hampel in der WirtschaftsWoche, „verbietet den Unternehmen indirekt, personenbezogene Angaben wie Überweisungsdaten oder Adressen bei der Vorbeugung gegen Wirtschaftskriminalität zu benutzen“.

Nur wenn dokumentierte Nachweise vorlägen, dass eine Straftat begangen wurde, sei nach dem Wortlaut dieses Paragrafen die Verwendung personenbezogener Mitarbeiterdaten noch erlaubt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar interpretiert die neue Vorschrift zwar anders, räumt im Interview mit der WirtschaftsWoche aber ein: „Die Vorschrift ist zugegebenermaßen allgemein gehalten und bedarf der Interpretation und Konkretisierung bezogen auf den jeweiligen Anwendungsfall.“ Es fehle darin eine „explizite Regelung für die Prävention gegen Korruption“. Die „Missverständnisse bei der Auslegung“ der Neuregelung solle in der nächsten Legislaturperiode ein eigens zu schaffendes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz ausräumen.

Hampel beklagt: „Die Gesetzesnovelle schafft Rechtsunsicherheit.“ Die neuen Paragrafen und die Datenskandale mehrerer Konzerne wie Deutsche Bahn und Lidl hätten in den letzten Monaten dazu geführt, „dass viele Revisionsleiter sich zurück halten bei Datenanalysen jedweder Art, sogar bei der Analyse von Geschäftsdaten“. Selbst diese fänden aus Angst vor Imageproblemen nur noch eingeschränkt statt. Vorstände untersagten den Revisionsabteilungen „Datenanalysen jedweder Art“, die etwa für die Aufdeckung von Schmiergeldverbindungen unerlässlich seien: „“Wir können nicht mehr Kontodaten von Beschäftigten und Überweisungen des Unternehmens mit Hilfe gängiger Computerprogramme gleichzeitig auf Auffälligkeiten prüfen. In Unternehmen mit 10 000 Buchungsvorgängen am Tag kann sich der Revisor nicht am Ende des Jahres an den Schrank stellen und Belege sichten.“

Auch das Herausfiltern auffälliger Zahlungen aus umfangreichen Datenbeständen sei jetzt tabu. Hampel: „Das hilft nicht den rechtstreuen Arbeitnehmern, sondern den für Korruption anfälligen. Das schadet der Wirtschaft insgesamt.“ In deutschen Unternehmen arbeiten rund 25 000 Revisoren, deren berufsständische Vertretung das DIIR ist.

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