Klaus Ewald Holst im Interview "Die EWE möchte die Verbundnetz Gas feindlich übernehmen"

Klaus Ewald Holst, Chef des ostdeutschen Gasversorgers VNG, über den Krach mit seinem Haupteigentümer EWE.

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Klaus Ewald Holst

WirtschaftsWoche: Herr Holst, der Haussegen zwischen Ihrem Unternehmen und dem VNG-Hauptaktionär EWE aus Oldenburg hängt schief. Warum?

Holst: Die EWE hält ihre Zusagen nicht ein und unterläuft damit auch die Ministererlaubnis aus dem Jahr 2002, die den Weg für die Übernahme der Ruhrgas durch die E.On freimachte. Die Ruhrgas war damals mit knapp 37 Prozent unser größter Aktionär, der unsere Entwicklung nachhaltig positiv unterstützt hatte. Leider musste sie ihren Anteil verkaufen, damit sich die VNG zu einem potenten Wettbewerber auf dem deutschen Gasmarkt entwickelt, der auch E.On Konkurrenz macht. Die EWE bekam den E.ON-Anteil, nachdem sie allen, auch dem Kartellamt, diese Stärkung der VNG zugesichert hat. Das ist ausgeblieben.

Was für Zusagen sind das?

Wir wollten für diese Aktivitäten eine Führungsholding mit Sitz in Potsdam gründen. Das ist nicht erfolgt. Außerdem sollte die Entwicklung des internationalen Ferngas- und Speichergeschäfts der VNG vorangetrieben werden. Das ist nicht geschehen.

Was steckt dahinter?

Ich habe den Eindruck, dass die EWE die VNG feindlich übernehmen möchte.

Wie soll das funktionieren?

Die EWE will den Zusammenhalt des ostdeutschen Kommunalverbundes VUB aufbrechen, der eine Sperrminorität von über 25 Prozent an der VNG hält. EWE macht den Stadtwerken Jena gerade ein Angebot, ihren Anteil von knapp über einem Prozent an die EWE zu verkaufen. Damit wäre das Kommunalpaket entwertet, die EWE würde versuchen die VNG zu übernehmen – ohne sich an Zusagen und Verträge zu halten.

Es soll auch politischen Gegenwind geben.

Seit der Einheit besteht Einigkeit, dass auch Ostdeutschland mehr eigenständige Unternehmen haben muss, wenn der Aufschwung selbsttragend sein soll. Die niedersächsischen EWE als unser Hauptaktionär ignoriert das. Die Konferenz der ostdeutschen Ministerpräsidenten monierte diese Haltung gerade ganz klar.

Was sagt Ihr Aktionär Gazprom dazu?

Sowohl Gazprom als auch BASF/Winters-hall halten sich da zurück. Wir wissen aber, dass sie mit uns noch intensiver zusammenarbeiten und mehr Verantwortung übernehmen wollen.

Das wird wenig Eindruck auf EWE machen...

...ja, aber die Sache hat einen Haken: Es gibt einen Vertrag zwischen den zwölf kommunalen VNG-Anteilseignern, die in der VUB zusammengeschlossen sind. Der besagt, dass die Kommunen untereinander ein Vorkaufsrecht haben. Das wird von Jena ignoriert. Dagegen klagen Gesellschafter der VUB gerade.

Was spricht gegen die EWE als Investor bei VNG? Aktionär bei EWE ist der Energiekonzern EnBW, der von württembergischen Kommunen beeinflusst wird. Da bekommen Sie doch einen ganz starken Partner.

Wer Zusagen nicht eingehalten hat, wird das auch in Zukunft nicht tun. Im Übrigen sind wir auch der Garant für die Versorgungssicherheit in Ostdeutschland und natürlicher Partner der hiesigen Kommunen in einer Zeit turbulenter Energiemärkte. Das ist wichtig für die Stärkung der Region. Ich befürchte, dass bei einer Schwächung des kommunalen Einflusses die VNG auf eine schiefe Ebene kommt. Eigenständigkeit und Sitz kämen ins Rutschen. Konzernzentralen im Osten sind rar.

Was haben Sie gegen EnBW, die mit dem Versorger Enso in Sachsen hoch angesehen ist?

Gar nichts. Ich kenne EnBW-Chef Hans-Peter Villis noch aus seiner Zeit als Chef der Stadtwerke Magdeburg – und Enso ist sogar unser Kunde. Sorgen macht uns unser Großaktionär EWE, der sich einen anderen strategischen Partner gesucht hat, um seine Ziele zu erreichen.

Was beweist das Ihrer Meinung nach?

Dass die EWE zu schwach ist, um die Energieregion Ostdeutschland mit der VNG nachhaltig zu stärken. Das Experiment EWE ist gescheitert.

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