Konsumgüter Wie Henkel mit Schwarzkopf die Konkurrenz jagt

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Henkel-Vorstand Hans van Bylen Quelle: Rüdiger Nehmzow für WirtschaftsWoche

Van Bylen übernimmt das Ruder allerdings zu einer Zeit, als bei Henkel kaum noch jemand einen Pfifferling auf das Geschäft mit Deos und Duschbädern gibt. Fa und Konsorten dümpeln vor sich hin, der Umsatz stagniert, eine klare Stoßrichtung ist nicht erkennbar. Das Geschäft mit der Schönheit gilt in der Düsseldorfer Konzernzentrale als Verkaufskandidat – erst recht, nachdem die Übernahme von Wella im Jahr 2003 scheitert und der Darmstädter Konzern vom Henkel-Rivalen Procter & Gamble geschluckt wird. Van Bylen weiß, entweder ihm gelingt die Rettung, oder er kann gehen.

Herr van Bylen, wie haben Sie das Kosmetikgeschäft im Henkel-Konzern wieder salonfähig gemacht?

Absolute Priorität hatte die Fokussierung der Sparte. Nicht so groß zu sein kann auch ein Vorteil sein. Und so haben wir uns aus Märkten verabschiedet, in denen wir seinerzeit chancenlos waren; etwa aus Korea und einigen lateinamerikanischen Ländern. Parallel dazu haben wir kleinere Marken sowie unsere Parfümaktivitäten verkauft. Zusätzlich konnten wir auch die Zahl der Produktionsstandorte verringern, die Komplexität reduzieren und im Gegenzug die Werbeausgaben auf unsere vier Kernbereiche Haar, Körperpflege, Haut und Mundhygiene konzentrieren. Und ganz wichtig: Wir haben den Innovationsprozess optimiert. Erfolgreiche Neuheiten basieren mittlerweile auf einem klar strukturierten Innovationsprozess und einer starken Innovationskultur. Alle Mitarbeiter fühlen sich für Innovationen verantwortlich

O, là, là, das klingt aber sehr nach dem Einmaleins der Unternehmensberatung...

...ist es aber nicht. Wir haben beispielsweise vor drei Jahren einen professionellen Trendwatch installiert. Das ist eine Intranet-Plattform, die immerzu von internationalen Trendscouts und Trendagenturen gefüttert wird und auf die jeder Mitarbeiter aus Marketing, Marktforschung und Produktentwicklung zugreifen kann, und zwar weltweit. Daneben haben wir eine sogenannte Inno-Lounge eingerichtet, ebenfalls eine Intranet-Plattform, in die jeder Mitarbeiter seine Ideen und Anregungen für neue Produkte einstellen kann. So kriegen wir ungefiltert alle Ideen sofort bis in die obersten Führungsetagen.

Unternehmenseigene Innovationsvorschläge

Die Ideenschleudern auf Internet-Basis zahlen sich für Henkel aus. Ihr Erfolg basiert ganz offenkundig darauf, dass jeder Mitarbeiter anonym Ideen einreichen kann, ohne dass er sich für allzu spinnerte Ideen oder Absagen schämen müsste. Nach einer Woche erhält der Mitarbeiter dann eine Einschätzung aus dem Top-Management, ob und wie seine Idee im Unternehmen weiterverfolgt wird. Erst dann wird die Eingabe personalisiert.

So war es auch bei Beatrice Billot. Die Brand Managerin aus Düsseldorf hatte die Idee, die Fähigkeit von Reis, Feuchtigkeit zu absorbieren, für ein Körperpflegemittel zu nutzen. Heraus kam das Fa-Deo ReisDry, das seit gut einem Jahr im Handel ist und gegen Achselschweiß hilft.

Cranberry-Duschbad und Hygiene-Seife

Wenn van Bylen solche Geschichten erzählt, dann ist er in seinem Element. Sein flämisch durchwobenes Deutsch überschlägt sich fast, wenn er über den „Erfolsch“ der „Prodükte“ und die erstmals im vergangenen Jahr erzielten drei Millionen „Öro“-Umsatz schwärmt.

Ein ums andere Produkt zaubert er aus der schwarzen Kiste, die ihm seine Leute präsentieren: Duschbäder in der Duftrichtung Cranberries, Zahnpasta mit Zahnweißer und Mundwasser, ein Schauma-Shampoo zur angeblichen Vorbeugung von Haarausfall, Hygiene-Flüssigseife der Marke Fa und neue Produkte der Haarpflegemarke Syoss. Ohne sich selbst dafür ins Zeug zu legen, da ist sich van Bylen sicher, fände er nicht ständig so viel Neues in seiner Kiste.

Herr van Bylen, was tun Sie persönlich, damit Ihre Innovationsmaschine auf Hochtouren läuft?

Ich mache mir bewusst, dass alles, was ich tue, wo ich Prioritäten setzte, Signalwirkung für die gesamte Organisation hat. Wenn ich in der Henkel-Kosmetik-Welt unterwegs bin, dann will ich zum Beispiel vor Ort immer die fünf Top-Talente sehen und mit ihnen reden. Das sind 10 bis 15 Minuten pro Mitarbeiter, alles in allem also gut eine Stunde. Diese Zeit nehme ich mir. Das hat auch Vorbildcharakter für andere Führungskräfte. Jeder Mitarbeiter merkt, aha, der Hans van Bylen kümmert sich und legt Wert auf Mitarbeitergespräche, also sollte ich das auch tun.

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