Korruptionsaffäre Ex-Siemens-Chef Kleinfeld zahlt und will seine Ruhe

Der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld - heute Lenker des Alu-Konzerns Alcoa - zahlt zwei Millionen Euro als Schadensersatz an seinen ehemaligen Arbeitgeber - will aber keinen Schaden angerichtet haben. Ein Kommentar von WirtschaftsWoche-Reporter Andreas Wildhagen.

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Klaus Kleinfeld, Heinrich von Pierer: Den beiden ehemaligen Siemens-Lenkern droht ein Ermittlungsverfahren der US-Börsenaufsicht Quelle: dpa

Klaus Kleinfeld galt lange Zeit als unschuldig im Schmiergeldfall Siemens. Dort waren 1,3 Milliarden Euro auf schwarze Konten geflossen, um auch Potantaten in Schwellenländern mit Hilfe dieser Gelder zu schmieren und somit an Staatsaufträge zu kommen. Ins Fadenkreuz der Ermittler der US-Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton, die Aufsichtsratschef Gerhard Cromme zur Aufdeckung der Affäre beauftragte, geriet fast der gesamte frühere Vorstand von Siemens.

Gegen Kleinfeld wurden die Vorwürfe allerdings nie laut geäußert. Man wollte ihn offenbar schonen. Seine Mitwisserschaft im Korruptionssumpf bei Siemens ist besonders undurchsichtig. Bisher wehrte sich Kleinfeld vehement dagegen, in den Fall hineingezogen zu werden.

Nun will er nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" Siemens zwei Millionen Euro Schadensersatz zahlen, legt aber Wert darauf, so heißt es weiter, damit keinesfalls einen Schaden anzuerkennen. Wie das geht, muss er wohl noch erklären, so widersprüchlich ist diese Mitteilung. Im Nebel befindet sich auch sein damaliger Rücktrittsgrund vom Chefposten bei Siemens.

Pierer bleibt Erklärung schuldig

Cromme zögerte damals nach offizieller Lesart mit dem Versprechen, den Vertrag von Kleinfeld zu verlängern, so dass Kleinfeld selbst den Weggang von Siemens verkündete. Das sollte stark, selbstbewusst und unschuldig klingen. Nun die zwei Millionen Euro Schadensersatz. Wie passt das zusammen?

Bei Siemens hält man sich heute über die Vorgänge bedeckt. Es steht noch eine Erklärung des früheren, langjährigen Vorstandschefs Heinrich v. Pierer aus, der in einem außergerichtlichen Vergleich sechs Millionen Euro zahlen soll. Wenn Kleinfeld, der wesentlich kürzer als Pierer an der Spitze des damals korrupten Konzerns stand, nun Schadensersatz zahlt, dann gerät auch der frühere "Mr. Siemens" gefährlich unter Zugzwang.

Mitte November soll er sich der Siemens AG gegenüber erklären. Sonst will der heutige Vorstand per Gericht gegen Pierer vorgehen. Mitte November ist jetzt. Es müsste also bald eine Entscheidung von Pierers kommen. Kleinfeld hat geliefert.

Kleinfeld ist bei Siemens also offenbar vorerst aus dem Schneider und hält sich damit eine Menge Probleme in den USA vom Hals. Dort ist er Chef des börsennotierten Alcoa-Aluminiumkonzerns, und die Börsenaufsicht SEC ist nicht zimperlich mit den Chefs solcher Unternehmen, die mutmaßliche Mitwisser von weltweiter Korruption sind oder waren.

Kleinfeld will zwar kein Mitwisser gewesen sein, zahlt gleichwohl Schadensersatz. Warum er den Prozess mit Siemens scheut, bleibt sein Geheimnis. Ein solches Tribunal könnte ihm natürlich als Alcoa-Chef schaden. Zu viel schmutzige Wäsche könnte vor Gericht gewaschen werden, die - obwohl Kleinfeld nach eigener Lesart unschuldig - dennoch auf ihn abfärben könnte. Das öffentliche Image mag solche Prozesse mit Zeugenaussagen und gegenseitigen Beschuldigungen nicht.

Gleichzeitig hat das US-Justizministerium klar gemacht, dass der Ex-Siemens-Vorstand mehr als einmal dem Prüfungsausschuss, der den Korruptionszahlungen zum Teil auf der Spur war, nur unvollständige und nicht immer ganz richtige Informationen zukommen ließ. Das ist in den USA ein schwerer Sündenfall, der nicht wie eine Ordnungswidrigkeit behandelt wird. Auf Kleinfeld kann noch eine Menge Ärger in den USA zukommen.

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