Kostenexplosion Europas Konzerne ächzen unter hohen Rohstoffpreisen

Steigende Kosten für Eisenerz belasten Stahlindustrie und Autokonzerne. Asiatische Anbieter profitieren von eigenen Bezugsquellen. In eindringlichen Appellen haben die Stahlkonzerne und ihre wichtigsten Kunden die EU-Kommission aufgefordert, gegen die vermeintliche Preistreiberei der Rohstoffriesen vorzugehen.

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Vor allem die deutschen Stahlhersteller ächzen unter den hohen Eisenerzpreisen. Quelle: dpa

DÜSSELDORF. Auf die Stahlkonzerne in Europa und ihre wichtigsten Kunden rollt eine gewaltige Kostenwelle zu. Die kräftige Verteuerung wichtiger Rohstoffe um bis zu 100 Prozent gefährdet die internationale Wettbewerbsfähigkeit ganzer Industriezweige. Vor allem die deutschen Stahlkonzerne befinden sich in einer schwachen Position: Ihnen fehlt der Zugang zu eigenen Lagerstätten, sie sind deshalb dem Preisdiktat der Rohstoffgiganten Vale aus Brasilien sowie Rio Tinto und BHP Billiton aus Australien hilflos ausgesetzt. Diese drei Unternehmen kontrollieren knapp 70 Prozent des Welthandels mit Eisenerz.

Stürmische Zeiten stehen aber auch den großen Automobilherstellern in Europa bevor. Unternehmen wie Volkswagen, PSA Peugeot Citroën und Fiat drohen neben der Absatzkrise auf ihren Heimatmärkten zusätzlich höhere Stahlpreise. Dadurch könnten die leicht positiven operativen Margen wieder unter die Nulllinie rutschen. Grob gerechnet beträgt der Stahlanteil an den Produktionskosten eines Kleinwagens zehn Prozent.

In eindringlichen Appellen haben die Stahlkonzerne und ihre wichtigsten Kunden die EU-Kommission aufgefordert, gegen die vermeintliche Preistreiberei der Rohstoffriesen vorzugehen. Die von den Erzlieferanten durchgesetzten Preisaufschläge seien durch die tatsächliche Nachfrage nicht gerechtfertigt. Nach Ansicht des Stahllobbyverbands Eurofer gibt es sogar Hinweise auf verbotene Absprachen. Die europäische Autoherstellervereinigung Acea will von der EU-Kommission untersuchen lassen, ob die Minenkonzerne ihre Marktmacht missbrauchen. "So eine exzessive und unberechenbare Preispolitik belastet die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Industrie in Europa", warnte der Acea. Die Rohstoffkonzerne hatten in der vorigen Woche durchgesetzt, dass der Erzpreis nicht mehr jährlich, sondern quartalsweise festgelegt wird.

Die asiatischen Stahlhersteller dürften mit den künftig stärker schwankenden Erzpreisen gut zurecht kommen. Die Stahlnachfrage in China hat vor allem als Folge üppiger staatlicher Konjunkturprogramme wieder das Niveau vor der Krise erreicht.

Ganz anders die Lage in Europa. Der deutschen Stahlindustrie droht nach dem stärksten Geschäftseinbruch seit Jahrzehnten nun der nächste Rückschlag. Denn wegen der schwachen Nachfrage dürfte es den Unternehmen schwer fallen, die Verteuerung der Rohstoffkosten in voller Höhe an die Kunden weiterzugeben. Die deutsche Nummer eins Thyssen-Krupp beziffert den allein aus den höheren Erzpreisen resultierenden Anstieg der Produktionskosten auf 20 bis 30 Prozent. Besser steht Branchenprimus Arcelor-Mittal da. Der weltgrößte Stahlhersteller investierte noch vor der Krise gezielt in den Aufbau einer eigenen Rohstoffbasis. Wegen geringerer Kosten könnte Arcelor-Mittal Stahl günstiger anbieten als die Konkurrenz, sagte Branchenexperte Christian Obst von Unicredit.

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