Latte Art Cappuccino mit Figuren

Drachen, Schwäne oder Herzen: Baristas verzieren bei Latte Art den Cappuccino mit Figuren aus aufgeschäumter Milch. Gelingen sie, ist das Getränk auch optisch perfekt. In unseren Anleitungsvideos erfahren Sie, wie sie Muster in den Milchschaum zaubern.

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Luke Shaffer zeigt das Design Quelle: AP

Als der Zucker in Zeitlupentempo durch den Milchschaum sackte, fiel Medienberater Michael Braun die Kunstschändung auf. Der Löffel Zucker hatte ein großes Loch hinterlassen, das die perfekten Umrisse eines Herzens zerstört hatte. Der erfahrene Italienreisende hatte im Terminal am Flughafen Tegel mit vielem gerechnet – aber nicht mit einem Cappuccino, wie er in den besten Bars Italiens serviert wird: Mit cremigem Milchschaum, der flach in der Tasse abschließt und keinen Berg bildet. „Das kannte ich aus Italien und noch aus der Schumann’s Tagesbar in München“, sagt Braun.

So wie Braun geht es zurzeit vielen Menschen, die in Deutschland einen Cappuccino bestellen: Statt eines riesigen Berges festen Milchschaums auf dem Cappuccino schauen sie auf Muster von einem einfachen Apfel über Herzen bis zu Drachen oder gar Schwänen. Latte Art heißt die Kunst, die aufgeschäumte Milch so kunstvoll aus der Kanne in den Espresso zu gießen, dass die vergänglichen Bilder entstehen. Kaffee-Röstereien wie Segafredo, Lavazza oder Illy lehren in Kursen die richtige Zubereitung. Und auch in den zahlreichen neuen Kleinströstereien mit angeschlossenem Café legen die Betreiber neben der Qualität des Espressos inzwischen Wert auf den passenden Milchschaum.

Christopher Rapp beschäftigt sich mit dem Thema bereits seit seinem 16. Lebensjahr. Der Student arbeitet in Mannheim für das Unternehmen Coffee-Consulate. Angefangen hat er als Aushilfe in den Bars des Unternehmens, heute leitet er Latte-Art-Seminare für Profis und Laien. 2006 gewann er die Deutsche Barista-Meisterschaft, dieses Jahr konzentriert er sich auf seine Diplomarbeit in Betriebswirtschaftslehre. Die Kunst der Latte Art wollen nicht nur Gastronomen oder Mitarbeiter von Röstereien lernen, sondern auch viele Hobby-Baristas. Nach vielen verzweifelten Versuchen mit Figuren, die eher zu Rätseln wie beim Bleigießen taugen, suchen sie professionellen Beistand „Der Klassiker ist, dass ein Mann zwischen 50 und 60, der sich eine Kaffeemaschine zugelegt hat, von seiner Frau hier vor der Tür abgesetzt wird, weil sie ihm den Kurs geschenkt hat“, sagt Rapp.

Espresso-Maschine fast ein halbes Jahrhundert alt

Hinter der Tür erfahren die Schüler dann unter anderem etwas über die Anfänge des Milchschäumens seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Fast ein halbes Jahrhundert verging seit der Erfindung von Luigi Bezzera, der 1855 auf der Weltausstellung die erste Espressomaschine der Welt zeigte, bis die Maschinen industriell gefertigt und in großem Maßstab vertrieben wurden.

Wer daheim Milch gekonnt aufschäumen will, muss noch mehr lernen, etwa über Fettgehalt und Proteine in der Milch. „Entscheidend ist der Eiweißgehalt“, sagt Rapp, mindestens 3,3 Gramm pro 100 Milliliter sollte die Milch enthalten. Bis zu 50 Liter habe er in der Vorbereitung auf die Deutsche Meisterschaft pro Trainingstag verbraucht. Der Fettgehalt spiele keine so große Rolle, wie oft angenommen. Dass H-Milch besser zu schäumen sei als frische, gehöre ebenso zu den Mythen, die man beiseite räumen müsse – zumindest wenn das Ziel ein „Milchsoufflé“ sein soll, das auf dem Gaumen an die Konsistenz von Bierschaum auf einem Guinness erinnert.

Cremigkeit will auch Matthias Gerber erzielen, der für den Röster Illy in München seit einem Jahr an der hauseigenen Akademie Profis wie Laien ausbildet. Neben der Warenkunde, erzählt er, sei die Temperatur ganz wichtig.

Für Gerber ist ein Herz oder gar ein Farnblatt in einer der Illy-Bars in Deutschland das Zeichen für einen gelungenen Cappuccino. „Es geht bei Latte Art nicht allein um schöne Muster in der Milch“, sagt Gerber. Vielmehr seien Herzen und Farnblätter Beweis dafür, dass die Milch mit der richtigen Temperatur zubereitet wurde und die richtige Konsistenz besitzt. Ist sie zu heiß, wird sie fest und es verbrennen die Zuckermoleküle und der Geschmack ändert sich.

Das müssen auch viele deutsche Gäste tun, denn mit den Herzen und Farnblättern im Milchschaum verschwinden die löffelfesten Schaumberge auf den Tassen. „Das ihren Gästen zu vermitteln, dauert bei vielen Gastronomen oft länger, als die Figuren richtig zu erlernen“, weiß Rapp.

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