Logistik Warum Transportunternehmen von der Pleite bedroht sind

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Drohendes Fiasko

Und der Preisdruck ist gewaltig, um bis zu zehn Prozent sind die Frachtraten seit Ende vergangenen Jahres auf Talfahrt gegangen. Im ohnehin margenschwachen Geschäft geraten die Unternehmer dann ganz schnell in die Verlustzone. „Da die Transportkundschaft selbst von der Krise geschüttelt wird und kleine Speditionen keine Verhandlungsmacht haben, sparen sie bei den Transporteuren zuerst“, sagt Logistikprofessor Pfohl. Nahezu alle Fuhrunternehmen in Deutschland stehen auf der Kippe, da sie zu kaum noch kostendeckenden Preisen unterwegs sind. Damit werde sich „der Trend zur Konsolidierung zulasten der Kleinst-anbieter weiter verstärken“.

Überleben werden diejenigen, die frühzeitig die Weichen richtig gestellt haben. Der Gelsenkirchener Spediteur Hermann Grewer etwa wollte mit großen Logistikkonzernen nichts zu tun haben. Er wollte seine Kunden, für die er Waren ausfährt, immer „direkt und nicht als Subunternehmer betreuen“, sagt er. Der Ruhrpottler befolgte den Tipp seines Vaters und spezialisierte sich rechtzeitig.

Hinzu kam das Glück

Der Senior hatte schon 1956 zusammen mit einem Fahrzeughersteller den ersten Silo-Zug für den Transport von Quarzsand gebaut. Der nächste Coup, über den Branchenkollegen staunten, war ein Fahrzeug, das Grewer zum ersten europäischen Spediteur technischer Gase wie Wasserstoff machte. Bisher erledigten die Firmen solche Fahrten im eigenen Werksverkehr.

Hinzu kam das Glück. Der 66-Jährige veräußerte seine Gastransportsparte noch 2007 an Wettbewerber. Der Zeitpunkt sei perfekt gewesen. Weil die Krise noch nicht absehbar war, konnte er attraktive Konditionen aushandeln.

Grewer blickt optimistisch in die Zukunft, weil er sich vom Kilometerfresser zum Problemlöser wandelte. „Wenn es Kunden durch uns gelingt, Kosten zu sparen, wachsen wir mit ihnen“, sagt er. „Wenn die eine achteckige Palette mit lila Schleifchen haben wollen, machen wir das.“ Die Masche hilft ihm vor allem bei Mittelständlern mit speziellen Ansprüchen. „Was nützt denen eine tschechische oder ukrainische Spedition, die über Preisdumping akquiriert, aber deren Disponenten lediglich ihre Heimatsprache sprechen?“ Vor osteuropäischer Billig-Konkurrenz fürchtet sich Grewer nicht.

An der Realität vorbei

Größere Sorgen hingegen bereitet dem altgedienten Fahrensmann die geradezu „existenzvernichtende Erhöhung der Straßen-Maut“ im Januar 2009: „Sie ist deshalb für die Branche ruinös, weil sie uns mitten in der Wirtschaftskrise voll erwischt“, sagt Grewer. Die Mehrausgaben beziffert das Institut der deutschen Wirtschaft (DIW) auf bis zu 57 Prozent. Dumm nur, dass es kleinen Transportunternehmen nicht gelingt, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, zumal diese selbst von der gegenwärtigen Krise betroffen sind.

Obskur erscheint vielen die Intention der Bundesregierung, den Spediteuren das Umsteigen auf abgasärmere Lkws mit weniger Maut zu „versüßen“. Die Idee geht wegen der Krise an der Realität vorbei: „Sie werden zurzeit nur wenige Fuhrunternehmer finden, die in schadstoffarme Nutzfahrzeuge investieren, nur um eine niedrigere Maut zu zahlen“, sagt Grewer. Vielmehr bekommen die Transporteure ihre „alten Stinker“, wie die schadstoffreicheren Lkws in der Branche heißen, nicht vom Hof und verfügen damit nicht über das nötige Kapital für Neuanschaffungen. Der Verkaufswert der älteren Modelle – sie machen etwa 40 Prozent des Lkw-Bestandes aus – hat sich halbiert. Grewer rechnet für seinen Fuhrpark durch die Mauterhöhung mit 130 000 Euro Zusatzkosten im Jahr.

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