Luftfahrt Die Lufthansa und der arabische Alptraum

Die Dubai-Fluglinie Emirates ist auf dem Vormarsch - und die Lufthansa bekommt Respekt. Aggressive Expansion zu Traumbedingungen am Golf ermöglichen es Emirates, Passagiere abspenstig zu machen. Christoph Franz, der neue Chef der größten deutschen Airline, muss gegen den Vormarsch der Scheichs kämpfen.

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A380 der Lufthansa in Frankfurt:

FRANKFURT . Es sollte ein Scherz zum Jahresschluss sein. "Emirates kauft Airbus", titelte der Branchendienst Centre for Asia Pacific Aviation in seinem letzten Newsletter des Jahres 2010. Doch so offensichtlich der Scherz auch war, selbst Experten benötigten ein paar Minuten, um ihn als solchen zu identifizieren. So gewaltig ist der Expansionsdrang der Fluglinie vom Golf, dass selbst ein solches Szenario nicht unmöglich erscheint.

Längst zählt Emirates zu einem der wichtigsten Kunden der Flugzeughersteller. 30 Großraumflieger des Typs Boeing 777 hat Scheich Ahmed Bin Saeed Al-Maktoum, Chef der staatlichen Fluggesellschaft Emirates und Neffe des Staatsoberhaupts, vor einigen Monaten auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough bestellt. Beim Boeing-Konkurrenten Airbus gab er sogar insgesamt 90 A380 in Auftrag, eine rekordverdächtige Megaflotte. "Wir wollen die Emirates zur führenden Fluglinie der Welt machen und Dubai als führendes Drehkreuz des Luftverkehrs ausbauen", sagt Al-Maktoum. Daran ändert auch nichts, dass der Scheich wegen der Immobilienkrise derzeit externe Investoren zu einem Einstieg in seine Fluggesellschaft bewegen will.

Ein Ziel des Angriffs: die Lufthansa. Auch wenn die Deutschen, gemessen an Umsatz und Passagierzahl, noch fast dreimal so groß sind wie die Araber - als führender Anbieter von Langstreckenflügen hat Emirates die Kranichlinie schon jetzt überholt. 155 Langstreckenflugzeuge schickt Emirates rund um die Welt - einen Flieger mehr als die Deutschen.

Das Wachstum kann sich Emirates leisten. Während die Lufthansa 2009 einen Verlust verbuchte, stiegen die Araber mit einem operativen Gewinn von umgerechnet 739 Mio. Euro zur profitabelsten Airline der Welt auf. In zehn Jahren, erwarten Luftfahrtexperten, wird die Langstreckenflotte von Emirates doppelt so groß sein wie die der Rivalen British Airways und Lufthansa zusammen. "Emirates ist die große Herausforderung für alle etablierten Anbieter", sagt Marc Lapidus vom Flugzeugfinanzierer Doric Asset Finance. Lufthansa 30.12.2010 -->

Das Problem von Lufthansa: Emirates will gerade in Europa die ertragbringenden Geschäftskunden gewinnen. Statt mit der deutschen Fluglinie direkt von Frankfurt nach Tokio zu fliegen, sollen sie über das Drehkreuz Dubai geleitet werden. Bislang steuert Emirates in Deutschland nur Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg an, weil der Luftraum noch immer national reguliert wird. Doch die Scheichs hätten gern auch Stuttgart und Berlin im Programm. Noch blockiert die Bundesregierung die Expansionspläne. Doch angesichts der milliardenteuren Airbus-Käufe fällt es den Politikern immer schwerer, sich den Angreifern zu verweigern.

Die Scheich-Flugline profitiert zudem von Rahmenbedingungen, von denen die Konkurrenz nur träumen kann. Emirates kann auf die volle Unterstützung der Herrscherfamilie von Dubai setzen. Das Scheichtum verfügt nicht über so große Ölvorräte wie etwa das benachbarte Abu Dhabi und sucht deshalb nach anderen Einnahmequellen. Eine davon ist der Luftverkehr.

Lange Debatten über den Bau von Landebahnen wie etwa in Deutschland kennt man in den Golf-Staaten nicht. Vorteilhaft für Emirates ist auch, dass ihr Chef Scheich Ahmed bin Saeed Al-Maktoum gleichzeitig der Luftfahrt- und der Verkehrsbehörde vorsteht. "Unsere Lage im Mittelpunkt der Welt, unsere Möglichkeit, die Welt über Dubai zu verbinden, und das starke Wachstum etwa in Brasilien oder Asien machen uns sehr zuversichtlich", bringt Emirates-Manager Parker die Strategie auf den Punkt.

Und die wird vom Scheich getrieben, wo es nur geht. Beispiel Gebühren: "Wir zahlen die gleichen Lande- und Flughafengebühren in Dubai wie andere Airlines", versichert Parker. Doch die Bilanz des Unternehmens spricht eine andere Sprache.

Machen die Gebühren für Starts und Landungen bei Lufthansa immerhin fast 17 Prozent des Umsatzes aus, sind es beim Golf-Konkurrenten gerade gut zwei Prozent. Steuern muss Emirates übrigens auch nicht zahlen. Hinzu kommen niedrigere Personalkosten. Diese sind bei den Deutschen so hoch, dass Lufthansa auf der Kurzstrecke seit längerem Verluste einfliegt und auch ansonsten die operative Marge selbst in den besten Jahren kaum über sechs Prozent hinauskommt.

Nach Schätzungen von Luftfahrtexperten summieren sich die Kostenvorteile der Araber etwa gegenüber der Lufthansa auf bis zu 30 Prozent. Ein Flugzeug von Emirates fliegt damit bereits mit viel weniger Passagieren Gewinn ein als eins der Lufthansa. Geht es darum, neue Strecken zu etablieren, können die Araber deutlich länger durchhalten als die Deutschen. "Es herrscht hier keine Waffengleichheit", kritisiert die Lufthansa die Kostenvorteile des Konkurrenten vom Golf.

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