Lukrativstes Fußball-Imperium Die Erfolgsstrategie von Geldmeister FC Bayern

Meister, Pokalsieger und Sponsorenliebling – der FC Bayern stürmt schon vor Saisonstart an die Spitze. Wie funktioniert die lukrativste Geldmaschine der Fußballbundesliga?

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Martin Winterkorn, Quelle: dpa

Am Freitag, dem 20. August, bekommt Martin Winterkorn ab 20.30 Uhr ein Loyalitätsproblem. Wenn aus 45 Meter Höhe 232 Scheinwerfer das Rasenrechteck bis zum letzten Grashalm ausleuchten, laufen in der Münchner Allianz Arena die Bayern um Kapitän Mark van Bommel gegen den VfL Wolfsburg auf. Der Deutsche Meister ohne seinen verletzten Torjäger Arjen Robben trifft zum Auftakt der Saison auf den Vorjahres-Champion, Bayern-Präsident Uli Hoeneß auf seinen Bruder, den VfL-Manager Dieter Hoeneß – es steckt viel Brisanz in dem Duell. Auch für Winterkorn.

Denn der VW-Vorstandschef ist auf beiden Seiten vertreten. Volkswagen finanziert den VfL Wolfsburg, die VW-Tochter Audi hält Anteile an der Bayern München AG. Winterkorn selbst sitzt gemeinsam mit Audi-Chef Rupert Stadler sogar im Aufsichtsrat des FC Bayern, gemeinsam mit Top-Managern von Adidas, Deutscher Telekom, UniCredit (HypoVereinsbank) oder Burda-Medien. Eine vergleichbar illustre Runde hat kein anderer Verein in Deutschland zu bieten: Der Aufsichtsrat macht aus der Van-Bommel-Truppe die Werkself der Deutschland AG.

Vergangenes Geschäftsjahr sorgt für neuen Umsatzrekord

Die geballte Wirtschaftsprominenz symbolisiert die Erfolgsstrategie, mit der sich die Bayern in den vergangenen Jahren sowohl sportlich als auch finanziell an die Spitze der Liga gekickt haben. Allein 22 Mal wurden die Münchner in ihrer 110 Jahre langen Vereinsgeschichte Deutscher Meister, 15 Mal holten sie den DFB-Pokal, drei Mal den Europapokal der Landesmeister und einen Sieg in der Champions League. In den Vitrinen im zweiten Stock des Gebäudes an der Säbener Straße drängeln sich Dutzende Trophäen. Die einen lieben den FC Bayern dafür, die anderen hassen ihn. Aber unumstritten ist der ökonomische Erfolg.

Mehr als 153.000 Mitglieder hat der knallhart durchkommerzialisierte Club – so viele wie kein anderer Sportverein in Deutschland. Der Profibereich, die Bayern München AG, erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr inklusive Einnahmen aus der Arena die Rekordsumme von 350 Millionen Euro. Das ist fast doppelt so viel wie der Hamburger SV als zweitstärkster Verein schafft. "Die Marke Bayern München ist rund eine Milliarde Euro wert und damit einer der wertvollsten Clubs der Welt", sagt Herbert Hainer, Chef des Sportartikelherstellers Adidas, der mit neun Prozent Aktienanteil an der Bayern AG beteiligt ist.

Die Bayern sind die Meister der Sponsorengewinnung und -vernetzung. Mit hoch professioneller Vermarktung holen sie das Maximum aus dem Verkauf von Werbebanden oder Fanartikeln heraus. Siegeswille auf allen Ebenen – zugleich ist die Finanzplanung konservativ und solide. Also alles prima an der Isar? Wie stabil ist das Fundament?

Auf Hoeneß folgen Nerlinger und Jung

Den Anlass für diese Fragen liefert der Generationswechsel an der Spitze zum Saisonanpfiff: Uli Hoeneß, der 30 Jahre lang als Manager den Verein zu dem gemacht hat, was er heute ist, zieht sich als Präsident aus dem Tagesgeschäft zurück. Für ihn werden Christian Nerlinger als Sportdirektor und Andreas Jung als Marketingvorstand eingewechselt – klappt das? Oder verliert Deutschlands Nummer eins angesichts reicher Konkurrenten aus Chelsea, Manchester oder Madrid international an Boden?

Als Uli Hoeneß 1979 als Manager bei den Bayern anfing – eine Knieverletzung zwang den Weltklasse-Stürmer bereits mit 27 zum vorzeitigen Karriere-Ende –, fand er sich an einem komplett leeren Schreibtisch wieder: "An meinem ersten Arbeitstag bin ich in Anzug und Krawatte ins Büro gekommen, Notizbuch unterm Arm, bin ins Büro marschiert, da lag kein Blatt Papier, gar nichts", erinnert sich der Exnationalspieler. "Dann habe ich ein bisschen telefoniert und versucht ein Freundschaftsspiel auszumachen. Das ist nicht gelungen. Und dann bin ich nach drei Stunden wieder heimgegangen."

Machten die Bayern in der Frühzeit des Profifußballs einen Umsatz von gerade mal sechs Millionen Euro, wovon 85 Prozent aus den Ticketerlösen stammte, legte Hoeneß den Hebel um.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß (Mitte) Quelle: AP

Der Mann aus Ulm hatte schon als Spieler eine gute Nase fürs Geschäft: Nach dem WM-Titelgewinn 1974 brachte er für Aldi ein WM-Buch heraus. Jedem Band lagen Autogramme von Hoeneß und Paul Breitner bei. Das Werk verkaufte sich in wenigen Monaten 300.000 Mal.

Ideen für die Bayern-Vermarktung holte sich Hoeneß jenseits des Atlantiks. In den US-Profiligen schaute er sich vieles ab, etwa beim Football-Team der 49ers in San Francisco. Hoeneß studierte die Medienlandschaft, schaute bei Fernsehsendern hinter die Kulissen.

Gleichzeitig suchten immer mehr Unternehmen die Nähe zum Fußball. Das war ein langsamer Prozess, schließlich war der Kick lange Zeit alles andere als chic. Er galt als Malocher- und Unterschichtensport, nicht selten kam es rund ums Stadion zu Schlägereien. Das änderte sich in den Neunzigerjahren, als immer mehr Vereine zum Ärger vieler Fans die Stehplätze zugunsten teurerer Sitzplätze reduzierten, um auch Familien und Frauen anzulocken. "Uli Hoeneß hat es als Vorreiter geschafft, auch die Upper Class für den Fußball zu gewinnen", sagt der Düsseldorfer Kommunikationsberater Frank Wilmes. "Mit dem FC Bayern hat er ein über alle Klassen hinweg vermarktbares Produkt geschaffen." Die anderen Vereine hinkten Trendsetter Hoeneß und seinen Einfällen die meiste Zeit hinterher.

Rummenigge macht sich Sorgen um TV-Markt

Fußball wurde als Inhalt auch fürs Fernsehen attraktiver. Von den Privatsendern teuer bezahlte Bundesliga-Sendungen wie "Anpfiff" (RTL) und "ran" (Sat.1) machten immer mehr Kicker zu Stars. Allerdings flossen die TV-Gelder in Deutschland nicht halb so üppig wie etwa in England und Italien, wo vor allem das Bezahlfernsehen den Clubs Millionen in die Kassen spülte.

Die Bundesliga – wo alle Fernseheinnahmen in einen Topf kommen und nach einem festen Schlüssel auf die Vereine verteilt werden – muss bis heute mit wesentlich weniger TV-Geld auskommen und perfektionierte daher die Vermarktung. Lieber wären Exmanager Hoeneß die schnell verdienten Medien-Taler: "Um einen Euro wie beim Fernsehen zu verdienen, muss ich im Merchandising erst einmal vier bis fünf Euro einnehmen", sagt der Bayern-Macher und denkt dabei vor allem an die Personalkosten.

Besserung aus Sicht der Vereine, also höhere Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte als zuletzt 412 Millionen Euro für Erste und Zweite Liga, ist aber kaum in Sicht – im Gegenteil: Bezahlsender Sky macht seinem Ruf als Milliardengrab alle Ehre; gerade erst hat Besitzer und Medientycoon Rupert Murdoch eine erneute Kapitalspritze in Höhe von 340 Millionen Euro angekündigt.

Ob das reicht, ist angesichts stagnierender Kundenzahlen, starker Konkurrenz im TV-Markt und gleichzeitig hoher Kosten kaum zu erwarten. "Ich mache mir große Sorgen", sagt Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der an der AG-Spitze unter anderem für neue Medien, Öffentlichkeits- und Lobby-Arbeit zuständig ist. Liga und Bezahlsender sei es in 20 Jahren nicht gelungen, "Pay-TV in Deutschland wirklich zu etablieren".

Bayern setzt auf komplette Eigenvermarktung

In der Branche ist es ein offenes Geheimnis, dass die Liga für den Fall vorsorgt, dass Sky der Himmel auf den Kopf fällt. Längst besitzt der Dachverband Deutsche Fußball Liga (DFL) mit dem Kölner Unternehmen Sportcast eine eigene Produktionstochter, die für Rechtenehmer wie Sky, Telekom, ARD und ZDF die Bilder aller Liga-Partien produziert.

Vor einem Jahr bereits beantragte die DFL in Hessen die Zulassung für einen eigenen TV-Kanal, der gegen Bezahlung alte Fußball-Matches aus einem 40.000 Stunden umfassenden Archiv zeigen soll. Insider wittern dahinter längst mehr als nur einen "History Channel" – der Kanal könnte die Grundlage sein für einen eigenen Bezahlsender der Liga.

Grafik: Fanclub- und Vereinsmitglieder von Bayern München

Sollte der Wirklichkeit werden, wird sich indes an der zentralen Vermarktung und Verteilung der TV-Einnahmen nichts ändern. Branchenkenner gehen davon aus, dass es bei der Mischung aus zentraler TV-Vermarktung und dezentralem Verkauf aller übrigen Rechte wie Sponsoring bleibt, wo Marktkräfte frei wirken.

Hier behalten die Bayern ihre Trümpfe lieber selbst in der Hand – von Anfang an ein entscheidender Schachzug von Hoeneß: Trikot- und Bandenwerbung etwa verkaufen die Münchner auf eigene Rechnung, sie investierten in eine eigene Verkaufsmannschaft. Die Bayern profitieren dabei heute noch von Hoeneß’ jahrelanger Kärrnerarbeit, die ihnen einen gewaltigen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschaffte.

Auf komplette Eigenvermarktung nach Vorbild der Münchner setzen aktuell nur 5 der 18 Erstligisten. Die Mehrzahl der Bundesligavereine beauftragt Vermarktungsagenturen wie Infront, Sport-five, IMG oder Ufa Sports. Borussia Dortmund etwa wird vom Trikot bis zum Ticketing vom Vermarkter Sportfive verkauft. Beim 1. FC Köln besorgt das IMG.

Grafik: Sponsorenrangliste des FC Bayern München

Die Agenturen kaufen den Vereinen Rechte komplett ab, treten also in Vorleistung. Für viele ist das attraktiv, fließt doch auf einen Schlag viel Geld in die Kassen, und der Aufwand ist geringer. Doch sie geben Tafelsilber aus der Hand: Die Vermarkter kassieren anschließend Provisionen von bis zu 20 Prozent, die Vereine machen sich von ihnen abhängig und können ihre Kundschaft nicht direkt pflegen.

Auch das ist eine Stärke der Bayern: Sie knüpfen ihr eigenes Netz aus Kontakten und Geschäftspartnern. So lädt der Verein drei Mal im Jahr seine Sponsoren zu Workshops ein. Dabei bekommen neue Unterstützer die Gelegenheit, sich dem Rest der Truppe vorzustellen. Die Treffen seien eine glänzende Gelegenheit zum Netzwerken, sagt ein Teilnehmer.

Die Konferenzen finden zum Beispiel am Vereinsgelände in München statt – während draußen die Profis schwitzen, gibt es drinnen Kaffee und Kuchen. Es locken für die Bayern-Partner auch Auswärtsspiele, etwa im norditalienischen Trentino, der Partnerregion des Vereins, in der die Bayern-Profis gern ihr Trainingslager aufschlagen. Die versammelte Sponsorentruppe fährt gemeinsam hin – in Bussen des Bayern-Partners MAN. Und auf dem Rückweg kehrt die Schar schon mal bei der Fastfood-Kette Burger King ein – ebenfalls ein Bayern-Partner.

"Auf dicke Hose macht bei den Bayern keiner"

Die Unternehmen nutzen die so entstandenen Kontakte auch losgelöst vom Verein: Im vergangenen Oktober etwa taten sich Spielzeughersteller Lego (Bayerns "Offizieller Partner für Konstruktionsspielzeug") und die HypoVereinsbank zusammen, um im Hof der Münchner Residenz fürs "Guinness Buch der Rekorde" den mit 29,97 Metern welthöchsten Lego-Turm zu errichten. Mit an Bord war der Kreuzfahrtanbieter MSC, natürlich ebenfalls im Sponsorenpool der Bayern dabei.

Die Vertragsverlängerung der Bayern mit Lego steht in Kürze an – in der Allianz Arena betreibt Europas größter Spielwarenkonzern zwei "Lego Lounges" für Kinder. Die haben nicht nur bei Heimspielen geöffnet, sondern täglich. "Die Bayern betreuen ihre Partner sehr, sehr gut", sagt Manager Julian Hermann, bei Lego zuständig für strategische Partnerschaften.

Gute Noten bekommt auch Hoeneß-Nachfolger Jung, bislang Direktor Marketing, nun stellvertretender Vorstand. Er und seine Truppe seien zwar hoch professionell, aber gerade im Vergleich zu internationalen Größen wie Real Madrid auf dem Boden geblieben, sagt ein Großsponsor: "Auf dicke Hose macht bei den Bayern keiner."

An dieser Stelle erwarten Bayern-Kenner daher auch keine Probleme, wenn sich Hoeneß auf sein Präsidentenamt konzentriert. Noch sei er unter der Woche öfter an der Säbener Straße, und auch in Zukunft werde er seinem Verein viele Türen öffnen: "Und der Jung läuft dann da durch."

Vorbildliches Marketing

Denn attraktiv wird die Bayern-Connection für die Sponsoren nicht nur durch die Aufmerksamkeit, die die Kicker den Marken verschaffen, sondern weil die Unternehmen die Liaison auch für den Vertrieb ihrer Produkte nutzen. So verkauft die HypoVereinsbank mithilfe des Clubs spezielle Sparkonten an die Fans; Torerfolge und Meistertitel schlagen sich in höheren Sparzinsen nieder. Bayern-Partner Telekom verkauft ein Bayern-München-Prepaid-Handy. Und Industriegigant Siemens, der in einer Lounge der Allianz Arena eine eigene Show-Küche betreibt, bringt in diesem Jahr gar in China eine FC-Bayern-Waschmaschine auf den Markt. Auf dem Temperaturregler prangt das Rauten-Logo der Münchner.

"Die Bayern sind in Sachen Marketing und Sponsoring europaweit absoluter Marktführer", sagt Hartmut Zastrow, Geschäftsführer des Kölner Beratungsunternehmens Sport+Markt. "Es gibt keinen vergleichbaren Verein in Europa." Den eigenen Anhang scheint der Marketing-Overkill nicht abzuschrecken.

Allianz Arena in München Quelle: AP

Der Verein sei ein Phänomen, vergleichbar mit großen Markenartikeln wie Coca-Cola, McDonald’s oder auch der "Bild"-Zeitung, urteilt der Hamburger Markenexperte Klaus Brandmeyer: "Jeder hat etwas an ihnen auszusetzen, sie werden teils ethisch motivierter Kritik unterzogen." Das Individuum wolle zeigen, dass es dem Sog dieser Marken etwas entgegenzusetzen hat, sagt Brandmeyer: "Cola schmeckt toll, ist aber für Kinder unter zehn Jahren nicht gut", heiße es dann. Ähnlich sei das mit den Bayern: "Alle möchten sie siegen sehen im Champions-League-Finale; aber sie sind eben auch arrogant."

Ihre Anhänger strömen bereitwillig zur lebenden Dauerwerbesendung FC Bayern. So am 8. August, als der Verein in der Allianz Arena zum Familientag lud und im Kreis der Sponsoren die Saison eröffnete. Höhepunkt war ein seltsamer Kick der Profis gegen die von einem neuen Sponsor zusammengebastelte "FitnessFirst Winter Stars"-Gaudi-Truppe um Ex-Rodel-Weltmeister Georg "Schorsch" Hackl. Die 30 000 Fans zahlten dafür willig fünf Euro. Die Bayern schickten den Erlös als Spende direkt weiter an Münchens Olympiabewerbung.

Längst machen die Bayern in Sachen Vermarktung so viel, dass selbst Vorstandschef Rummenigge schwant, so langsam sei "die Dachkante erreicht".

Mindestens 22 Millionen jährlich von der Telekom

Sind die Verträge mit den Sponsoren auch auf Jahre angelegt – die Telekom verlängerte ihren mit jährlich mindestens 22 Millionen Euro dotierten Trikotvertrag gerade bis 2013 –, hängt für die Bayern der wirtschaftliche Erfolg dennoch stets eng zusammen mit dem sportlichen Abschneiden ihrer Kicker um den Mittelfeldstrategen van Bommel. Vieles hängt hier am neuen Sportdirektor Nerlinger – hat er das Ohr so nah an Mannschaft und dem eigenwilligen Trainer Louis van Gaal wie zuvor Hoeneß?

Zwar ist es dem Holländer van Gaal zuzuschreiben, dass Nachwuchskicker wie Thomas Müller ihren Marktwert auch durch gute Auftritte bei der WM steigern konnten. Und doch rumort es noch immer in München: Schließlich sitzen mit Nationalspieler Mario Gomez und dem Ukrainer Anatoli Tymoshchuk laufende Kosten meist einträchtig auf der Ersatzbank – das lässt ihren Marktwert sinken. Auch darauf muss Nerlinger ein Auge haben.

Heißt es intern, eine Spielzeit ohne Teilnahme an der lukrativen Champions League sei noch zu verkraften, räumt mancher hinter vorgehaltener Hand auch ein, eine drei- oder gar vierjährige Abstinenz in der Königsklasse könnte selbst die sehr solide finanzierten Münchner vom Platz fegen. Zunächst fallen Sonderprämien der Sponsoren für Erfolge aus, und dann dürfte es in künftigen Vertragsverhandlungen schwer werden, die Preise zu halten. Am Ende stünde weniger Geld für Stars zur Verfügung.

Bayerns schreiben stets schwarze Zahlen

Dabei haben die Bayern gegenüber den meisten ihrer internationalen Konkurrenten den Vorteil eines prall gefüllten Kontos. Sie schrieben zuletzt stets schwarze Zahlen, das Eigenkapital der AG betrug im vergangenen Jahr 177 Millionen Euro. Wettbewerber FC Barcelona dagegen verbuchte in der abgelaufenen Saison fast 80 Millionen Euro Miese – insgesamt belaufen sich die Schulden des spanischen Meisters auf mehr als 440 Millionen Euro.

Für die Bayern wäre das undenkbar. Doch mit ihrem strikten Finanzkurs, der auf den Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben achtet und die Spielergehälter möglichst nicht über einen Anteil von 60 Prozent an den Umsätzen hinausschießen lässt, stehen die Münchner in Europas Eliteliga bislang weitgehend allein.

Die Beratung A.T. Kearney hatte kürzlich Europas fünf größte Fußballligen – als die Summe der Vereine – unter die Lupe genommen. Ergebnis: Wären sie normale Unternehmen, würde den Ligen in England, Spanien und Italien wegen enormer Rentabilitätslücken in den kommenden zwei Jahren der Bankrott drohen, vor allem wegen wahnwitziger Spielergehälter und Transferzahlungen.

Dennoch zahlen die Vereine munter weiter – weil der erhoffte sportliche Erfolg den Kamikazekurs rechtfertigt. Zwar gebe es einen direkten Zusammenhang zwischen hohen Transferzahlungen und sportlichen Erfolg, wobei die deutschen Bundesligavereine am effektivsten sind. Aber andersherum führe "vernünftiges Wirtschaften in Europa oft zu sportlichen Nachteilen", sagt A.T. Kearney-Partner Jürgen Rothenbücher.

Neue Finanzregeln ab 2012

Ändern könnte sich das, wenn von 2012 an die neuen Finanzregeln des europäischen Fußballverbandes UEFA greifen. Die haben vor allem ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben im Visier. Auch Investoren wie dem Milliardär und FC-Chelsea-Eigner Roman Abramowitsch soll es dann nicht mehr möglich sein, ihre Vereine mit Kapital vollzupumpen.

Stattdessen, heißt es bei der UEFA, sollen Finanzspritzen auf maximal 15 Millionen Euro im Jahr beschränkt werden. Zum Vergleich: In Fußballkreisen heißt es, Massimo Moratti, Öl-Tycoon, Eigner und seit 1995 Präsident von Inter Mailand, habe in den vergangenen zehn Jahren bis zu einer Milliarde Euro in den diesjährigen Champions-League-Sieger gesteckt. Bei der Pokalübergabe im Mai nach dem 2:0 über den FC Bayern hielt er nicht zufällig den Pott als Erster in der Hand.

Die UEFA-Regelungen klingen auf den ersten Blick vernünftig. Experten wie Frank Koch von der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing kritisieren jedoch, dass dabei das Eigenkapital der Vereine außer Acht bliebe – wer über ein gutes Polster verfügt, sollte auch investieren dürfen, so wie 2009 die Bayern beim 24-Millionen-Einkauf von Stürmer Robben.

Außerdem, so der Hamburger Sportrechtsexperte, verhindere die UEFA einen möglichen Aufstieg neuer Vereine in die Ränge der Etablierten. Denn dem Engagement von Investoren schiebe der Verband einen Riegel vor. Sie könnten nicht mehr über einige Jahre Geld in einen Verein stecken und es sich anschließend nach sportlichen Erfolgen über Sponsoren und Fans zurückholen: "Die neuen Regeln zementieren den sportlichen Status quo", sagt Koch, "Clubs, die auch jetzt schon Zugang zur Champions League haben, werden das Rennen auch künftig unter sich ausmachen."

Das, wiederum, dürfte an der Isar mancher nicht ungern hören.

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