Medien WAZ-Gruppe kommt nicht zur Ruhe

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Ehrenwerte Familien

Auch ob die Zusammenarbeit mit Stephan Holthoff-Pförtner funktioniere – er ist der Nachkomme der im Sommer verstorbenen Grotkamp-Schwester Gisela Holthoff –, sei mehr als fraglich. Die Funke-Töchter – neben Petra Grotkamp ist das noch Renate Schubries – nehmen Holthoff-Pförtner übel, dass er ohne ihr Wissen mit der Brost-Sippe kungelte und dem gegnerischen Stamm sogar eine Option auf den Kauf seines Anteils von 16,67 Prozent einräumte. Damit habe er das Vorkaufsrecht der Grotkamps und der Schubries missachtet, heißt es aus dem Eigner-Umfeld. Mit der Übernahme der Brost-Anteile durch Petra Grotkamp sei diese Option zwar Makulatur, das Vertrauen der Schwestern in Holthoff-Pförtner aber erschüttert.

Ob der von den Funke-Töchtern geschmähte Holthoff-Pförtner in Zukunft mitziehen wird, steht in den Sternen. Die Funke-Erbinnen wollen ihrem adoptierten Vetter untersagen, Dinge zu tun, die er im Gesellschafterkreis nicht abgestimmt hat.

Kampf um die Spitzenstellung

In jedem Fall dürfte der Grotkamp-Deal das Ende für die schwierige Doppelspitze bedeuten. Beide Familienstämme beriefen zwei Manager als gleichberechtigte Chefs der WAZ-Gruppe, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Die Funke-Familien-Gesellschaft FFG, bei der Grotkamp und ihr Mann Günther, früherer WAZ-Verlagslenker, das Sagen haben, kürte den gelernten Verlagsmanager Christian Nienhaus. Der 51-Jährige war zuvor bei Gruner+Jahr und Axel Springer jeweils in TopPositionen tätig, unter anderem als erfolgreicher Chef der Bild-Gruppe. Nienhaus ist ein Verlagsstratege, der beruflich im kühlen Entscheidungsklima in den Top-Etagen Hamburger Großverlage groß geworden ist, selbst aber aus Westfalen stammt.

Sein von Anneliese Brost ehedem ernannter Co-Geschäftsführer ist Bodo Hombach, ehemaliger SPD-Kanzleramtsminister unter Gerhard Schröder und Ex-Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen. Hombach ist ein Vollblutpolitiker, der das Ruhrgebiet ebenso gut kennt wie liebt. Beide Manager beharkten sich nach Kräften.

Mit dem Ausscheiden der Brosts aus der Mediengruppe muss Hombach seinen Hut nehmen, er nimmt es gelassen. Nienhaus solle als neuer starker Mann allein das Zepter übernehmen – unter aktiver Überwachung durch Grotkamp-Sohn und Jurist Wilcke, sagen die einen im Verlag, Manfred Braun, der Zeitschriftenchef sei auch ein Chef-Kandidat, sagen die anderen.

Hombach will keine Schlammschlacht

Die Grotkamp-Familie aber gibt Nienhaus bereits kräftigen Rückenwind. Nach Gerüchten, auch Nienhaus werde ausscheiden, stellte sich Grotkamps Anwalt „voll hinter Nienhaus, in den die Familie Grotkamp vollstes Vertrauen“ setze. Pünktlich zur erwarteten Nominierung von Nienhaus kochten Gerüchte hoch, der WDR bereite eine Klage gegen Nienhaus vor, weil dieser den Sender in einem Interview angeblich bezichtigt haben soll, Politiker wegen des Streits um Gebühren unter Druck zu setzen.

Voraussetzung für seinen Machtzuwachs ist allemal, dass der Deal mit den Brost-Erben zustande kommt. Das liegt in der Hand von Peter Heinemann, Testamentsvollstrecker des verstorbenen Erich Brost. Er fühle sich düpiert, so erzählen es Verlagsinsider, weil Grotkamp ihn nicht zeitgleich mit den Brost-Erben informiert habe. Die Testamentsvollstreckung gilt bis 2015, eigentlich dürften die Enkel noch gar nicht verkaufen. Aber gleichzeitig gehört es zu Heinemanns Pflichten, das Erbe für die Brosts so teuer wie möglich zu verwerten. Dafür könnte jetzt der richtige Zeitpunkt sein. Denn die WAZ-Gruppe wird 2011 wieder einen dreistelligen Millionengewinn erwirtschaften.

Gestattet Heinemann den Brost-Enkeln einen Verkauf und gewinnt Nienhaus das Rennen, wird aus der WAZ-Gruppe ein straff geführter Medienkonzern, der nur noch auf einen Vorsitzenden der Geschäftsführung hört – nämlich Nienhaus. Hombach könnte dann, so sagen es WAZ-Insider, als hoch geachteter Mann der Brosts in den Vorsitz der gemeinnützigen Anneliese Brost-Stiftung überwechseln, wo er fernab des Verlags Gutes tun kann.

Was Hombach der WirtschaftsWoche sagt, klingt jedenfalls so, als ob er sich mit diesem Modell angefreundet hat und seinen eigenen Weg eher im Licht der Versöhnung sieht: „Für eine Schlammschlacht stehe ich nicht zur Verfügung.“

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