Mittelstand Die unbekannten Krisengewinner

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Wirtschaftsingenieurin Katharina Geutebrück Quelle: Anna Schneider für WirtschaftsWoche

Im Dezember 2008, wenige Monate nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers, wurden die Verträge geschlossen. „Das war für uns eine langfristig angelegte Entscheidung, die weit über den Horizont der aktuellen Rezession hinaus weist.“ Kein Wunder: Welonda, bis dahin im Verbund mit der Haarkosmetikmarke Wella, bringt Herzog eine Fertigungsstätte sowie den direkten Marktzugang in allen wichtigen europäischen Ländern.

Wie langfristig die Schwaben agieren, zeigen die konjunkturunabhängigen Investitionen in neue Produkte, die mit der Expansion einhergehen. Ende 2008 brachte Olymp ein neues Modell seines Hairmasters heraus. Das elektronisch gesteuerte Gerät für Friseure kombiniert Infrarotstrahlen und Warmlufttechnik. Zwei Millionen Euro kostete das Projekt, mehr als zwei Jahre arbeiteten Olymp-Entwickler daran. „Wir hätten das verschieben können“, sagt Herzog, „aber als Mittelständler denken wir nicht in Drei-Monats-Zyklen.“

Herzog hätte das neue Infrarot-Warmluft-Gerät jetzt nicht auf den Markt bringen können, hätte er den Grundstein dazu nicht vor gut eineinhalb Jahrzehnten gelegt – in der Krise 1992/93. Damals brachte er die erste Weiterentwicklung des Ur-Hairmasters auf den Markt, dessen Nachfolger die Konkurrenz nun in den kommenden Jahren in den Schatten stellen soll.

Jede Woche ein neues Produkt trotz Umsatzrückgang

Der Dauererfinder: „Jede Woche ein neues Produkt“, ist die Losung, die Robert Bauer, Vorstandsvorsitzender des Sensorenherstellers Sick im badischen Waldkirch, ausgegeben hat. „Innovationsmarathon“, nennt Bauer den Wettlauf seines Unternehmens gegen die Wettbewerber, „weil es ein langer schwerer Lauf ist.“ Das Kalkül des Badeners ist einfach: Nichts motiviere Vertriebsmitarbeiter und Kunden mehr als neue Produkte. Deshalb soll die Erneuerungsmaschine bei Sick so weiterlaufen, als gäbe es den erwarteten Umsatzrückgang von schätzungsweise 20 Prozent in diesem Jahr nicht.

Schon 2008 scherte sich Bauer nicht um die absehbaren Folgen der Finanzkrise für die Realwirtschaft und steigerte die Ausgaben für Entwicklung um fünf Prozent, das war ein Prozentpunkt mehr als das Umsatzwachstum. Sick baute das Kundenzentrum in Waldkirch aus und errichtete Testzentren im amerikanischen Minneapolis sowie in Singapur. Kosten der drei Projekte: insgesamt 42,8 Millionen Euro.

Investitionen gegen den Trend haben bei Sick Tradition. Während der Internet-Krise kurz nach der Jahrtausendwende steckte das Unternehmen 15 Millionen Euro in ein neues Logistikzentrum. Geld von der Bank spielt heute wie schon vor fast zehn Jahren nicht die ausschlaggebende Rolle. Denn in der Bilanz des Unternehmens schlummert eine Eigenkapitaldecke von 48 Prozent. „In der Krise stehen unsere Kunden unter Rationalisierungsdruck“, sagt Sick-Chef Bauer, „gerade deshalb brauchen sie dann unsere Innovationen.“

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