25 Jahre Mauerfall Drei Unternehmen, die dem Osten Mut machen

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Von DSR zu Carnival

Während Connex und Dr. Quendt ihren Branchen treu blieben, mussten andere ehemals volkseigene Betriebe ihren Weg in die privatwirtschaftliche Zukunft fernab der bisherigen Domäne suchen. Wie schmerzhaft dies für die Beschäftigten war, zeigte die Deutsche Seereederei, einst maritimes Aushängeschild der DDR-Staatswirtschaft.

Nur rund 1600 Mitarbeiter beschäftigt die DSR-Gruppe heute noch – fast 90 Prozent der Arbeitsplätze der alten DSR mit 14.500 Mitarbeitern gingen auf dem Weg in den Kapitalismus verloren. Ganze fünf Angehörige der heutigen Belegschaft waren schon vor 25 Jahren dabei, einer macht immer noch das Gleiche wie vor dem Mauerfall: Frank Kletzsch, inzwischen 55 Jahre alt, war damals Direktionsfahrer. Heute chauffiert er Firmenchef Horst Rahe.

Der Hamburger Kaufmann hatte DSR im Juni 1993 gemeinsam mit dem Reeder Nikolaus Schües von der Treuhandanstalt übernommen. Rahes Kompagnon fusionierte die Frachtschiffsparte mit seiner Reederei F. Laeisz und lieferte damit den Auftakt zu mehreren Strategiewechseln, die das Unternehmen für Jahrzehnte zu einer Dauerbaustelle machten, bei der kein Stein auf dem anderen blieb. 1999 löste Schües die Handelsschifffahrt aus dem Unternehmen heraus, seitdem führt Rahe die DSR allein.

Heute ist die DSR ein Tourismus- und Immobilienunternehmen, das Kapitel Schifffahrt ist beendet. Wirtschaftlich hat sich der Kurswechsel ausgezahlt, Rahe hat aus der hochdefizitären DDR-Staatsreederei ein ertragsstarkes Unternehmen mit rund 150 Millionen Euro Jahresumsatz gemacht. Gut zwei Drittel davon entfallen auf die acht Hotels, die 2013 im Jahresschnitt zu gut 65 Prozent ausgelastet waren und einen operativen Gewinn von knapp 21 Millionen Euro erwirtschafteten.

Die Schifffahrt des Ex-VEB lebt derweil unter dem Dach anderer Unternehmen weiter. So hatte DSR-Chef Rahe die Idee, die heutigen Kreuzfahrtschiffe Aida zu bauen und über die Meere zu schicken. Die Marke sowie die schwimmenden Halligalli-Herbergen mit dem charakteristischen Kussmund am Bug gehören heute allerdings nicht mehr zur DSR, sondern zum US-Kreuzfahrtriesen Carnival.

Hilfe vom Konkurrenten

Auch die Dresdner Stollenbäckerei Dr. Quendt sicherte ihr Überleben kürzlich durch den Einstieg eines anderen Unternehmens, des Konkurrenten Lambertz aus Westdeutschland. 2013 war ein Krisenjahr für Dr. Quendt und eine Bewährungsprobe für Gründersohn Matthias, der 2006 die Führung von seinem Vater Hartmut übernommen hatte.

Dem Unternehmen war ein wichtiger Kunde abgesprungen. Zudem explodierte der Butterpreis nach der Flutkatastrophe, was die Kosten der wichtigsten Zutat für die Stollen in die Höhe schießen ließ. Die Banken forderten mehr Eigenkapital. Quendt blieb nur, einen Mehrheitsanteil am Unternehmen an den Aachener Backwarenhersteller Lambertz zu verkaufen.

Der Printen-Platzhirsch ist mit 3500 Mitarbeitern und 585 Millionen Euro Jahresumsatz deutlich größer. Doch dank des Anteils an Dr. Quendt ist Lambertz nun in allen drei wichtigen Märkten für traditionelles Weihnachtsgebäck mit Herkunftssiegeln vertreten: Aachener Printen, Nürnberger Lebkuchen und Dresdner Stollen.

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