Peter Paulokats Arbeitsleben ist Grohe, seit er mit 15 Jahren im Werk in Hemer anfing. Das war 1971, der Betriebsratsvorsitzende hat viel erlebt, ruhig war es selten. Jetzt sitzt er in einem Besprechungsraum vor einer Wand voller Duschköpfe, sein oberster Hemdknopf ist offen.
Paulokat zieht seine eigene Bilanz, „Die Heuschrecken-Diskussion hat uns allen sehr geschadet. Wir wurden bedroht, beschimpft und von Konkurrenten schlecht gemacht“, klagt er. Wirklich gerecht seien die Vorwürfe nicht gewesen, die aktuellen Eigentümer hätten das Unternehmen „nicht ausbluten lassen“.
Entlassene Kollegen als Leiharbeiter
Dennoch will Paulokat nicht alles gutheißen, was die Finanzinvestoren bei Grohe unternommen haben. „Einige Einschnitte halte ich rückblickend immer noch für zu hart, aber grundsätzlich war die Richtung richtig“, sagt Paulokat. Dass deutlich gespart werden musste, stand auch in einem Gutachten, dass der Betriebsrat auf dem Höhepunkt der Heuschrecken-Diskussion 2005 in Auftrag gab.
Aktuell arbeiten jedoch nur noch 2300 der 9000 Beschäftigten in Deutschland, vor 2005 waren es fast doppelt so viele. In der Fabrik in Hemer ist die Zahl etwa gleich geblieben, einige entlassene Kollegen sind wieder da, allerdings als Leiharbeiter. Auch die Verlagerung der Zentrale und einiger Abteilungen ist für Paulokat nicht unproblematisch. Manche Bürokräfte in Düsseldorf hätten das Werk noch nie von innen gesehen. Und selbstverständlich sorge die Verkaufsdebatte für Verunsicherung.
Wenig zu meckern
Über die Behandlung im Alltag gibt es für Paulokat dagegen wenig zu meckern. Es gibt Sonderzahlungen unter den Finanzinvestoren, der Arbeitsschutz hat sich sogar verbessert, die Qualität der Produkte, auf die die Grohe-Belegschaft immer besonders stolz war, habe nicht gelitten. Und so fällt Paulokats wesentlicher Wunsch an den Arbeitgeber bescheiden aus: „Mal wieder ein Betriebsfest.“
Es ist sechs Uhr morgens in Herzberg. Pendler ruckeln in ihren Autos über das Kopfsteinpflaster des schmucken Städtchens im südlichen Nirgendwo Brandenburgs. Früher fuhren nicht so viele weg, da gab es mehr zu tun am Ort. Das „Früher“ füllt sieben Aktenordner mit Zeitungsartikeln und Korrespondenz, die Bürgermeister Michael Oecknigk und Gabi Lang, Geschäftsführerin der örtlichen Wirtschaftsförderung, auf dem Schreibtisch im Rathaus ausgebreitet haben. Sieben Ordner Wut, Angst und Hoffnung.