Biolebensmittel Ökopioniere auf Nachfolgersuche

Nach einem jahrzehntelangen Boom gehen viele Ökopioniere in Rente. Sie fürchten um ihre Errungenschaften, weil die Nachfolger fehlen.

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Wie Vater und Sohn wirken Werner und Sebastian Baensch auf den ersten Blick nicht. Der großgewachsene Senior, 64 Jahre alt, mit grauem Haarschopf, trägt Sandalen und Hemd zu tropentauglichen Hosen und ein Lederbändchen mit bunt bemaltem Stein um den Hals. Ganz anders der Sohn: akkurat geschnittene, kurze Haare, markante Brille.

Werner Baensch ist Gründer der Ölmühle Solling, ein Bioproduzent im niedersächsischen Boffzen. Was beide eint, ist ihre Einstellung zum eigenen Betrieb. „Wir sind keine Gewinnmaximierer“, sagt Sebastian Baensch.

Der 29-Jährige ist seit zwei Jahren Geschäftsführer der Ölmühle, die sein Vater einst gegründet hat. Vorerst führt er das Unternehmen noch gemeinsam mit seiner Mutter. Doch die Eltern, sagt er, „schleichen sich so langsam weg“. Ihr Lebenswerk wissen sie in guten Händen, auch wenn der Sohn heute mit Organigrammen und Planungssoftware arbeitet, wofür dem Vater ein paar Zettel reichten. Denn für beide Generationen steht fest: „Wir wollen Klasse statt Masse, möglichst regional und mit kompromisslos hoher Produktqualität, und nachhaltige Beziehungen zu unseren Rohstofflieferanten und Kunden.“

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Günstigste Variante: Supermärkte und Discounter Quelle: dpa
Wo ist Obst und Gemüse besonders preiswert?Besonders preiswert ist biologisch angebautes Obst und Gemüse im Discounter erhältlich. Discounter beziehen den Großteil ihres Produktsortiments nicht aus Deutschland und können so das niedrige Preisniveau halten. Für Verbraucher, bei denen der Verdienst nicht für einen Einkauf im Biomarkt reicht, sind Discounter eine Alternative - ökologisch sind die Produkte durch weite Transportwege aber häufig fragwürdig. Quelle: dpa

Mit dieser Philosophie, aber auch der aktuell stattfindenden Unternehmensübergabe, ist die Ölmühle Solling ein typisches Beispiel für viele Biobetriebe in Deutschland. Die Gründergeneration, Erzeuger, Verarbeiter wie Händler, ist mittlerweile im Rentenalter. Aus ihren kleinen, oft als Hobby, aber immer mit viel Überzeugung begonnenen Projekten sind vielerorts erfolgreiche mittelständische Unternehmen entstanden. Viele wissen jedoch nicht, an wen sie die Betriebe übergeben sollen.

„Es gibt natürlich die Familiennachfolge, aber die ist seltener, als man denkt“, sagt Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost und Naturwaren. „Einfach, weil die Kinder etwas anderes machen wollen“ oder weil sich die Gründer zu spät mit der Unternehmensnachfolge beschäftigen. „Uns war immer wichtig, dass die Kinder ausprobieren, was ihnen am meisten Spaß macht, und auch die Welt außerhalb der Ölmühle kennenlernen“, sagt Gudrun Baensch, die jetzt mit ihrem Sohn die Ölmühle führt. Über die Nachfolge nachgedacht hätten sie eigentlich nie.

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Im Tagesgeschäft war dafür auch kaum Zeit: Als Entwicklungshelfer hatte das Ehepaar Baensch in den Achtzigerjahren in Asien und Südamerika Kleinbauern beraten. Dann wurden Sohn und Tochter geboren, sie kehrten in die Heimat zurück und kauften eine gebrauchte Ölpresse. Werner Baensch, Lebensmitteltechnologe und kreativer Kopf, fing an, mit Ölsaaten zu experimentieren, seine Frau verkaufte die selbst gepressten Speiseöle auf Festen und Wochenmärkten. Das erste Logo: mit der Hand gezeichnet, die Etiketten schnitten die beiden einzeln mit der Schere aus.

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