Book a Tiger Eine Putzfrau ist keine Pizza

Book a Tiger will nicht mehr das Uber der Putzdienste sein. Das Berliner Start-up kündigt an, 500 Reinigungskräfte fest einzustellen. Die Gründer haben festgestellt, dass das Uber-Rezept beim Putzen nicht funktioniert.

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Der Anbieter Book a Tiger ändert sein Geschäftsmodell. Quelle: dpa

Berlin Eine Weile galt es in der Welt der Start-ups als schick, sich als das neue Uber für irgendwas zu bezeichnen. Der Fahrdienst aus Kalifornien hat vorgemacht, wie man mit quasi null Risiko Milliarden macht: Mit der Idee, Taxifahrer, aber auch Privatleute mit Auto per App an Fahrgäste zu vermittelte, ohne Festvertrag, Sozialversicherung und den ganzen nervigen Schnick-Schnack, avancierte Uber-Grunder Travis Kalanick zum Star, aber auch zum Schreck einer ganzen Branche.

Bei der letzten Finanzierungsrunde im vergangenen Dezember soll er noch einmal zwei Milliarden Dollar eingesammelt und die Bewertung seines Unternehmens damit auf über 60 Milliarden gesteigert haben.
Aber langsam gibt es auch Gegenwind. In den USA haben tausende Uber-Fahrer eine Sammelklage angestrebt, mit dem Ziel, eine Festanstellung zu erstreiten. In Frankreich wurde das Unternehmen erst im Januar zur Zahlung einer Millionenstrafe verurteilt.

In Deutschland gab es recht schnell Nachahmer-Modelle – nicht nur für Taxifahrten, sondern auch für andere einfache Dienstleistungen. Vor allem auf dem Putzmarkt tummeln sich diverse Portale, die Putzkräfte vermitteln, die sie „selbstständige Reinigungsunternehmer“ nennen. Eines davon heißt „Book a Tiger“ und rudert jetzt zurück. Man habe sein Geschäftsmodell geändert und werde bis zum April 500 Reinigungskräfte fest eingestellt haben, verkündet das Berliner Unternehmen.

„Wir mussten feststellen, dass sowohl unsere Kunden als auch unsere Mitarbeiter ein festes Arbeitsverhältnis bevorzugen“, sagt Nikita Fahrenholz, einer der beiden Gründer. Er hat Book a Tiger gemeinsam mit Claude Ritter aufgebaut. Zuvor hatten die beiden schon die Lieferservice-Plattform Lieferheld gegründet, die heute Delivery Hero heißt und zu den wichtigsten Börsenaspiranten von Rocket Internet zählt.

Anfangs hätten sie geglaubt, mit der Putzkraft verhalte es sich ähnlich wie mit der Pizza, sagt Fahrenholz. Es ist egal, wer sie bringt, Hauptsache sie kommt pünktlich und man kann sie online buchen und bezahlen. Da hätten sie sich aber geirrt.

Von einer Person, die in der eigenen Wohnung saubermacht, oft während man selbst nicht zu Hause ist, erwarteten die Leute vor allem eines: Qualität und Kontinuität. Das habe Book a Tiger mit den selbstständigen Reinigungskräften aber nicht gewährleisten können, sagt Fahrenholz.

Da das Vertragsverhältnis bei einer Vermittlungsplattform nur zwischen Kunde und Dienstleister besteht, kann das Start-up keine Putzkraft zwingen, jede Woche zu einer bestimmten Zeit bei derselben Person zu putzen. Es darf ihr auch nicht vorschreiben, welche Putzmittel sie verwendet und ob sie ein T-Shirt mit dem Firmennamen trägt. Demnächst, sagt Fahrenholz, werde es Putzmittel mit Book-a-Tiger-Logo geben, vielleicht auch Uniformen.


„Wir verstehen uns immer noch als Technologie-Unternehmen“

Krankenversicherung, Rentenversicherung, Haftpflicht und Urlaubstage – das dürfte teuer werden für das Start-up, das bislang mit weniger als 100 Office-Mitarbeitern auskam. Aber auch die Kunden werden mehr bezahlen, im Schnitt rechnet Fahrenholz mit 18 bis 18,50 Euro die Stunde. Bisher sind es im Durchschnitt 16 bis 17 Euro, wobei die Preise stark variieren, je nachdem an welchem Ort, in welcher Zeit und wie kurzfristig man bucht. Geschäftskunden zahlen mehr.

Auf die Marge von Book a Tiger werde das neue Modell kaum Einfluss haben, sagt Fahrenholz. Testmärkte hätten ergeben, dass die Profitabilität mit Festangestellten gegenüber Selbstständigen sogar steige – weil insgesamt weniger Leute eingearbeitet werden müssten, die dafür kontinuierlich Schichten übernehmen. Zudem stiegen die Kundenzufriedenheit und damit die Wiederbuchungsrate.

Worin dann noch der Unterschied zu einem klassischen Reinigungsunternehmen besteht? „Wir verstehen uns immer noch als Technologie-Unternehmen“, sagt Fahrenholz. Der Einstellungsprozess, die Trainings, das Kundenfeedback, die Auftragsvergabe und die Schichtplanung – alles laufe bei Book a Tiger vollautomatisch und damit skalierbar ab, das heißt, dass die Kosten pro Kunde bei steigender Kundenanzahl sinken. So kann der Kunde seiner Putzfrau per App mitteilen, wo er den Staubsauger versteckt hat.

Wenn sie wollten, behauptet Fahrenholz, könnte Book a Tiger profitabel arbeiten; das heißt, wenn sie die Marketingkosten zurückfahren würden. Noch aber wolle das Start-up erst einmal wachsen, 700 Prozent Wachstum seien es 2015 gewesen. Mit Uber verglichen zu werden störe ihn nicht, im Gegenteil, immerhin sei das ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Die Meinung von Travis Kalanick, Gesetze seien dazu da, sie mit dem Hammer zu bearbeiten, teile er aber nicht. Das Grundprinzip, eine traditionelle Branche mit neuen Technologien aufzumischen, hätten sie dennoch gemeinsam.

Auch an neuen Features werde in seinem Unternehmen ständig gearbeitet. Für die Zukunft, sagt Fahrenholz, stelle er sich zum Beispiel vor, Reinigungs-Roboter unter dem Label Book a Tiger zu bauen. Damit dürften die vielen Festangestellten dann wieder überflüssig werden.

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