Boomland Indien Was Mittelständler in Indien beachten müssen

Indien wächst so schnell wie kaum ein anderes Land in Asien. Jetzt will die Regierung auch die Industrie auf Trab bringen. Davon können nicht nur Großkonzerne profitieren: Zwischen Hightech und günstiger Massenware bieten sich zahlreiche Chancen für deutsche Mittelständler.

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Automatisierung ist in Indien nur ein kleines Thema, viele Arbeitsschritte werden noch von Hand ausgeführt Quelle: Sebastian Schaal

Ajay Bhargava sieht beinahe täglich, wie Indien wächst. Noch vor wenigen Jahren lag seine Fabrik alleine auf einem freien Feld, unweit der südindischen Acht-Millionen-Metropole Bangalore. Heute umgibt ein großes Industriegebiet sein Gelände, von Grund auf aus dem Boden gestampft.

Bhargava leitet die Indien-Tochter des Herborner Mittelständlers Rittal, spezialisiert auf Schaltschränke. Seine Kunden sind die Industrieunternehmen der drittgrößten Volkswirtschaft Asiens. Ein großer Markt, der weiter wachsen wird. „Die Regierung hat hier mit ihrer „Make in India“-Kampagne viel vor“, sagt Bhargava. „Selbst wenn nur die Hälfte der Ankündigungen umgesetzt wird, sind wir immer noch sehr gut aufgestellt.“

Indien in Zahlen

Die Regierung, das ist in den Augen vieler Inder vor allem Premierminister Narendra Modi. Seit rund einem Jahr leitet Modi die politischen Geschäfte auf dem Subkontinent – und gilt als Hoffnungsträger für das Land. Mit Investitionen in die Infrastruktur und niedrigeren Unternehmenssteuern will er ausländische Investoren anlocken, lieber in Indien zu fertigen als ihre Produkte zu importieren. Auch auf der Hannover Messe (13.-17. April) wird der Premier für seine „Make in India“-Kampagne werben.

„Make in India“ soll Industrie ankurbeln

Mit dieser Kampagne will die Regierung die Wahrnehmung Indiens als fast ausschließlicher Dienstleistungs- und IT-Standort korrigieren. Aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sind die konkreten Reformvorhaben für ausländische Investoren vielversprechend. „Neben der schrittweisen Öffnung von bislang geschützten Branchen, der Reform der Regeln beim Landerwerb und der Reduzierung der Körperschaftsteuer soll für mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung gesorgt werden“, sagt Volker Treier, Außenhandelschef des DIHK. „Teil des „Make in India“-Konzeptes sind die Realisierung stagnierender Infrastrukturprojekte, der Aufbau von Sonderwirtschaftszonen und die Modernisierung der Industrie. Die Wahl Modis hat insgesamt zu einer Aufbruchstimmung im Land geführt.“

Ein riesiger Markt, viele Arbeitskräfte und zum Teil zweistellige Wachstumsraten: Indien klingt verlockend. Doch wer das Abenteuer wagen will, muss einiges beachten – denn auch in dem Boomland Indien läuft nicht alles wie geschmiert.

Fakten und Hintergründe zu Indien

Der komplizierte Staatsapparat mit den mächtigen Bundesstaaten gilt als schwer reformierbar. Ein undurchsichtiges Steuersystem und der Regulierungswahn der zahlreichen Behörden machen es nicht einfach, in Indien Fuß zu fassen.

Der Ausbau der Infrastruktur stockt, Straßen entstehen zu langsam. Bereits heute hat Indien das zweitgrößte Straßennetz der Welt. Dennoch geht auf Indiens Straßen während der Rushhour kaum etwas voran. Ein großes Hemmnis für die Wirtschaft, denn rund 60 Prozent der Waren werden über die Straße befördert. Und die für den Transport wichtigen Schnellstraßen machen noch nicht einmal zwei Prozent des Straßennetzes aus.

Dazu kommt: Güterzüge sind keine echte Alternative. Das Schienennetz stammt zum Teil noch aus der britischen Kolonialzeit. Auch See- und Flughäfen sind vielerorts dem Boom noch nicht gewachsen, genauso die Kraftwerke. Ausfälle und Verzögerungen bei Waren- und Stromversorgung bremsen die Wirtschaft. Die Wahl des Standorts kann für Erfolg oder Misserfolg in Indien entscheidend sein.

„Wenn uns etwas aufhält, dann ist es die Infrastruktur“, sagt Rittal-Manager Bhargava. „Transportschäden wegen der schlechten Straßen sind einer der Hauptgründe für Kundenbeschwerden – aber bei Weitem nicht mehr so stark wie noch vor 15 Jahren.“ Zudem falle regelmäßig für zwei Stunden am Tag der Strom aus. „Insgesamt ist der Energiesektor entscheidend für den Erfolg des Landes. Momentan kann es noch ein Grund für einen Investor sein, eher nach China zu gehen.“

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