Schwungvoll betritt Bruce Dickinson die Bühne. Grauer Slimfit-Anzug, helles Hemd, graumeliertes kurzes Haar. Seine 58 Jahre sieht man ihm nicht an – und schon gar nicht den Heavy Metal-Sänger. Dickinson ist Frontman von Iron Maiden. Die Band ist im Frühjahr wieder auf Welttour. Mit 85 Millionen verkauften Tonträgern und fast 2000 Live-Konzerten zählt Iron Maiden zu den erfolgreichsten Heavy Metal-Bands der Welt.
Doch Dickinson ist viel mehr als ein Rockstar. Nebenher machte er eine zweite Karriere als Pilot, Unternehmer und Produktdesigner. Deshalb trägt er als einziger seiner Band keine lange Mähne. Die junge Düsseldorfer Telekomfirma Sipgate hat ihn zum Vortrag eingeladen. „Kunden zu Fans machen“ lautet sein Thema. Und von Marketing – vor allem von Selbstmarketing – versteht Dickinson so einiges. 200 Interessierte aus Start-ups und Werbeagenturen hängen an den Lippen des Altrockers. Der ist ganz Bühnenprofi und bringt ihnen etwas chaotisch, aber unterhaltsam sein Marketing-Einmaleins bei.
„Iron Maiden ist eine BAND. Fügt man einen Buchstaben hinzu, ergibt das BRAND.“ Furchtbar, bei Marke denke man gleich an Monsanto oder Coca-Cola, meint der Sänger. „Aber jeder von uns ist seine eigene Marke.“ „Ich hasse Kunden“, ruft er. „Denn Kunden können einfach so aus dem Laden gehen und nie wieder kommen.“ Wer für einen Fußballverein brenne, der unterstütze ihn - egal, wie tief der Club absteige. „Das sind keine Kunden, das sind Fans! Die sind loyal, die haben eine emotionale Beziehung.“ Für die Marketingprofis im Saal mag das keine große Neuigkeit sein.
So viel geben die Deutschen für Musik aus
Im Jahr 2014 gaben die Deutschen 6,7 Milliarden Euro für Güter und Dienste der Musikwirtschaft aus.
Davon investierten sie 1,6 Milliarden Euro in Tickets für Rock- und Popkonzerte.
1,5 Milliarden bezahlten sie für Musikunterricht.
1,2 Milliarden flossen in Klassik-Konzerte, Opern und Musicals.
Für 1,1 Milliarden kauften sie physische Tonträger.
0,8 Milliarden bezahlten die Deutschen für Musikinstrumente und -zubehör.
0,4 Milliarden gaben sie für Downloads und Streaming digitaler Musikdateien aus.
0,1 Milliarden zahlten die Deutschen für Noten.
Dickinson wirft ein Bild von einem altmodischen Nokia Handy an die Wand. Der Saal lacht. „Moment, das ist mein Telefon. Ich benutze das, um mit Menschen zu SPRECHEN.“ Unternehmen würden oft verkennen, dass sie mit den Leuten sprechen müssten. Sie schickten Mails raus und wunderten sich, dass keine Antwort komme. Wenn ein wichtiges Teil bei der Flugzeugreparatur fehle, schicke doch auch keiner eine Mail raus. Dann telefoniere sich jeder die Finger wund. Schließlich koste ein Flugzeug am Boden 50.000 Dollar am Tag. Und schon ist der Rocker bei seinem Herzensthema – der Fliegerei.
Dickinson erwarb 2003 die Fluglizenz für Jumbos. Neuneinhalb Jahre flog er als Kapitän mit einer Boeing 747 Passagiere für Tui und British Airways durch die Welt. Bei der Airline Astraeus war er nicht nur Pilot, sondern auch Marketingchef. Und im Winter, wenn bei Flugreisen nicht viel los war, ging er mit Iron Maiden auf Tour. „Wir wollten zu unseren Fans nach China, Indien und Australien. Aber unser Buchhalter lehnte ab. Zu teuer! Doch wir wussten: Wenn wir nicht zu unseren Fans fahren, werden die zu illoyalen Kunden.“
Kurzentschlossen charterte die Band 2008 einen Jumbo von Astraeus. Der wurde mit den riesigen Lettern „Iron Maiden“ bemalt und dem Band-Maskottchen Eddie. Die legendäre „Ed Force One“. Dickinson zeigt ein Bild. Er in Pilotenuniform und Schlips inmitten seiner langhaarigen Bandkollegen vor dem Iron-Maiden-Jumbo. „Ich war der einzige, der während des Flugs kein Bier trinken durfte“, bedauert er.