Bundespräsident a.D. Christian Wulff Zehn Punkte, damit die Welt 2016 besser wird

Die EZB soll kein Geld mehr drucken, der Krieg in Syrien enden und TTIP endlich verabschiedet werden. In Schwäbisch Hall präsentierte Christian Wulff einen Zehn-Punkte-Plan, wie die Staatengemeinschaft die Krisen der Welt lösen sollte.

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Bundespräsident a.D. Christian Wulff beim Weltmarktführergipfel in Schwäbisch-Hall. Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche

Christian Wulff entschuldigte sich gleich zu Beginn. „Die 15 Minuten Redezeit werde ich wohl nicht einhalten“, sagte der frühere Bundespräsident. Keine Überraschung. Der Niedersachse hat für seinen Besuch in Schwäbisch-Hall eine Zehn-Punkte-Liste mitgebracht, wie 2016 alles besser wird und nicht schlechter. 

Erstens: „2016 wird ein Schicksalsjahr. Das muss aber nicht schlimmes sein.“ 60 Millionen Menschen auf der Flucht, Umbrüche in der arabisch-islamischen Welt, einseitige Grenzverschiebungen, mangelndes Vertrauen in die Weltwirtschaft – die Ereignisse der vergangenen Monate können Angst machen. Wulff will dennoch hoffnungsvoll bleiben: „Das einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht.“ Wenn wir Deutsche die Flüchtlingskrise nutzen, um uns unserer eigenen Identität bewusster zu werden, gehen wir gestärkt daraus hervor, ist Wulff überzeugt.

Die Highlights aus Schwäbisch Hall
v. l. n. r. Christian Wulff, Reinhold Würth, Miriam Meckel, Walter Döring Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Walter Döring Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Miriam Meckel Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Carl-Heiner Schmid Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Reinhold Würth, Christian Wulff, Miriam Meckel, Walter Döring Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Ping Bu Loke Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche
Gunter Kegel Quelle: Armin Höhner für WirtschaftsWoche

Zweitens: Die Politik brauche die Wirtschaft und Unternehmer in der Krise mehr denn je. „Viele halten dieses Europa für selbstverständlich. Das ist es aber nicht.“ Der frühere Ministerpräsident von Niedersachsen appellierte an die Weltmarktführer bei ihrem Gipfeltreffen in Schwäbisch Hall, gemeinsam mit der Politik die Errungenschaften Europas zu verteidigen.

Eine der wichtigsten Aufgaben aus Wulffs Sicht und zugleich dessen dritter Punkt: „Wir müssen den Krieg in Syrien endlich beenden.“ Dafür brauche es alle Parteien an einem Tisch – darunter Russen, Iraner, Amerikaner, Saudis und eben die Europäer. Des Weiteren müsse die EU, viertens, gemeinsam mit den nordafrikanischen Staaten die Fluchtursachen bekämpfen. Anders als viele aktive Bundespolitiker hält Wulff aber nichts davon, die altbekannte Entwicklungshilfe weiter zu erhöhen. Vielmehr sollten wir in die Bildungssysteme vor Ort und Unternehmensgründungen investieren. „Wir Europäer dürfen Afrika nicht länger alleine lassen.“  Dass drei Millionen Flüchtlinge einen Kontinent mit 500 Millionen Einwohnern überfordert, leuchtet Wulff nicht ein.

Das fünfte Thema trieb Wulff bereits intensiv in seinen Jahren als Bundespräsident zwischen 2010 und 2012 voran. Damals sagte er: „Der Islam gehört mittlerweile auch zu Deutschland“, was ihm in der türkischen Gemeinschaft in Deutschland und in der Türkei großen Respekt einbrachte. Die Annäherung Deutschlands und Europas an die Türkei müsse nun weitergehen. Die Europäische Union müsse aktiv mit der Türkei über innen- und rechtspolitische Fragen sprechen. „Als Demokratie muss die Türkei glücken“, sagte Wulff.

Abdullah Gül, früherer Staatspräsident der Türkei, hatte Wulff nach Schwäbisch-Hall zum Gipfel der Weltmarktführer begleitet. Er versicherte: Die Regierung seines Landes wolle eine Verfassung verabschieden, mit der die Türkei näher an Europa heranrückt – wirtschaftlich und politisch. „Die türkisch-deutschen Beziehungen werden wichtiger denn je sein“, sagte Gül.

Mehr Optimismus

Nicht nur die Türkei treibt Wulff um. Wir Europäer brauchen, sechstens, ein „neues Verhältnis zu Russland“. Der niedrige Ölpreis werde zu dramatischen Veränderungen in Russland führen. Das Land könnte schon bald Hilfe brauchen, die sollte Deutschland und Europa ihm im Notfall nicht verwehren – das war die Botschaft Wulffs.

Das sind Deutschlands erfolgreichste Mittelständler
Platz 20: Schöck AGUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 119,0 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 14,1 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 13,3 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 33,1 ProzentDie Unternehmensberatung Munich Strategy Group (MSG) hat die Mittelständler mit dem größten Wachstum bei Umsatz und Erträgen in den letzten fünf Jahren gekürt. Die Top 20 eröffnet die Schöck Aktiengesellschaft aus Baden-Baden, einem Spezialisten für Fertigbauteile zur Wärme- und Lärmdämmung für Tritte.Quelle: Munich Strategy Group: "TOP 100 Ranking des Mittelstands 2015 - Deutschlands Wachstums-und Ertragsstars" Für ihr jährliches Unternehmensranking hat die Unternehmensberatung MGS rund 3.500 Mittelständler mit Umsätzen von 15 bis 600 Millionen Euro analysiert, um daraus die wachstums- und ertragsstärksten Unternehmen herauszufiltern.Das Ranking ergibt sich aus einem Score, der sich aus durchschnittlicher Ertragsquote, durchschnittlichem Ertragswachstum und durchschnittlichem Umsatzwachstum im Zeitraum 2010 bis 2014 ergibt. Ertragsquote und -wachstum fließen mit je 25 Prozent in den Gesamtscore ein, das Umsatzwachstum wird mit 50 Prozent gewichtet. Quelle: Presse
Platz 19: HeinzmannUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 72,8 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 16,1 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 10,8 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 36,1 ProzentHeinzmann baut, entwickelt und betreut Verbrennungsmotoren, Generatoren und Turbinen, die etwa in Lokomotiven und Schiffen eingesetzt werden.  Quelle: Screenshot
Platz 18: Vemag Maschinenbau GmbHUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 86,5 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 15,2 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 12,6 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 33,1 ProzentDie Vemag Maschinenbau GmbH stellt Maschinen und Geräte für die Nahrungsmittelindustrie her. Dazu zählen Würstchenfüller und Teigportionierer. Einen Schwerpunkt bildet hier die Entwicklung eines Convenience Systems, das dem Anwender ein flexibles System zum Portionieren und Formen von Produkten bietet. Quelle: Presse
Platz 17: Wenglor Sensoric GmbHUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 55,9 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 15,8 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 12,6 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 43,9 ProzentWenglor entwickelt, produziert und vertreibt seit 30 Jahren Produkte zur berührungslosen Objekterkennung. Das Produktspektrum umfasst Sensoren, Bildverarbeitungsprodukten, Barcode-Scanner und Sicherheitstechnik. Zu den Kunden zählen kleine und mittelständische Unternehmen wie auch internationale Industriekonzerne. Quelle: Presse
Platz 16: DeloUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 57,9 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 20,0 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 15,4 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 21,7 ProzentDas Unternehmen aus Windach bei München ist mit Spezialklebstoffen erfolgreich. So hat Delo etwa ein Verfahren entwickelt, um RFID-Chips zu verkleben. Die elektrischen Signale werden dabei zuverlässig weitergeleitet. Quelle: Presse
Platz 15: HAZET-WERKUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 79,0 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 12,8 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 13,0 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 178,6 ProzentDie Hazet-Werk Hermann Zerver GmbH & Co. KG ist ein deutscher Werkzeughersteller mit Sitz in Remscheid. Der Markenname Hazet steht verkürzt für die Anfangsbuchstaben Ha und Zett des Namens des Gründers Hermann Zerver.
Platz 14: Getriebebau NordUmsatz im Geschäftsjahr 2013/2014: 460,0 Millionen Eurodurchschnittliches Umsatzwachstum von 2010 bis 2014: 15,4 Prozentdurchschnittliche Ertragsquote von 2010 bis 2014: 11,6 Prozentdurchschnittliches Ertragswachstum von 2010 bis 2014: 80,2 ProzentDie Getriebebau Nord ist einer der größten Getriebemotoren-Hersteller der Welt. Das Unternehmen ist international für seine mechanische und elektronische Antriebstechnik bekannt. Quelle: Presse

Mit seinem Thema Nummer sieben wusste Wulff die Unternehmer hinter sich. „Wir brauchen Freihandel.“ Das transatlantische Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten, kurz TTIP, ist für Wulff Pflicht. Angst vor den dortigen Präsidentschaftswahlen hat er nicht. „In Amerika werden keine Chaoten gewinnen“, sagte er mit Blick auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump – ohne dessen Namen zu nennen.

Die Top 10 der Weltmarktführer im deutschen Mittelstand

Achtens: „Auf Schuldzuweisungen verzichten.“ Das Atomabkommen mit dem Iran habe gezeigt, dass die Staatengemeinschaft zu Kooperationen und Kompromissen fähig ist, wenn es darauf ankommt. Auch das Minsker Abkommen zur Befriedung des Krieges in der Ost-Ukraine habe weitestgehend funktioniert.

In seinem vorletzten Punkt nahm sich Wulff die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank vor. „Wir sollten aufhören, Geld zu drucken“, warnte er eindringlich. Für ihn ist die Finanzkrise, die im Jahr 2007 begann, noch nicht überstanden. Wulff fürchtet sich gar vor einem neuen „Tsunami“, der sich im Zuge der Niedrigzinsphase aufbaue.

Abschließend forderte der frühere Bundespräsident die Teilnehmer des Gipfeltreffens zu „mehr Optimismus“ auf. In Deutschland sei die Zahl der Arbeitsplätze in den letzten zehn Jahren um zwölf Prozent gestiegen. Wenn 2016 tatsächlich ein Schicksalsjahr werde, sollten sich alle überlegen, wie das Jahr womöglich in die Geschichtsbücher eingehen könnte. Als ein Jahr der Ängstlichen? Ein Jahr der Schuldzuweisungen? Oder ein Jahr der Einsichtigen? Eine Prognose wollte Wulff zwar nicht wagen, aber einen Rat mitgeben: „Fragen Sie sich nicht, was Ihnen nutzt. Fragen Sie, was dem Frieden nutzt.“

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