Meist ist es für Mittelständler nicht allzu schwer, Gutes zu tun und nachhaltig zu wirtschaften: Durch die Nähe zu Mitarbeitern und Kunden wissen sie, was die Stakeholder – der Kreis jener, die mit dem Unternehmen zu tun haben – erwarten. „Mittelständler reagieren auch darauf, orientieren sich aber eher an eigenen Überzeugungen als an abstrakten Konzepten“, sagt CSR-Expertin Riess von der Bertelsmann Stiftung. Für sie ist das der Grund, warum es der Begriff CSR nie bis in den Mittelstand geschafft hat.
Ihr geht es aber auch gar nicht so sehr um den Begriff als um die Sache: Professionell gestaltet, könne CSR Mittelständler im Wettbewerb stärken, ist Riess überzeugt. So könnten die Unternehmen sich besser auf den demografischen Wandel vorbereiten, effizienter mit knappen Ressourcen umgehen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Noch fehlten den meisten allerdings die richtigen Strategien, „und dann verpufft die Wirkung des verantwortlichen Handelns von Mittelständlern“, warnt Riess.
Ohne klare CSR-Strategie (siehe unten) und die entsprechenden Strukturen sind Mittelständler im Nachteil, schlimmstenfalls könnten sie sogar handfeste Probleme bekommen, warnt Thomas Streiff, Partner der Züricher Beratung Brugger and Partners (BHP), die mittelständischen Kunden beim Thema CSR auf die Sprünge hilft. Denn parallel rüsten immer mehr Konzerne in Sachen CSR auf. Sie gestalten etwa ihre Produktion transparenter, um verschärften internationalen Standards zu genügen.
Ein Grund für diese Offenheit ist die EU-Kommission. Die will Unternehmen demnächst dazu verpflichten, soziale und ökologische Auswirkungen ihrer Produktion kenntlich zu machen. Immer mehr Unternehmen haben sich zudem einen Verhaltenskodex verordnet. Führt ein Konzern solche Regeln ein, müssen sich auch die vielfach mittelständischen Zulieferer von heute auf morgen umstellen.
Der Druck der Kunden „ist ein häufiger Grund, warum Kunden zu uns kommen“, sagt Streiff. Denn nicht alle Mittelständler werden den hohen Ansprüchen auf Anhieb gerecht. Eine Wahl haben sie aber nicht: „Große Unternehmen geben den Druck ihrer Stakeholder an die Zulieferer weiter.“
Wie sich in fünf Schritten die richtige CSR-Strategie entwickeln lässt
Fragen Sie sich, wofür Ihr Unternehmen stehen soll. Entwickeln Sie eine Mission und ein konkretes Ziel – zum Beispiel, innerhalb der kommenden 15 Jahre CO2-frei zu produzieren. Denken Sie dabei in großen Schritten, und werden Sie sich vorher über die eigene Motivation klar. Das ist die Basis einer erfolgreichen CSR-Strategie.
Analysieren Sie Ihre unternehmerischen Stärken und Schwächen. CSR-Maßnahmen müssen zum Geschäft passen. Wenn Ihr Unternehmen zum Beispiel vom Fachkräftemangel bedroht ist, könnten Aktivitäten in der Talentförderung sinnvoll sein. Untersuchen Sie nicht nur Ihr eigenes Unternehmen, sondern auch den Markt, schauen Sie, was die Konkurrenz und Ihre Kunden machen.
Entwickeln Sie Konzepte nicht allein, sondern mithilfe Ihrer Stakeholder. Ihr Unternehmen kann von Außenansichten profitieren. Ein Kunde kann am besten erklären, was er von Ihren Produkten erwartet. Gehen Sie auf die Anmerkungen ein, und nutzen Sie sie für sich.
Achten Sie bei der Umsetzung darauf, dass Ihre Ziele klar formuliert sind. Nicht alles, was Sie sich vornehmen, wird sofort umsetzbar sein. Setzen Sie Zwischenziele, das motiviert die Mitarbeiter und schützt vor Frust. Wenn Sie zum Beispiel in den kommenden 15 Jahren CO2-frei produzieren wollen, versuchen Sie im ersten Schritt, in den nächsten fünf Jahren den CO2-Ausstoß um 30 Prozent zu senken.
Überprüfen Sie Ziele und Zwischenziele regelmäßig. Nur so können Sie nachvollziehen, ob die Veränderungen sinnvoll waren oder ob einige Ziele nachjustiert oder völlig neu ausgerichtet werden müssen. Vergessen Sie dabei nicht, Erfolge auch zu kommunizieren.
In solchen Fällen kann Michael Röthel helfen. Der Projektleiter von CS Regio, einem CSR-Schulungsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen an der Universität Bayreuth, entwickelt passende CSR-Strategien für Firmenkunden. „Mittelständler investieren im Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit häufig mehr in CSR als große Unternehmen“, sagt Röthel.
Wohltaten mit System
Doch weil sie selbst schlecht abschätzen können, welche Maßnahmen sinnvoll sind, verschenken sie oft den erhofften Wettbewerbsvorteil. Röthel schätzt, dass sich rund 90 Prozent aller mittelständischen Unternehmen mit CSR-Themen beschäftigen, das Potenzial aber nicht richtig nutzen: „Die Unternehmen haben viele gute Ideen, aber die müssten systematisiert werden.“
Röthel hat schon rund 200 Unternehmen im Rahmen seines CS-Regio-Projekts beraten. Das Projekt ist Teil des Förderprogramms „Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand“ des Bundesarbeitsministeriums sowie des Europäischen Sozialfonds. Das Hauptproblem: „Viele Unternehmen konzentrieren sich bei CSR-Maßnahmen nicht auf ihr Kerngeschäft“, sagt Röthel. Sie neigen dazu, sich zu verzetteln.