Familienunternehmen Wie der Freudenberg-Chef 320 Erben bei Laune hält

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Klare Regeln

Für den Nachwuchs gibt es eigene Treffen: Bei den Zusammenkünften im Zwei-Jahres-Rhythmus lernen die Junioren ihre Rolle als Gesellschafter kennen, beschäftigen sich mit Strategiefragen und Innovationen. Das Programm Freudenberg Inside vermittelt Praktika im Unternehmen. Wer dauerhaft im Unternehmen arbeiten will, muss sich jedoch zuvor extern beweisen. „Familienmitglieder müssen erst in anderen Unternehmen Karriere machen und sich dann für die erste oder zweite Führungsebene bewerben“, sagt Wentzler.

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Um die Gesellschafter auch abseits des persönlichen Austauschs zu informieren, schreibt Wentzler Briefe, organisiert Telefonkonferenzen, verschickt Newsletter. Eigens für die Familie betreibt der Konzern zudem ein Onlineportal. Es gibt sogar eine eigene Zeitung, die halbjährlich erscheint und von Familienmitgliedern für die Familie herausgegeben wird.

Umfassende Informationen sind eine gute Grundlage für den konstruktiven Umgang mit Konflikten. Meinungsverschiedenheiten seien kein Tabu. Freudenberg pflege „eine offene Diskussionskultur“, sagt Wentzler, im Zweifel müsse die Familie „mehrheitlich zu einem Ergebnis“ kommen. Den Rahmen gibt der Gesellschaftervertrag vor, er regelt den Erhalt des Unternehmens als Familienunternehmen und wurde gerade erst bis 2045 verlängert. Einen teilweisen Börsengang schließt die Familie aber nicht aus, zuletzt prüfte Freudenberg die Option für den Schwingungstechnikkonzern Vibracoustic. Der Konzern als Ganzes soll aber in Familienhand bleiben.

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Geld ist in vielen Familien ein Streitthema. Um das in den Griff zu bekommen, gilt bei Freudenberg die klare Regel, dass jedes Familienmitglied von seinem Beruf leben und nicht auf die Dividende des Unternehmens angewiesen sein soll. Nur wenige Gesellschafter halten mehr als ein Prozent der Anteile, zwei Prozent sind in einer Stiftung gebündelt. 2015 schüttete der Konzern vor Steuern insgesamt 132 Millionen Euro aus.

„Wir verfolgen eine Politik einer moderat wachsenden Dividende“, sagt Konzernchef Sohi. Die genaue Höhe der Ausschüttung bespricht er mit dem Gesellschafterausschuss. 2016 könnte sie leicht steigen, das Jahr ist gut gelaufen. Wie viel Geld letztlich fließt, hängt aber vor allem von der Strategie ab. Stehen Zukäufe oder größere Investitionen an, geht das Wohl des Unternehmens vor. „Der größte Teil der Gewinne verbleibt dort“, sagt Sohi.

Schließlich lebt Freudenberg von Innovationen. „Unser Ziel ist es, eines der innovativsten und am breitesten diversifizierten Technologieunternehmen und dabei langfristig orientiert zu sein. Das schließt die Möglichkeit ein, neue Geschäftsfelder zu entwickeln“, sagt Wentzler.

Das ist dem Konzern schon oft gelungen, und das selbst in Krisenjahren. Als die Nazis Lederimporte für die Gerberei erschwerten, gründete das Unternehmen ein Labor, das nach Ersatzstoffen suchen sollte. Die Forscher entwickelten den Kunststoff Perbunan – und erfanden so die Gummidichtung. Auch heute entwickelt der Konzern fortschrittliche Lösungen. Die Dichtung Levitex baut ein Luftkissen auf, das den Motorraum im Auto praktisch reibungsfrei abdichtet und so Kohlendioxid spart.

In Details des Tagesgeschäfts mischen sich die Familienmitglieder kaum ein. Wentzlers Bruder Hanno ist momentan der Einzige in der Sippe, der mit Freudenberg Chemical Specialities eine der Geschäftsgruppen leitet. Konzernchef Sohi hat operativ weitgehend freie Hand. „Da mischt sich die Familie nicht ein, null“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur und formt einen Kreis aus Daumen und Zeigefinger. Aber: Einfluss der Familie würde über den Gesellschafterausschuss ausgeübt.

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Trotzdem ist der Austausch wichtig. Sohi und Wentzler kommunizieren per SMS, am Telefon, per Mail oder persönlich. Einmal im Monat treffen sich beide zum Jour fixe. „Herr Wentzler hat eine wesentliche Rolle bei der Weiterentwicklung des Unternehmens“, sagt Sohi. Vorschriften mache er ihm jedoch keine, es gebe keine Person, die das letzte Wort habe, Einigkeit käme durch Diskussionen zustande. Und das sei auch gut so. Schließlich gehe es nicht um Macht, sondern um „die gute Entscheidung und das Ergebnis“. Und von dem profitieren letztlich alle.

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