Familienunternehmer und Erbschaftssteuer „Es gibt in Deutschland keinen Dagobert Duck“

Viele Familienunternehmer fürchten, dass die Neuregelung der Erbschaftssteuer den Fortbestand von Firmen und Arbeitsplätzen gefährdet. Doch die Diskussion rührt auch an gesellschaftlichen Grundsatzfragen.

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Die anstehende Neuordnung beunruhigt viele Familienunternehmen. Quelle: dpa

Berlin Am Freitag beginnen im Bundestag die Beratungen über die Reform der Erbschaftsteuer. Vor allem Familienunternehmer fürchten, dass die Neuregelung für sie kostspielig wird – und möglicherweise den Fortbestand von Firmen und Arbeitsplätzen gefährdet. Doch hinter den Diskussionen um technische Details wie die Verschonung von Betriebsvermögen verbirgt sich auch eine gesellschaftliche Grundsatzdebatte: Ist Erben gerecht?

Kurz vor der entscheidenden Beratung des Gesetzes im Parlament wird diese Diskussion in Berlin nun besonders kontrovers ausgetragen. Etwa bei einer Diskussionsveranstaltung, die vom Verband „Die Familienunternehmer“ organisiert wurde. Auf dem Podium trafen aufeinander: Julia Friedrichs, Autorin des Buchs „Wir erben: Was Geld mit Menschen macht“ und Gerd Maas, Familienunternehmer, der das Buch „Warum Erben gerecht ist. Schluss mit der Neiddebatte“ geschrieben hat. Als Zuhörer fanden sie dabei vor allem eben die Menschen die das Thema am meisten betrifft. Männer mittleren Alters in Anzügen, die, so scheint es, Familienunternehmer sind und sich vielleicht erhoffen, dass ihre Kinder das Unternehmen eines Tages übernehmen.

Es geht schließlich um viel Geld. Bei allen Erbschaften von Firmenvermögen über 26 Millionen Euro müssen die Unternehmer sich zukünftig einer Prüfung unterziehen. Nur unter bestimmten Bedingungen wird das Vermögen künftig noch steuerfrei bleiben. Unter den Unternehmern ist deswegen bereits eine Torschlusspanik ausgebrochen. Viele versuchen jetzt noch die Nachfolge zu klären und verschenken ihre Anteile noch vor Weihnachten an ihre Kinder, um so höhere Steuersätze und die komplizierten Auflagen durch die Prüfung zu vermeiden.

Die potenziell Betroffenen konnten einer emotionalen Diskussion lauschen. Julia Friedrichs machte bei der Recherche für ihr Buch vor allem die Erfahrung, dass viele Erben unglücklich mit der anstehenden Erbschaft seien, da „sie selbst damit hadern, was sie an eigener Leistung beisteuern“. Es würde der modernen Einstellung in Deutschland widersprechen, dass man selbst es etwas schaffen müsse und „jeder seines Glückes Schmied ist“. Grundsätzlich sei ja Erben kein verwerflicher Vorgang, aber man trage keine Verantwortung gegenüber der Vor- und Nachgeneration. Und, so ist Friedrichs der Überzeugung, geht die Schere der Vermögensverhältnisse und damit der Chancengerechtigkeit in Deutschland durch Erbschaften zu weit auseinander.

Dem widersprach Gerd Maas vehement. „Es gibt in Deutschland keinen einen Dagobert Duck und lauter Donalds“, wirft der Unternehmer lautstark in den Raum. Er sehe eben keine klaffende Schere in Deutschland. Der Neider habe einfach nur keine Lust selber etwas zu tun, denn Geld verändere nicht die Startchancen.

„Es ist wunderschön, dass wir in einer Welt leben, in der wir was hinterlassen können!“, meint Maas, denn die Familie sei eine subsidiäre Einheit, die Kultur und Kapitalbildung schafft. Aber genau darin sieht Friedrichs „dynastisches, feudales Denken“, denn diese Verantwortungsübertragung auf nachfolgende Generationen widerspreche der freien Entscheidungsfindung. Viele Familien würden an der Nachfolgefrage zerbrechen und nicht daran, wie genau man die Erbschaftssteuer handhaben solle. Außerdem habe der Staat die Möglichkeit durch Regulierungen Vermögensanhäufungen bei einigen wenigen zu durchbrechen und die Chancen in jeder Generation neu zu mischen.

Aber die „Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel“, wiederspricht Maas. Es würde nicht durch die bloße Verfügbarkeit von Kapitalmittel darüber entschieden wer auf- und absteigt. Viele andere Faktoren, wie vor allem Bildungsmöglichkeiten, spielen dabei eine Rolle. Der Staat könne dabei eher als „Möglichkeitsbieter“ fungieren. Außerdem sieht er bei Erben von Familienunternehmen eine Verantwortungsübertragung mit entsprechenden Erwartungen und Vorarbeit in der Familie. „Leistungslosigkeit steckt da sicherlich nicht dahinter“, so Maas und kritisiert damit den viel genutzten Begriff des leistungslosen Vermögens.

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