Der Generationenwechsel zog sich damals mehr als zehn quälend lange Jahre hin, weil der Gründer nicht loslassen mochte. Um sich gegenüber dem Gründervater zu profilieren, stürzte sich Klaus Fischer nach dem Amtsantritt 1980 auf das Automobilgeschäft. Als erstes Produkt der neuen Sparte brachte der Fan historischer Wagen 1981 eine Musikkassetten-Box für Autos auf den Markt. Heute produziert Fischer für die großen Autobauer Handschuhfächer oder Aschenbecher.
Längst braucht Fischer nicht mehr zu beweisen, dass er mehr ist als Sohn und Erbe. Er hat in seiner Zeit an der Spitze den Umsatz auf rund 600 Millionen Euro verachtfacht und die Internationalisierung vorangetrieben. Sein Herz hängt am Autogeschäft, das heute fast 18 Prozent der Umsätze erwirtschaftet. Doch rund 80 Prozent erzielt Fischer im Stammgeschäft Befestigungssysteme. Sohn Jörg wollte die Zuliefersparte herunterfahren. Weil die Autokonzerne die Preise drücken, sind die Margen dünn. „Da ging es oft laut her“, erinnert sich eine Führungskraft.
Zirkel der Vertrauten
Zweiter Zankapfel war die Personalpolitik des Juniors. Jörg Fischer hatte vor dem Eintritt in das Familienunternehmen 2005 in Cambridge Philosophie und Volkswirtschaft studiert und ursprünglich mit einer wissenschaftlichen Karriere geliebäugelt. Von kaufmännischer Praxis hatte er zunächst wenig Ahnung und war auf Ratgeber angewiesen. Da er im Umgang zurückhaltend ist, bevorzugte er Mitarbeiter, die er gut kannte. „Er hatte einen Zirkel von Vertrauten, hinter denen er sich verschanzte“, erzählt ein Insider. Personalleiter Marc-Sven Mengis gehört zum Freundeskreis von Jörg Fischer, Finanzchef Jürgen Wössner ist ein Nachbar, Produktionsleiter Markus Störzer war Trauzeuge. Alle drei schafften den Sprung in die Geschäftsführung.
Zum Kreis der Getreuen gehörte außerdem eine Reihe neu eingestellter oder frisch beförderter Vertriebsleute. Beliebt waren Manager, die bei Würth gearbeitet hatten, wie etwa der Vertriebschef für Befestigungssysteme Uwe Seeger, der 2009 ins Unternehmen geholt wurde. Der Künzelsauer Schraubenhändler war für Jörg Fischer das strategische Vorbild schlechthin. Dem Vater blieben die Personalpolitik des Sohnes und dessen Vertriebsideen suspekt. Er ließ den Filius aber zunächst gewähren, weil er sich zurückziehen wollte.
Großkunden vergrault
Die Vision des Juniors: Fischer sollte seine Dübel und Schrauben nicht nur an Handel und Handwerk liefern, sondern auch direkt an Endverbraucher, um so die Handelsmarge einzustreichen. Mit dem Direktvertrieb wurde Fischer jedoch zum Konkurrenten seiner Hauptabnehmer. Seine Offensive gegen die eigene Kundschaft startete Jörg Fischer ausgerechnet im Krisenjahr 2009. Daraufhin listeten etliche Großkunden, darunter Baumarktketten wie Bauhaus oder Hornbach, Fischer-Produkte kurzerhand aus. Erst als das Experiment auf Druck des Vaters zurückgefahren wurde, kehrte zwischen Fischer und den düpierten Kunden wieder Frieden ein.
Begleitet werden sollte die Direktvertriebsidee von frecher Reklame. Sogar Fernsehwerbung wollte der Junior machen. Mit der Entscheidung, sich auf den Handel mit dem Handel zu beschränken, waren die Werbepläne aber Makulatur.