Bernd Martens war freigiebig. Bereitwillig verteilte das Audi-Vorstandsmitglied am vergangenen Dienstag seine E-Mail-Adresse an die rund 220 Teilnehmer beim Tag der Weltmarktführer in Westfalen im sauerländischen Meschede. „Kommen Sie auf mich zu“, lockte Martens.
Der Chefeinkäufer der VW-Tochter sucht dringend „Lieferanten, die mit uns nach Mexiko gehen“. Im Bundesstaat Puebla zieht Audi ein Werk hoch, in dem von 2016 an jährlich bis zu 150 000 Fahrzeuge vom Typ Q5 vom Band laufen sollen. Den Unternehmensvertretern, die einer Einladung der WirtschaftsWoche sowie den Industrie- und Handelskammern Arnsberg, Hagen und Siegen gefolgt waren, schmeichelte die Audi-Offerte. Ohne ihre Zulieferteile, so die Botschaft, läuft nichts.
Zu den 142 Unternehmen der Region Südwestfalen, die mit ihren Produkten weltweit auf einem der ersten drei Plätze liegen, gehören etliche Mittelständler, die mit der Autoindustrie schon dick im Geschäft sind. Und deren Rolle als innovativer Partner wird immer wichtiger – zum Beispiel beim Leichtbau, der beim Erreichen ehrgeiziger Umweltziele hilft.
Huber warnt vor übereilter Expansion
Hinrich Mählmann etwa, persönlich haftender Gesellschafter des in Meinerzhagen beheimateten Leichtbauspezialisten Otto Fuchs, verwies darauf, dass seine geschmiedeten Felgen bis zu 20 Prozent leichter sind als die herkömmlich gegossenen Pendants. Das honoriert BMW, der das Modell BMW i3 damit ausrüstet. Auch beim Porsche 911 und 918 Spyder kommen Fuchs-Felgen zum Einsatz.
Vor übereilter Expansion ins Ausland warnte jedoch Michael Huber. Der Generalbevollmächtigte der Leuchtenfirma Trilux aus Arnsberg bemängelte unter anderem fehlende Fremdsprachenkenntnisse der bodenständigen, aber selten polyglotten Mittelständler. Als „Weltmarktführer bei explosionsgeschützten Feuchtraumleuchten“, wie Trilux sie etwa für Waschstraßen anbietet, könne man im Ausland punkten – „aber nur, wenn man das auch übersetzen kann“, so Huber augenzwinkernd.
Negative Auswirkungen der Energiewende für die deutschen Tüftler und Erfinder kritisierte EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Von den 28 Mitgliedstaaten der EU setze jede zweite weiterhin auf Stromerzeugung durch Kernspaltung. „Die deutsche Ingenieurkompetenz ist nicht mehr dabei“, bedauerte Oettinger, der in der EU-Kommission demnächst für digitale Wirtschaft zuständig sein wird.
Grillo: Abwanderung findet bereits statt
Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, verwies auf die negativen Folgen der hohen Energiekosten für den Standort Deutschland: „Eine Abwanderung industrieller Produktion findet bereits statt. BASF und SGL Carbon investieren in den USA, weil sie dort nur ein Viertel der Stromkosten zahlen.“
Patrick Sensburg, Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag und CDU-Abgeordneter für den Hochsauerlandkreis, mahnte die Mittelständler, sorgsamer mit Entwicklungen und anderen Interna umzugehen. E-Mails müssten verschlüsselt werden. „Ein Großteil der mittelständischen Unternehmen macht das nicht“, bemängelte der Jurist.
Freilich: Auch ohne Cyberangriffe könnnen Unternehmen in die Krise fahren. So schilderte Detlef Borghardt, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Lkw-Zulieferer SAF-Holland aus Bessenbach bei Aschaffenburg, wie der Konzern in der Finanzkrise 2008/09 ins Schlingern kam. Seine Botschaft: auf größtmögliche Flexibilität in der Kostenstruktur achten. Daher bunkert SAF-Holland aktuell schon 45.000 Mehrarbeitsstunden als Puffer für schlechte Zeiten.