Deshalb stürzen sich die Investoren nun auch auf Branchen, die lange nicht zu den klassischen Zielen gehörten. So haben sie in den vergangenen Jahren Bäckereien, Nachhilfeketten und Pflegeheime gekauft. Ende 2015 ging der Onlineshop KfZTeile24 an den Finanzinvestor EQT. Die Beteiligungsgesellschaft Sycamore stieg bei EMP Merchandising ein, einem Versand von Fanartikeln für Rock- und Heavy-Metal-Fans.
Da es an originären Zielen mangelt, kaufen sich die Investoren oft gegenseitig Unternehmen ab. Der Wursthüllenhersteller Kalle ist so schon beim dritten Eigentümer angekommen.
Die Skepsis der Unternehmer zeigt sich auch daran, dass sie deutlich weniger Anlässe für den Einstieg eines Finanzinvestors sehen als diese selbst. So ergab eine aktuelle Befragung der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Baker Tilly Roelfs, dass jeweils nur ein Drittel der Unternehmen das Engagement eines Investors bei der Nachfolgesuche oder der Restrukturierung für sinnvoll hält. Bei den befragten Private-Equity-Gesellschaften waren es mehr als doppelt so viele. Und nur 16 Prozent der Mittelständler halten die Finanzierung von Wachstum für einen passenden Anlass, um sich mit einem Investor zusammenzutun. Andere – etwa die Glamour-Modekette Karl Lagerfeld – expandieren bewusst durch Geldgeber wie den britischen Finanzinvestor Apax.
Einstieg ist nur bei großen Umbrüchen im Unternehmen sinnvoll
Da es derzeit nur wenige Restrukturierungsfälle gibt, wollen sich Beteiligungshäuser als ideale Partner für den Geschäftsausbau empfehlen. „Durch Erfahrung und Netzwerk können wir ein wichtiger Sparringspartner sein“, sagt Marco Brockhaus, der als Gründer von Brockhaus Private Equity seit 15 Jahren Unternehmen finanziert. Allerdings ist dafür längst nicht jedes Unternehmen geeignet. „Die Suche nach Mittelständlern mit ausreichend Potenzial ist harte Arbeit“, sagt Brockhaus, der unter anderem den Aufstieg der Devisenplattform 360T und deren Fusion mit der Deutschen Börse begleitet hat.
„Der Einstieg eines Investors ist dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen vor großen Umbrüchen steht, die es aus eigener Kraft schwer bewältigen kann“, sagt Henning Heuser von Baker Tilly Roelfs. Dazu zählen die Suche nach einem Nachfolger, die Expansion ins Ausland oder die Übernahme von Konkurrenten. Hier bringen Investoren nicht nur Kapital, sondern auch Erfahrung ein. Weniger revolutionäre Schritte können Unternehmen besser über aktuell historisch günstige Kredite finanzieren.
Um zum Ziel zu kommen, geben sich Investoren heute weniger ruppig als vor der Finanzkrise, sie arbeiten sich tief in Geschäftsmodelle ein und sind oft bereit, nur Minderheitsanteile und nicht gleich das ganze Unternehmen zu übernehmen. Dann kann auch das bisherige Management an Bord bleiben. Zu Schmetterlingen werden die Heuschrecken deshalb nicht, aber übergroße Angst vor ihrer Gefräßigkeit müssen Mittelständler auch nicht haben.