Einkaufstour der Finanzinvestoren Die Firmenjäger stürzen sich auf den Mittelstand

Finanzinvestoren sind auf Einkaufstour. Doch Unternehmen sehen ihren Einstieg skeptisch. Die Firmenjäger stürzen sich nun auf neue Branchen.

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Geschäftsführer Alexandre baut im DBAG-Auftrag den Maschinenbauer Romaco um Quelle: Oliver Rüther für WirtschaftsWoche

Beim Karlsruher Maschinenbauer Romaco ist ganz schön was los, und das schon seit fünf Jahren. „Wir verfolgen seitdem eine grundsätzlich andere Strategie“, sagt Geschäftsführer Paulo Alexandre.

Das Unternehmen mit 500 Mitarbeitern und 130 Millionen Euro Umsatz stellte früher Maschinen her, mit denen Pharmahersteller diverse Produkte verpackten. Nach zwei größeren Zukäufen und dem Verkauf eines Unternehmensteils konzentriert sich Romaco heute nur noch auf Tabletten, hat aber neben Verpackungsmaschinen nun auch Anlagen für deren Produktion im Angebot. „Als Komplettanbieter sind wir näher an unseren Kunden, weil wir selbst mehr pharmazeutisches Wissen haben“, sagt Alexandre.

Zusätzlich hat Romaco Niederlassungen in Brasilien, China, Russland, Frankreich und den USA aufgemacht, der Umsatz ist seit 2011 um 35 Prozent gestiegen. „Die Veränderungen verlangen uns einiges ab, aber wir wachsen und sind selbstbewusst“, sagt Alexandre.

Mittelständische Unternehmen sind skeptisch

Hinter dem schnellen Wandel steckt der Finanzinvestor Deutsche Beteiligungs AG (DBAG), der das bis Anfang des Jahrtausends eigenständige Unternehmen 2011 von einem US-Konzern übernahm. „Maschinenbauer sind für uns besonders interessant, bei Romaco haben wir viel Potenzial für Wachstum bei einem stabilen Geschäft gesehen“, sagt DBAG-Manager Jochen Baumann. Die DBAG etablierte bei Romaco einen Beirat, beriet das Management bei den Übernahmen und stellte Kapital für die Expansion bereit. Nach fünf Jahren sind die Umbauarbeiten so gut wie abgeschlossen, das Unternehmen könnte bald wieder einen neuen Eigentümer finden.

In welche Unternehmen Finanzinvestoren Geld stecken

Solche Storys würden Finanzinvestoren liebend gern öfter mit deutschen Mittelständlern schreiben. Doch so heftig sie auch werben: Die Unternehmer sind skeptisch, und wenn sie verkaufen wollen, erhalten meistens andere Bieter den Zuschlag.

Die Finanzinvestoren selbst stehen gewaltig unter Druck. Ihre Geldgeber haben ihnen viel Kapital zugesagt, das nun angelegt werden muss. Dabei steht Deutschland besonders im Fokus. In einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) gaben 73 Prozent der Investoren an, dass der Standort ein attraktiver Zielmarkt für sie ist. Trotzdem übernahmen sie 2015 deutlich weniger Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 500 Millionen Euro als im Jahr davor.

Die Top 10 der Weltmarktführer im deutschen Mittelstand

Dabei ist der Wettbewerb um attraktive Unternehmen so intensiv wie selten zuvor. Neben Konkurrenten aus dem In- und Ausland treten hier auch immer öfter reiche Familien an, deren Vermögensverwalter attraktive Alternativen zu bisherigen Anlageformen sehen.

Deutsche Unternehmer verkaufen nur ungern

Durch die große Konkurrenz sind die Preise für Unternehmen enorm gestiegen. „Trotzdem verkaufen deutsche Unternehmer ohne Not nur ungern“, sagt Ken Oliver Fritz, Co-Chef der Investmentbank Lazard in Deutschland. „Ihre Unternehmen laufen meistens gut und werfen für die Eigentümer stabile Renditen ab. Nach einem Verkauf gäbe es dagegen ein Wiederanlageproblem.“

Hinzu kommen emotionale Gründe: Das Image der Private-Equity-Investoren ist, auch gut zehn Jahre nachdem der damalige SPD-Chef Franz Müntefering sie als „Heuschrecken“ beschimpfte, zweifelhaft. Eine Reihe unrühmlicher Insolvenzen wie die des Modellbahnbauers Märklin 2009 wirken noch immer nach. Viele Unternehmer sehen in einem Finanzinvestor eine fragwürdige Heimat für ihr Lebenswerk.

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