Energie Schwimmende Kraftwerke

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Hochseetaugliche Windräder

Ocean Power Technologies Boje Quelle: Pressebild

Der andere große Vorteil neben der hohen Energieausbeute: Auf dem Wasser tritt die Fotovoltaik nicht in Konkurrenz zu Landwirtschaft oder Naturschutzgebieten – im Gegenteil, sie schafft neue Synergien. So könnten Staudammbetreiber ihre Seen teilweise mit Fotovoltaikanlagen bedecken – und damit den Stromertrag verdoppeln. Scheint die Sonne, fließt Sonnenstrom ins Netz, abends springen dann die Wasserturbinen an.
Neue Flächen will auch die Windindustrie erschließen. Auf dem Land treffen Windmühlen ohnehin auf Widerstand der Bevölkerung, nahe vor der Küste wiederum müssen Offshore-Windparks sich von Schiffsrouten und Naturschutzgebieten fernhalten. Auf dem offenen Meer mit bis zu 200 Metern Wassertiefe dagegen wäre allein in Europa genug Platz, um 8000 Terawattstunden Strom zu produzieren, hat Jochen Bard berechnet, Meeresenergieexperte vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel. Das wäre mehr als zwei Mal so viel Strom, wie in der gesamten EU verbraucht wird.

Gleich mehrere Unternehmen wollen Windräder nun hochseetauglich machen, allen voran das norwegische Windenergie-Startup Sway. Das Konzept: Eine schwimmende Plattform, die Windturbinen mit bis zu fünf Megawatt Leistung tragen kann. Die riesige Stahlkonstruktion ist zum oberen Teil hohl und mit Luft gefüllt, unter Wasser trägt sie Ballast aus Stahlbeton, um sich im freien Wasser zu stabilisieren. Mehrere Anker am Meeresgrund verhindern, dass sie Riesenboje davontreibt.

Bojen als Energielieferant

Bisher haben die Norweger nur eine kleine Testanlage im Format 1:6 gewassert – und haben auch schon ihren ersten großen Misserfolg erlebt: Das 13 Meter hohe Konstrukt hielt im vergangenen November einem Sturm nicht stand und versank vor der Westküste Norwegens in der Nähe von Bergen. Die Anlage sei einfach zu klein gewesen, heißt es bei Sway, mit einer größeren Wind-Boje wäre das Unglück nicht passiert.

Die nächste Testanlage steht nun kurz vor der Wasserung. Und auch der portugiesische Energiekonzern Energias de Portugal und der norwegische Energiekonzern StatoilHydro arbeiten an der Vision schwimmender Windparks. Gelingt der Kampf gegen Wind und Wetter, dann stünde eine völlig neue Ära der Windkraft bevor. Es gäbe nicht nur viel mehr Platz für die Windenergie – die neuen Anlagen würden auch windstärkere Gebieten erschließen. Weltweit würde das offene Meer zum Kraftwerkspark.

Sogar die Wellen der Weltmeere treiben bald vielleicht Stromturbinen an. Das US-Startups Ocean Power Technologies hat eine Boje entwickelt, die das Auf und Ab der Meeresoberfläche mit Hilfe eines beweglichen Kolbens in Elektrizität umwandelt. Vor der Küste Schottlands schwimmt ein Exemplar, das immerhin schon 150 Kilowatt Leistung bringt. Meeresparks aus Dutzenden, ja hunderten Anlagen könnten künftig hundert Megawatt Strom und mehr erzeugen, hoffen die Unternehmer – genug für ganze Städte.

Vorteil der am Seeboden verankerten Bojen: Sie können weit vor der Küste in bis zu 50 Metern Wassertiefe installiert werden. Und ihr größter Teil schwimmt unter Wasser. Beides trägt dazu bei, dass sie am Horizont Touristen nicht die Aussicht vermaledeien. Sogar Hurrikane und Tsunamis soll das Gerät überstehen.

In Massenproduktion soll die Boje Strom für 15 US-Cent pro Kilowattstunde produzieren –und könnten damit sogar Offshore-Windräder unterbieten.

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