Hannover Messe Woran TTIP noch scheitern könnte

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Der Blick nach Asien

 

Angesichts stockender Verhandlungen kamen im Februar Überlegungen auf, das Maschinenbau-Kapitel von den Verhandlungen auszunehmen – aus Sicht der Unterhändler verständlich, für den VDMA aber ein schwerer Fehler. „Es wäre niemandem zu erklären, warum gerade der Maschinenbau als eine Kernindustrie Europas nicht umfänglich von TTIP profitieren soll“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. „Wir fordern die EU-Kommission dazu auf, sich weiterhin für die mittelständische Industrie einzusetzen.“

Auch der weitere Verhandlungsprozess könnte durch das Ausklammern einzelner Bereiche weiter verkompliziert werden. „Interessengruppen, die von TTIP nicht profitieren, dürften sich dann zu Wort melden und fordern, dass ihr Bereich ebenfalls ausgeklammert wird“, sagt Grüner. „Das würde die Grundidee von TTIP ad absurdum führen.“ Das Ziel von TTIP sei es ja, in der Breite eine einheitliche Handelszone zu schaffen.

Chlor-Hühnchen contra Pferde-Lasagne
Chlor-Hühnchen Quelle: dpa
 Keimbombe verzehrfertiger Salat Quelle: Fotolia
Radioaktiv bestrahlte Lebensmittel Quelle: Fotolia
H-Milch Quelle: REUTERS
Hormon-Fleisch Quelle: AP
Gentech-Gemüse Quelle: AP
 Rohmilchkäse Quelle: AP

Sollte der Maschinenbau doch von den Verhandlungen ausgenommen werden, hieße das aber nicht, dass TTIP für die Branche ohne Bedeutung sei, schränkt Brodtmann ein. „Grundsätzliche Handels- und Zollerleichterungen helfen auch dem Maschinenbau, selbst wenn es keine gemeinsamen Normen geben würde.“ Die Zölle zwischen der EU und den USA sind im Maschinenbau zwar mit 2 bis 4,5 Prozent relativ gering.

Bei einem bilateralen Handelsvolumen von rund 50 Milliarden Euro entspräche eine Abschaffung der Zölle immerhin einer Entlastung von 200 Millionen Euro im Jahr. Bei einigen Unternehmen fallen etwa jährlich rund sieben Millionen Euro Dollar an Zöllen an, überwiegend für Teilelieferungen innerhalb der Unternehmensgruppe zwischen der amerikanischen Tochter und dem deutschen Mutterunternehmen.

Ein weiterer Knackpunkt: Einige Normen und Vorschriften sind selbst innerhalb der USA nicht homogen. Ähnlich wie bei den Auto-Abgasen sind manche Energie-Vorschriften für die Industrie etwa in Kalifornien strenger als in anderen Bundesstaaten. Ein Produkt muss also nicht nur US-konform gemacht, sondern unter Umständen zusätzlich für einzelne Staaten angepasst werden. Wird das Produkt auf die strengsten Grenzwerte hin entwickelt, ist es für andere Bundesstaaten „over-engineered“ – sprich zu teuer.

Ärger um die Schiedsgerichte

Ob sich daran bald etwas ändert, ist fraglich. Im Februar dieses Jahres haben die Amerikaner mit zwölf asiatischen Staaten das Abkommen zur transpazifischen Freihandelszone TPP unterzeichnet. Sie umfasst wie TTIP 800 Millionen Verbraucher und rund 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

„Dass die USA sich stärker zum asiatischen Markt hin orientieren, ist nicht verwunderlich“, sagt Grüner. Die asiatischen Wachstumsraten sind im Vergleich zu denen in Europa immer noch riesig – auch wenn der Wachstumsmotor China zuletzt stockte. „Europa dagegen operiert politisch am Rande des Zerfalls.“

Die Gefahr: Globale Wirtschaftsstandards könnten von der asiatisch-amerikanischen Freihandelszone geprägt werden. Und Europäische Produzenten hätten das Nachsehen.

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