Hannover Messe Welche Chancen die USA für deutsche Firmen bieten

Noch-Präsident Barack Obama treibt die Re-Industrialisierung der USA voran. Für deutsche Industrieunternehmen bietet das Land enorme Chancen – wenn sie einige Hürden nehmen und gewisse Eigenheiten beachten.

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Barack Obama und Angela Merkel auf der Hannover Messe. Quelle: dpa Picture-Alliance

„Buy made in America!“ Den kleinen Seitenhieb auf Angela Merkel konnte sich US-Präsident Barack Obama nicht verkneifen – auch wenn er mit einem Schmunzeln kam. Die Bundeskanzlerin hatte sich am Sonntag zur Eröffnung der Messe für bessere Handelsmöglichkeiten deutscher Unternehmen in den USA ausgesprochen: „Buy German ist auch schön.“

Damit spielte sie auf bestehende US-Handelshürden für Importe an: Bei vielen Ausschreibungen sind US-Produkte zu bevorzugen. Das Verkaufstalent Obama griff die Spitze bei dem Messerundgang am Montag auf – und konnte gleichzeitig für die Leistungsfähigkeit der amerikanischen Industrie werben.

Nach der verbalen Spitze vom Vorabend war Merkel in Hannover um einen freundlichen Umgang bemüht: „Wir begrüßen Sie als Freunde, die stark sind.“ In diesem Jahr werde man „die Weltspitze in geballter Form“ erleben. Deutsche und amerikanische Firmen könnten voneinander lernen.

Die Sticheleien in Hannover verdeutlichen die ambivalente Beziehung der deutschen und der amerikanischen Wirtschaft. Man ist auf die starke Partnerschaft angewiesen – die USA haben im vergangenen Jahr erstmals Frankreich als wichtigsten Außenhandelspartner Deutschlands abgelöst. Im auf der Hannover Messe so wichtigen Maschinenbau haben die USA ebenfalls den Spitzenplatz von China zurückerobert.

Andererseits ist man sich nicht in allen Punkten einig. So ähnlich die Kulturräume auch sein mögen, im Alltag kommen immer wieder die Unterschiede ans Tageslicht. Das zeigt ein Besuch bei den US-Niederlassungen europäischer Unternehmen.

Was Merkel und Obama besucht haben
Der Tag in Hannover begann erst einmal mit einem Groß-Aufgebot der Polizei: US-Präsident Barack Obama machte sich von seiner Unterkunft auf zum Messegelände, wo er sich mit Kanzlerin Angela Merkel zu dem obligatorischen Messe-Rundgang traf. In welcher der beiden Staatskarossen von Cadillac (Spitzname: "The Beast") Obama sitzt, ist aus Sicherheitsgründen immer geheim. Quelle: dpa
Auf dem Messegelände traten die beiden Staatschefs kurz vor die Presse. Bereits am Sonntag hatten sich Merkel und Obama den Medien gestellt, bevor sie am Abend mit einem Festakt die diesjährige Hannover Messe eröffnet haben. Nach den Statements ging es zu dem Rundgang durch einige der Hannoveraner Messehallen, den traditionell die Bundeskanzlerin und der Regierungschef des Partnerlandes unternehmen. Quelle: dpa
Eine der ersten Stationen war der Stand von Los Angeles. Hier lassen sich Merkel und Obama ein kleines Gerät erklären, dass Objekte nur über Reibung und Unterdruck halten kann, ohne es mechanisch zu greifen. Als Vorbild dienten die Füße eines Gecko. Quelle: AP
Dieses kleine Gerät ist ein Mini-Satellit, der Informationen im Weltraum sammeln soll. So recht überzeugt wirken aber weder Merkel noch Obama. Quelle: AP
Am Stand der kalifornischen Software-Firma Autodesk, die sich auf digitales 2D- und 3D-Design spezialisiert hat, war der Praxisnutzen des Exponats offensichtlicher als bei dem Mini-Satelliten: Die mithilfe von Autodesk-Software erstellte Prothese passt perfekt an das Bein der deutschen Paracycling-Sportlerin Denise Schindler. Der digitale Austausch von Scan-Daten macht eine individuelle Fertigung von Prothesen möglich – ohne auf eine teure Einzelanfertigung setzen zu müssen. Quelle: dpa
Am Stand des deutschen Industire-Stecker-Spezialisten Phoenix Contact erklären Geschäftsführer Frank Stührenberg (links) und US-Chef Jack Nehlig (rechts) Merkel und Obama, wie sich das Unternehmen aus dem westfälischen Blomberg eine Lade-Lösung für Elektroautos vorstellt. Quelle: REUTERS
Etwas abstrakter als bei Phoenix Contact wurde es am Stand von PMD. US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel probieren hier noch ein eigenes 3D-Gerät von PMD aus. Künftig will das Unternehmen mit Sitz in Siegen die 3D-Sensoren auch in Smartphones einbauen. So kann auch die Umgebung in 3D-Spiele einbezogen werden. Weitere Anwendungen der zusammen mit Infineon entwickelten Technologie sind die Vermessung von Räumen und Objekten, die Indoor-Navigation und die Umsetzung von speziellen Foto-Effekten.  Quelle: AP

Einer, der den US-Markt mit seinen Eigenheiten gut kennt, ist Rainer Hundsdörfer. Heute ist der Schwabe Geschäftsführer des weltgrößten Ventilatoren-Herstellers ebm papst. In den 90er Jahren war Hundsdörfer US-Chef des Laserspezialisten Trumpf.

In all den Jahren konnte Hundsdörfer sich sein Urteil über den US-Markt bilden – was sein Handeln bis heute prägt. „Die USA sind ein eigenständiger Markt mit eigenen Regeln“, sagt der Manager. Die Amerikaner seien Billigheimer. „Das Bewusstsein, dass sie bei der Energieeffizienz etwas tun müssen, wächst nur langsam.“

Die Entwicklung der Industrie

Sein Unternehmen hat sich auf die Fahnen geschrieben, für jeden Kunden die optimale Lösung anzubieten – sprich: keine billige Massenware. „In den USA müssen Sie aber marktgerechte Produkte anbieten“, so der ebm-papst-Geschäftsführer. „Der Mindeststandard reicht oft aus, auch wenn das mit unserer Mentalität oft nicht vereinbar ist.“

Seine Lösung: Eigene Entwicklungsingenieure in den USA – die Tüftler im schwäbischen Mulfingen sind für „Good enough“-Lösungen nicht geeignet.

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