Künstliche Intelligenz "Roboter müssen Steuern zahlen"

Computer besiegen den Menschen nun auch beim Strategiespiel Go. Der Informatiker Jürgen Schmidhuber erklärt, wann die Maschinen uns überholen.

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Künstliche Intelligenz Quelle: Getty Images

WirtschaftsWoche: Herr Schmidhuber, das chinesische Strategiespiel Go galt als Bastion menschlicher Intelligenz, nun schafft es ein Programm der Google-Tochter Deep Mind selbst Profi-Spieler zu schlagen. Sind uns die Maschinen endgültig überlegen?

Schmidhuber: Zunächst freue ich mich über diesen Erfolg, denn DeepMind wurde stark von meinen Studenten beeinflusst - zwei der ersten vier DeepMind-Mitarbeiter waren bei mir Doktoranden, einer war Mitgründer, der andere erster Angestellter. Go ist zwar schwieriger als Schach, andererseits gab es in den letzten Jahren große Fortschritte, und viele haben erwartet, dass bald ein Rechner die besten menschlichen Go-Spieler besiegt. Es ist nun einmal ein Brettspiel, bei dem die gegenwärtige Eingabe der Spielsteinpositionen alle Informationen liefert, um den nächsten besten Zug zu berechnen. Der Erfolg beruht auf einer Kombination traditioneller Methoden auf den heutigen schnellen Rechnern. Diese Methoden reichen aber leider noch nicht für lernende Roboter in komplexen, nur teilweise beobachtbaren Umgebungen – da gibt es viele Probleme, die viel schwieriger sind als Go.

Zur Person

Sie träumen seit Ihrer Jugend davon, künstliche Intelligenz zu schaffen, die klüger ist als Sie, um dann in Rente zu gehen. Gelingt Ihnen das noch, bevor Sie in Ruhestand gehen?

Das hoffe ich, denn viele der Grundlagen haben wir bereits entwickelt. Wir werden möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft einen tierähnlichen Verstand mit den Fähigkeiten von Krähen oder Äffchen erschaffen können. Diese Tiere können heute noch sehr viel mehr als unsere klügsten Roboter. Im Prinzip wissen wir jedoch, wie man eine sich selbst verbessernde Intelligenz baut, die neugierig immer mehr Fähigkeiten erwirbt.

Was fehlt dann noch?

Es gibt noch ein paar offene algorithmische Knackpunkte, vor allem aber ist es eine Frage der Rechenleistung, und die wächst jedes Jahrzehnt um den Faktor 100 pro Dollar. Heute sind die Rechner im Verhältnis also eine Million mal schneller als vor 30 Jahren. Hält dieser Trend an, wird es eher Jahre denn Jahrzehnte dauern, bis tierähnliche KI spruchreif wird.

Aber es gibt doch noch einen Unterschied zwischen künstlichen Affen und Menschen.

Klar. Aber wir Menschen überschätzen uns auch gern. Ein Kapuzineräffchen kann fast alles, was ich kann. Es lernt, denkt voraus, abstrahiert, plant Aktionen, bewertet Optionen und passt sich an sein soziales Umfeld an. Ich kann nur mehr davon, denn mein Hirn ist grösser als seins. Man beachte jedoch: Die Evolution brauchte Milliarden Jahre für ein kleines Äffchen, dann nur noch ein paar Millionen Jahre für den Menschen. So gesehen scheint der Schritt zu menschenähnlicher Intelligenz nicht allzu gigantisch.

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