Logistik DHL kämpft mit den Tücken des chinesischen Marktes

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Wettbewerbsvorsprung bei DHL

Maschinenbau macht Kasse in China
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Die DHL-Manager achten denn auch peinlich genau darauf, dass sich die Grenzen der Arbeitsteilung im Ehevertrag nicht zu ihren Lasten verschieben. Beim Rundgang durch den neuen Nordasien-Hub in Shanghai zeigt Leiter Liu auf einen Fahnenmast an der Einfahrt. Hier werde die DHL-Flagge wehen, sagt er. Nicht auch die von Sinotrans? Nein, erklärt Liu. Im Gegensatz zu den Gateways betreibt DHL den neuen Hub in Shanghai in alleiniger Verantwortung, DHL-Sinotrans zahlt für dessen Leistung ein Entgelt.

Weil der Staatsriese Sinotrans keinen Zugang zum internationalen Geschäft bekommt, behält DHL seinen Wettbewerbsvorsprung. „Die Chinesen würden 10 bis 20 Jahre brauchen, um ein gleichwertiges internationales Netz aufzubauen“, schätzt GTAI-Experte Rohde. Umgekehrt ist keineswegs ausgemacht, ob sich DHL in China auf das grenzüberschreitende Geschäft beschränkt. Denn seit Kurzem wächst das inländische Geschäft viel schneller als das internationale. „Der zunehmende inländische Konsum ist der größte Wachstumstreiber“, urteilt Yin Zou, Managing Director bei DHL Supply Chain China. Ähnlich urteilt David Cunningham, President von Fedex Express Asia Pacific: „Das Inland wird der am schnellsten wachsende Markt in den nächsten 20 Jahren sein.“

Chinesen machen im deutschen Mittelstand fette Beute
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Lockender Binnenmarkt

Verantwortlich dafür ist die neue Vorliebe der Chinesen für Käufe im Internet. „Der nationale Express- und Paketdienst zu Konsumenten wächst derzeit jährlich um mehr als 50 Prozent“, analysiert McKinsey-Experte Meyer. Allein der Umsatz von Expresslieferungen aufgrund von Online-Käufen dürfte in diesem Jahr umgerechnet 6,5 Milliarden Dollar erreichen. Grund genug für DHL-Sinotrans, auch den Binnenmarkt ins Auge zu fassen. Im Juni 2010 kaufte das Joint Venture in Shanghai den Anbieter Apex und übernahm das Inlandexpressgeschäft von Sinotrans.

Zwar war der Geschäftsumfang gering, dafür waren die Ziele umso ambitionierter: Die neue Geschäftseinheit sei in 662 chinesischen Städten aktiv und werde ihre Operationen bis Ende 2011 auf über 800 Destinationen ausweiten, verkündeten die Eigner voll Optimismus. Schon ein Jahr später erfolgte die Kehrtwende: DHL-Sinotrans verkaufte das eben aufgebaute inländische Expressgeschäft an einen lokalen Konkurrenten, nachdem die
Sparte in einem Jahr einen Verlust von umgerechnet rund 15 Millionen Dollar eingefahren hatte. Asien-Pazifik-CEO Hsu nennt für den Rückzug drei Gründe: Erstens der Wettbewerbsdruck durch die vielen kleinen, billigeren Konkurrenten, zweitens das unglückliche Timing infolge der Finanzkrise und drittens das Postgesetz, das die Behörden auf einmal restriktiver auslegten. Selbst Joint Ventures mit chinesischen Partnern dürfen danach nur im Paketdienst aktiv sein. Der lukrative Dokumentenservice, rund 35 Prozent des Geschäfts von Apex und Sinotrans, war auf einmal verboten. Hsu: „Ohne diesen Anteil konnten wir in den Strukturen von Apex und Sinotrans nicht überleben.“ DHL hatte wohl darauf gesetzt, dass die Behörden das Postgesetz lockerer auslegen würden.

Keine Abkehr vom chinesischen Binnenmarkt

Manche Experten interpretieren den Rückzug als generellen Strategiewechsel: Konzentration aufs internationale Geschäft. „Globale Anbieter haben Probleme, mit der Kostenstruktur der lokalen Anbieter mitzuhalten, die die örtlichen Bedingungen besser kennen“, glaubt PwC-Experte Ruske. Ähnliche Erfahrungen hatte DHL schon in den USA, Kanada, Großbritannien und Frankreich gemacht und sich nach Milliardenverlusten aus dem dortigen inländischen Expressgeschäft zurückgezogen. Ken Allen, im Vorstand von Deutsche Post DHL fürs Expressgeschäft zuständig, räumt nach Einschätzung von Branchenexperten konsequent mit den Verlustbringern auf und verkauft, was nicht profitabel wird.

Asien-CEO Jerry Hsu aber mag von einer prinzipiellen Abkehr vom chinesischen Binnenmarkt nicht sprechen. Wenn der Markt konsolidiert sei und die Regierung Ausländern das Dokumentengeschäft erlaube, werde man neu überlegen. Ironie des Schicksals: Kaum hatte sich DHL von seinem Verlustbringer getrennt, signalisierte die chinesische Regierung einen weniger rigiden Kurs im Logistikgeschäft. Mitte Januar verlautete aus dem
Staatsrat, dass Peking weitere Marktsegmente für ausländische Expressanbieter öffnen wolle – „graduell und ordentlich“, wie der Chef der Postbehörde, Ma Junsheng, vorsichtig ankündigte. Analysten schätzen, dass ausländische Anbieter langfristig ein Fünftel des Binnenmarktes erobern könnten. Für die Chinastory von DHL könnte es dann schon bald heißen: Fortsetzung folgt.

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