Maschinenbau Der Kampf um die Aufmerksamkeit

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Die Messen kannibalisieren sich

Gut 200.000 Besucher liefen sich auch erst im März auf der Cebit, dem „Centrum für Büro- und Informationstechnik“, die Füße platt. Das sind viele, aber nur halb so viel wie vor zehn Jahren. Der Stern der Hannover Messe leuchtet heller.

Kein Wunder, dass viele Aussteller das Cebit-Konzept schon seit Jahren als altbacken kritisieren. Nicht nur der weltgrößte Softwarekonzern Microsoft verzichtet in diesem Jahr zum ersten Mal ganz auf die Teilnahme an der IT-Leitmesse. Selbst heimische Konzerne wie die Deutsche Telekom sollen sich bereits sehr ernsthaft die Sinnfrage gestellt haben. Manche Aussteller stellten auch deshalb die Integration der Cebit in die Hannover Messe zur Diskussion.  

Inzwischen schaltete sich selbst die viel beschäftigte Bundeskanzlerin Merkel ein. Bei der diesjährigen Eröffnungsfeier der 1986 gegründeten Cebit sagte sie: „Ich plädiere für die Eigenständigkeit von Cebit und Hannover Messe, weil die Cebit die Digitalisierung viel breiter repräsentieren kann“.

Fakt ist: Die Messen kannibalisieren sich.   

Doch noch gibt sich die „Deutsche Messe AG“ offiziell sorglos. Sprecher Onuora Ogbukagu sagt: „Das stimmt nicht, denn Industriekunden sind nur einer von vielen Aspekt der Cebit.“

Da ist es bestimmt nur Zufall, dass die Messe AG im März ankündigte, die Cebit ab 2018 mächtig aufzupeppen. Im PR-Deutsch formulierte sie es so: Auf dem d!campus vereint die d!conomy Themen der Digitalisierung von Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern. Disruptive Technologien, Forschung und Startups gibt es auf dem New-Tech-Festival d!tec und Konferenzen, Workshops sowie Keynotes unter dem Namen d!talk.

So viel d! war nie.  

Diese Motive treiben den Mittelstand bei der Digitalisierung an

Oder nüchterner: Die Cebit wird um einen Tag verkürzt, bleibt nicht Fachmesse, sondern öffnet sich wieder für ein breiteres Publikum und der Termin wird aus dem trüben März in den sonnigen Juni verschoben. Also mit größerem Abstand als den bisher vier Wochen zur konkurrierenden Hannover Messe.

Das Ganze bewirbt die Messe AG als „radikalen Neuanfang“. Konzerte und Events sollen den Kongress tanzen lassen. Die Cebit soll hip werden.

Gilt das bald auch für die Hannover Messe? Happening in Halle 9?

Da sagt der diplomatische Herr Ogbukagu: „Die Maschinenbauer sind doch eher eine businessorientierte Fachmesse.“

So darf es aus Sicht der Stadt Hannover und ihres Umlands auch bleiben. Denn die Ausstellung ist das Geschäft des Jahres für die Region. Nicht nur, weil der Stadt und dem Land Niedersachsen die „Deutsche Messe AG“ als Betreiberin je zur Hälfte gehören.

Auch außerhalb der rund 20 kleinen und großen Hallen fließen die Millionen. In der Messezeit steigen die Übernachtungspreise im Umkreis von 80 Kilometern um 340 Prozent. Beim Einzelhandel und der Gastronomie klingeln die Kassen.

Jeder Euro Messe-Umsatz erzeugt das fünf- bis neunfache an Umsatz in der Region. Bei einem Jahresumsatz 2016 der Messe AG von 301 Millionen Euro und einem mittleren Faktor von 7 ist das ein Geldregen von rund 2,1 Milliarden Euro Umsatz.

Ein schöner Beifang.

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