Es ist eine merkwürdige Szenerie für einen Abschied: In futuristischem Licht greifen Roboter um sich, als sich Barack Obama am Sonntag auf seiner letzten Deutschland-Reise als US-Präsident auf der Hannover-Messe einfindet. Am nächsten Morgen, Schlag Neun, schreitet er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hallen der weltgrößten Industriemesse ab. Zwischen Schaltschränken und Kompressoren bleibt kaum Raum für Wehmut.
Obama spaziert aber nicht nur – er redet auch. Und in solchen Momenten ist er charmanter Worte selten verlegen. Opfer der Verbalumarmung ist die Kanzlerin: „Es ist mir immer eine große Freude, mich mit Angela zu treffen“, schwärmt der mächtigste Mann der Erde. Die Sichtweisen und die Denkart der Kanzlerin seien ihm bei einer ganzen Reihe globaler Themen sehr wichtig gewesen, so Obama: „Auch für unsere persönliche Freundschaft bin ich dankbar.“
Natürlich geht es auf Obamas Abschiedstournee auch um ein handfestes politisches Thema, eines, das dem US-Präsidenten sehr wichtig ist: Das Freihandelsabkommen TTIP will er in trockene Tücher bringen, bevor er mit dem Ende seiner zweiten Amtszeit im Januar kommenden Jahres aus dem Amt scheidet.
Am Samstag, einen Tag vor Obamas Ankunft, hatten rund 90.000 Menschen in Hannover gegen TTIP protestiert. Viele fürchten, dass der EU-Verbraucherschutz durch die Angleichung mit den US-Normen geschliffen werden könnte. Auch die Einrichtung privater Schiedsgerichte ist TTIP-Gegnern ein Dorn im Auge. Bei beiden Themen bewegen sich Amerikas Unterhändler wenig – und das gilt erst Recht für eine Öffnung der US-Ausschreibungen für europäische Unternehmen.
Umfragen zufolge steht eine klare Mehrheit der Deutschen dem geplanten Abkommen kritisch gegenüber. Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gab ebenfalls zu Protokoll, der Vereinbarung nicht um jeden Preis zustimmen zu wollen. Die Sache ist also noch lange noch nicht durch, die Schwärmerei von Hannover hin oder her.
Für Obama ist die Sache eindeutig: TTIP helfe, dass „unsere Länder in der Weltwirtschaft wettbewerbsfähig bleiben“ und „wir mehr Arbeitsplätz und mehr Wohlstand schaffen können“. Merkel hatte am Abend zuvor erklärt, dass man das „einzigartige Zeitfenster nutzen“ sollte, um das Abkommen durchzusetzen. „Wenn wir es richtigmachen und die Standards nicht abgesenkt werden“, sagte sie in einem Satz mit vielen Kommata, „dann können wir noch in diesem Jahr einen großen Erfolg erzielen.“
Es hat sich also auch im Kanzleramt herumgesprochen, dass Obamas Nachfolger wohl gegen den Deal stellen wird – egal, ob er Donald Trump oder sie Hillary Clinton heißt. Wenn die TTIP-Verhandlungen in Hannover keinen Fortschritt machen, dann war’s das wohl.