Heidelberger Druckmaschinen "Unsere Kernkompetenz reicht nicht mehr!"

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"Verabschiedet euch vom deutschen Perfektionismus"

Wie wollen Sie sich dann noch von den Produkten Ihrer Konkurrenz unterscheiden?

Die Crux des heutigen Maschinenbaus ist, dass nach 4000 Jahren menschlichem Erfindungsgeistes fast alle Produkte ausgereift sind: Maschinen, Autos, Fotoapparate, selbst Arzneimittel. Technische Differenzierung faszinieren die Menschen kaum noch. Heute müssen auch technische Produkte über Emotionen verkauft werden. Schauen Sie sich Autoprospekte an. Da geht es seitenlang um die große Freiheit beim Fahren, technische Kleinigkeiten kommen weiter hinten.

Wie wollen Sie aus hallengroßen Druckmaschinen Statussymbole oder sexy Produkte machen?

Falsch gedacht! Es geht gar nicht um die gute Maschine, sondern um das, was der Kunde benötigt. Wir garantieren, dass wir den Kunden bei allen technischen Problemen den Rücken freihalten. Dafür ist er auch eher bereit mehr zu zahlen als für technische Feinheiten.

Wie erzielen Sie Umdenken nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Chefs?

Chefs verbringen zu viel Zeit in Sitzungen, in denen sie keine Entscheidungen, sondern Kompromisse suchen, um nur ja keinem weh zu tun. Wie kommt man in deutschen Unternehmen voran? Drei Prozent über tolle Arbeit, 10 Prozent über gute Vernetzung und der Rest steigt mit der Zeit intern auf. Diese Zeiten sind endgültig vorbei.

Sie gelten als harter Hund. Wer entscheidet, macht irgendwann Fehler. Kann man sich bei Ihnen Fehler leisten?

Ich sage selber: Leute, ich bin Vorstand und habe in meiner Karriere auch nur zwei brillante Entscheidungen getroffen, sechs, die okay waren, und zwei grottenschlechte. Das reicht offensichtlich. Verabschiedet euch vom deutschen Perfektionismus! Mit dreißig Jahren Erfahrung habe ich gelernt: Bei 90 Prozent aller falschen Entscheidungen kann man frühzeitig umsteuern. Aber die Mischung aus Verharren und Nichtentscheiden ist garantiert tödlich.

Wie lange braucht die Schubumkehr in einem Konzern?

Ich würde sagen: bis zu sieben Jahre. Im ersten Jahr versuche ich zu verstehen, worauf es ankommt. Im zweiten will ich einen Teil der Organisation hinter mich bekommen um das Unternehmen neu aufzustellen, da stelle ich Figuren aufs Schachbrett. Im dritten und vierten Jahr schaue ich mit Schweißperlen auf der Stirn, ob es nachhaltig klappt und falls ja, muss ich nicht länger bleiben, weil alles auf dem Weg ist.

Sie sind jetzt drei Jahre bei Heideldruck, der Schweiß scheint getrocknet. Gehen Sie bald?

Wenn keine weiteren Baustellen vorhanden sind und alles nachhaltig auf dem richtigen Weg ist, habe ich mein Ziel erreicht. Das heißt aber nicht, dass ich hier bald meine Koffer packe.

Ihr neuer Aufsichtsratschef wird nach dem Tods eines Vorgängers Siegfried Jaschinski, der nicht unumstrittene ehemalige Chef der Landesbank Baden-Württemberg, und seit 2007 in der Krise als Aufsichtsrat bei Heideldruck dabei. Ist das eine gute Lösung für ein Unternehmen, das sich neu ausrichten will?

Herr Jaschinski hat in den letzten acht Jahren hervorragende Arbeit in unserem Aufsichtsrat geleistet. Unter seiner Führung wird der Aufsichtsrat zusammen mit dem Vorstand den eingeschlagenen Weg weiter fortsetzen. Dann werden wir auch das avisierte profitable Wachstum erreichen, davon bin ich überzeugt.

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